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Jahr: 2024

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Tiroler Tageszeitung

„Mit der MÜG zur Musterung“, Seite 7

Mit der MÜG zur Musterung

Weil er nicht zur Stellung ging, bekam der Sohn einer Innsbruckerin zu Hause Besuch.
Eine Frechheit, meint die Frau. Alles rechtens und kein Einzelfall, sagt das Bundesheer.

Von Benedikt Mair

Innsbruck — Im Eifer des Gefechts wurde FrauS. an jenem
Morgen kurz laut und ungehalten. „Das tut mir ja auch
leid. Aber was da abging, ist
einfach eine Unverschämtheit“, poltert die Innsbruckerin auch jetzt noch, wenn sie
daran denkt. Zwei Beamte
der Mobilen Überwachungsgruppe (MÜG) standen eines schönen Dezembertages
plötzlich vor ihrer Haustür,
um den 18 Jahre alten Sohn
mitzunehmen. Dieser hatte
nämlich mehrfach die Musterung verpasst - teils mit
ärztlicher Entschuldigung -
und sollte zwangsvorgeführt
werden. Seine Mutter sieht
„den ganzen Zauber“ absolut nicht ein - und das Bundesheer die Sache dann doch
etwas anders.

‚ Ich habe denen

gesagt, dass sie ihn
sicher nicht mitnehmen.
Das war eine schräge
Aktion.“

Eine verärgerte Mutter
aus Innsbruck

„Der Bub ist noch ein Schüler und hat die erste Einladung zur Stellung zugegebenermaßen verpasst“, sagt
Frau S. „Für zwei weitere
Termine wurde er allerdings
von unserem Doktor krankgeschrieben.“ Kurz nachdem
die zweite Krankmeldung
abgelaufen sei, habe es dann
bei ihr zu Hause geklingelt.
„Da standen dann die MÜG-
Beamten und erklärten, dass
mein Sohn sie begleiten müsse. Ich habe denen gesagt,
dass sie ihn sicher nicht mitnehmen. Das war eine schräge Aktion.“

S. kritisiert, dass trotz eines
ärztlichen Attests für das Feh-

45 Männer wurden auf Anordnung des Militärkommandos Tirol heuer zur Musterung zwangsvorgeführt. symboitate: Bahm

len bei der Musterung kein
weiterer freiwilliger Termin
vereinbart worden sei. Die
österreichische Armee, sagt
sie, fahre ohne Grund schwere Geschütze auf. „Und eigentlich darf das Bundesheer
solche Maßnahmen gar nicht
treffen.“

Doch, darf es, sagt Oberst
Stefan Gantschnig von der

Stellungskommission des
Militärkommandos Tirol in
Innsbruck. „Das kommt auch
immer wieder mal vor. Im
Jahr 2023 gab es beiuns insgesamt 69 so genannte Zwangsvorführungen. Heuer waren
es bislang 45. In Innsbruck
übernimmt diese die Mobile
Überwachungsgruppe, draußen in den Bezirken hat die

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Polizei diese Aufgabe inne“,
berichtet er. Bei jährlich mehr
als 6000 Stellungen sei der
Anteil jener, die nicht freiwillig auftauchen würden, aber
dennoch recht überschaubar.

„Im Regelfall läuft es so
ab, dass die jungen Männer
per Post eine Einladung bekommen“, sagt Gantschnig.
„Und 95 Prozent der Einge-

ladenen kommen dem auch
nach.“ Alle anderen erhielten
in weiterer Folge einen zweiten Aufruf zum Erscheinen.
„Diesmal aber in Form eines
Bescheides, damit wir auch
eine rechtliche Handhabe für
mögliche Zwangsvorführungen haben.“

Zu einer solchen komme
es, wenn der Betroffene wieder nicht auftauche. „Wenn
glaubwürdige Gründe dafür
vorliegen, dann gibt es hier
sogar einen Aufschub. Wobei
da bei uns schon die Alarmglocken läuten und der Verdacht aufkommt, dass sich
jemand vor der Wehrpflicht
drücken möchte“, meint er.

, Wer nicht zur
Musterung kommt,
wird hingebracht - vom
Wohnort, der Arbeitsstätte oder der Schule.“

Stefan Gantschnig
(Tiroler Stellungskommission)

Dazu soll es erst gar nicht
kommen, meint Gantschnig.
„Wer nicht zur Musterung
kommt, wird hingebracht -
vom Wohnort, der Arbeitsstätte oder der Schule. Und
zwar richtig, mit Handschellen und allem Drum und
Dran. Wir müssen schließlich
feststellen, ob jemand tauglich ist oder nicht.“

Zurück zu Frau S. und ihrem Sohn. Dieser wurde an
besagtem Dezembermorgen
doch nicht mitgenommen,
sondern erhielt einen neuen Stellungstermin, diesmal
im Jänner. „Das ist der erste mir bekannte Fall, der so
eskaliert“, sagt Oberst Stefan Gantschnig. „Ich hoffe,
dass der Bursche jetzt dann
kommt.“ Ansonsten werde
wohl wieder die MÜG vor der
Tür stehen und ihn diesmal
wirklich abführen.