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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_12_3_Presse_OCR
- S.25
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6020 Stadtmagazin
„Wo Mensch
und Tier
zusammentreffen, gibt
es leider
immer ein
gewisses
Konfliktpotenzial.“
Zur Person
„Ich schwör: Den Job hab’ nicht wegen
meines Namens bekommen“, betont der
ausgebildete Forstwart, der kurzfris-
tig auch Biologie und Medizin studiert
hat, Arbeitserfahrungen im Alpenzoo
sammelte, Experte in Sachen Wald- und
Jagdpädagogik ist und obendrein über Erfahrungen im Deeskalationsmanagement
verfügt. Gutes Stichwort.
ALLE EMOTIONEN FLIEGEN ... HOCH!
„Wo Mensch und Tier zusammentreffen,
gibt es leider immer ein gewisses Konfliktpotenzial”, sagt Klestil, während er seine
urbane Pirsch Richtung Uni fortsetzt. Und
Ausschau nach jener älteren Dame hält, die
erfahrungsgemäß immer um diese Zeit auf
Taubenfütterungstour geht, „Auf öffentlichen Flächen ist das eigentlich verboten,
aber wenn man die Leut‘ nicht in flagranti
erwischt, ist es recht schwierig dage-
gen vorzugehen”, erklärt er. Nicht falsch
verstehen: Klestil geht’s nicht darum, die
Taubenfreundin zu schnappen, ihm steht
vielmehr der Sinn nach Dialog. „Ich seh‘
mich als Vermittler und will, dass die Tiere
und die Menschen in der Stadt gut miteinander auskommen: Deshalb versuche ich,
Thomas Klestil (29) ist Innsbrucks erster Wildtierbeauftragter und seit
August im Amt. Angesiedelt ist sein Büro in der Magistratsabteilung V,
Gesundheit, Markt- und Veterinärwesen., Der ausgebildete Forstwart
sieht sich als Vermittler und Aufklärer und hat ein offenes Ohr für
sämtliche Wildtieragenden. Telefonisch erreichbar ist er montags bis
freitags unter 0512/5360-1184,
was herumliegt. New York zum Beispiel
wäre ohne Ratten ein Drecksloch. Aber
wenn sie am helllichten Tag in der Stadt
auftauchen, dann stimmt was nicht,. Dann
weiß man nämlich, dass es in der Kanalisation langsam eng wird.” Es gibt eindeutig
schöneres Kopfkino.
TIERISCHE STADTSEHNSUCHT.
Zu Klestils „Klienten” gehört aber noch viel
mehr wildes Getier. Zu tun hat das unter
anderem mit der Coronapandemie, „Durch
die Lockdowns haben sich zusehends
mehr Wildtiere in die Stadt getraut. Dieses
Phänomen ist weltweit zu beobachten”,
stand halten! „Im urbanen Bereich haben
viele Leute mittlerweile kaum mehr Bezug
zu Tieren, Wie man richtig mit Wildtieren
umgeht, wissen sie erst recht nicht”, erklärt Klestil und warnt davor, vermeintlich
„süße” Stadtbesucher zu füttern oder gar
zu streicheln. Fakt ist: Wildtier bleibt Wildtier, Und schnappt in bestimmten Situationen auch mal zu.
Wer also merkt, dass ein Dachs seinen
Garten umgräbt, ein Waschbär aus der
Garage winkt oder ein Marder im Biomüll
hockt, sollte nicht auf die Idee kommen,
aus falsch verstandener Gastfreundschaft
heraus Futternäpfe zu platzieren oder
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mit den Leuten ins Gespräch zu kommen
und sie aufzuklären. Oft sind sie dann eh
einsichtig.” Manchmal aber auch nicht. Besagte Dame etwa will sich nämlich nicht ins
gut gemeinte Handwerk pfuschen lassen.
Und lässt sich von ihrer Mission auch nicht
von jenem Herrn abbringen, der ihr stets
dicht auf den Fersen ist — mit gegenteiligem Antrieb, Klestil: „Die Dame streut das
Futter absichtlich an Stellen aus, wo die
Straßenreinigung schwer hinkommt. Der
Herr läuft ihr wiederum mit einem Besen
hinterher und kehrt die Körndln in den
Gulli.” Was wie eine Urban Legend klingt,
ist animalischer Stadtalltag, von dem Klestil
oft via Telefon erfährt. Montags bis freitags
ist er unter seiner Dienstnummer erreichbar, ein offenes Ohr hat er hier für alle
Wildtier-agenden, „Ich krieg‘ manchmal
auch Anrufe, wenn irgendwo Läuse auftauchen. Das ist allerdings nicht mein Revier
— und auch bei Katzen und Hunden ist man
bei mir falsch“, klärt er auf, stoppt jäh und
macht auf ein von Vogelfutter gesäumtes
Loch in der Wiese aufmerksam. „Wenn zu
viel Nahrung liegen bleibt, dann tauchen
sofort Ratten auf, Die checken, dass es
etwas zu holen gibt, und kriechen vom Inn
herauf.” Pfui.
Gänzlich verteufeln will Klestil die
pelzigen Nagetiere aber nicht. Und auch
für die Tauben, die ehedem als Symbol
der Reinheit, der Liebe und des Friedens
galten und heutzutage bei so manch einem
Vergiftungsfantasien entfachen, bricht er
eine Lanze. Schließlich handle es sich da
wie dort um unfassbar intelligente und
anpassungsfähige Tiere, die in einer Stadt
durchaus ihre Daseinsberechtigung haben,
„Gerade Ratten sind schon auch wichtig für
eine Stadt, weil sie alles zusammenputzen,