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Jahr: 2025

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- S.38

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20er

Betteln gewertet wird, ist aber manchmal willkürliche Auslegungssache (der 20er hat in der Oktober-Ausgabe 2024 ausführlich darüber berichtet).
Auf weitere Schwierigkeiten treffen Menschen
ohne festen Wohnsitz, wenn sie ihre Wahlrechte
nützen möchten: Für den Eintrag ins Wählerverzeichnis ist ein Hauptwohnsitz notwendig.

Gleiche Rechte für alle.

Dass auch Menschen, die auf der Straße oder in
Notunterkünften leben, ein Recht auf freie Nutzung des öffentlichen Raums sowie auf politische
Mitbestimmung und Gleichbehandlung haben,
ist Teil der geltenden Gesetze. Dennoch ist die
Kriminalisierung von Menschen in Wohnungslosigkeit ein weltweites Phänomen. Aufgrund
dessen hat es in den letzten Jahren mehrere Initiativen auf Ebene der Vereinten Nationen und der
EU gegeben — einerseits, um Wohnungslosigkeit
zu verhindern und zu be-

Seite ı1 zu finden). AIl diese Grundrechte können
aus der Allgemeinen Menschenrechtserklärung
der Vereinten Nationen wie auch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention abgeleitet
werden. Die Erklärung der Rechte obdachloser
Menschen widmet sich aber konkret der Situation
von Betroffenen und zeigt auf, welche Hürden für
Menschen in dieser Notlage beseitigt werden
können.

FEANTSA richtet sich mit seiner Initiative insbesondere an europäische Städte, die sich zu dieser Zusammenstellung an Rechten bekennen und
so ihr Wohlwollen, die Lebensbedingungen für
alle Menschen in ihrer Stadt zu verbessern, bekräftigen. Graz hat die Initiative bereits 2022 gebilligt. Innsbruck folgte nun als zweite österreichische Stadt. Am 23. Jänner 2025 bekannte sich
eine Mehrheit ohne die Stimmen der FPO — die

freiheitlichen Abgeordneten

kämpfen, und andererseits, „Die Bereitstellung stimmten gegen drei der elf
um die Kriminalisierung angemessener Artikel — im Innsbrucker
von Menschen in Woh- W(%hnl ösungen ist Gemeinderat für die Erklänungslosigkeit zu unterbin- A 4 g . rung der Rechte obdachloden. Damit verbunden und Sicher ein SCtherlges ser Menschen. Der Schritt
von den USA ausgehend ist Unterfangen.“ wird von Organisationen,

ein Konzept entstanden, das
gezielt auf die Rechte von
Menschen in Wohnungslosigkeit verweist: die Formulierung einer „Homeless Bill
of Rights“. In Europa hat
FEANTSA — der europäische Dachverband der
Wohnungslosenhilfe — gemeinsam mit anderen
Menschenrechtsorganisationen im Jahr 2017 eine
solche Erklärung der Rechte obdachloser Menschen ausgearbeitet. Elf Artikel fassen die grundlegendsten Ansprüche der nach Angaben von
FEANTSA mehr als 1,2 Millionen Menschen,
die in der EU und im Vereinigten Königreich im
Freien oder in Notunterkünften nächtigen, zusammen.

Zentraler Grundsatz und erster Artikel ist dabei
das Recht, die Notsituation hinter sich zu lassen
und wieder einen fixen Wohnsitz zu erhalten. Eine Stadt, die sich zu dieser Charta bekennt, ist
verantwortlich, ausreichend Wohnraum zur Verfügung zu stellen und bei dessen Vergabe niemanden auszuschließen. So sollte künftig niemand mehr gezwungen sein, im Freien oder in
Notschlafstellen zu nächtigen. Dennoch muss,
bis eine langfristige Wohnlösung gefunden werden kann, eine angemessene Versorgung mit
Notunterkünften gewährleistet werden. Weitere
Artikel betreffen das Recht, den öffentlichen
Raum frei zu beleben, die niederschwellige Verfügbarkeit von sowohl medizinischen als auch
sanitären Einrichtungen und die Möglichkeit,
mit Betteln oder Abfallsammlung ein Minimum
an Einkommen zu erlangen, aber auch das Wahlrecht oder ein Recht auf Privatsphäre (die vollständige Erklärung der Obdachlosenrechte ist auf

ALEXANDRA TANDA
ROTES KREUZ INSBRUCK

die mit wohnungslosen
Menschen arbeiten, durchwegs positiv aufgenommen.
Peter Grüner vvm DOWAS
begrüßt beispielweise die
Initiative, hebt aber hervor,
dass dieses Bekenntnis nicht nur symbolischer
Natur sein darf. Wo erfüllt also die Stadt Innsbruck schon die Forderungen der Erklärung und
wo besteht Aufholbedarf?

Noch viel zu tun.

Zunächst stellt sich die Frage, wie viele Menschen zurzeit in Obdach- oder Wohnungslosigkeit leben. Hier existieren zwar speziell für Innsbruck keine Daten über die Anzahl der
betroffenen Menschen, jedoch ist registrierte
Wohnungsnot in erster Linie ein Phänomen großer Städte und in ländlichen Gebieten kaum präsent. Für ganz Tirol waren laut Statistik Austria
im Jahr 2023 rund 2.000 Menschen als obdachoder wohnungslos registriert. Eine hohe Dunkelziffer ist wahrscheinlich, da Wohnungsnot oftmals verdeckt stattfindet. Mit der Teilnahme am
EU-weiten Projekt „EU City Counts“, das bis
Anfang 2026 erste Ergebnisse liefern soll, will
Innsbruck systematisch Daten zu Wohnungsund Obdachlosigkeit sammeln.

Anfragen an diverse Einrichtungen, die mit Menschen in Wohnungsnot arbeiten, ergeben ein
mehrschichtiges Bild: Manche Punkte seien erfüllt
oder teilerfüllt, andere weniger. Alexandra Tanda,
Geschäftsführerin des Roten Kreuzes Innsbruck,
sicht die größte Herausforderung bei der Umsetzung von Artikel ı, da die „Bereitstellung
angemessener Wohnlösungen ob der Woh-

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