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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_05_24_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Frivole Freuden vor ernstem Hintergrund“, Seite 12
Frivole Freuden vor
ernstem Hintergrund
Repressiven Realitäten mit bitterbösen Komödien trotzen: Heute
startet das Internationale Filmfestival Innsbruck in seine 31. Auflage.
Innsbruck —- Eine vermummte Gruppe junger Frauen lauert anderen Mädchen in den
dunkleren Ecken gefragter
Ausgehmeilen auf — und prügelt ihnen Unsittlichkeit und
Sünde aus dem Leib. Tags darauf werden die theoretischen
Grundlagen der nächtlichen
Bekehrungsübergriffe erprobt:
Frauen sollen vornehmlich
schön und schön brav sein, alles andere ist des Teufels. Sagt
ein charismatischer Prediger.
Er verlangt Huldigung und
verspricht den Enthaltsamen
ewiges Leben. In dieser evangelikalen Hölle fühlt sich auch
Mari (Mari Oliveira) himmlisch, bis sie bei einem weiteren Bekehrungsversuch in
Mitleidenschaft gezogen wird
— und eine dezente Narbe der
Entstellung genug ist, um Anita Rocha da Silveiras Film „Medusa“ seinen mythologisch gewichtigen Namen zu geben. In
„Medusa“ erzählt die brasilianische Autorenfilmerin den
toxischen Tugendterror als
Komödie. Stilistisch erinnert
der Film an die expressionistischen Exzesse von Dario Argentos „Suspiria“. Es gibt grelle
Musikeinlagen und satirischen
Symbolismus. Kurzum: „Medusa“ wäre eine überdrehte
Filmfrivolität, wenn der reale
Hintergrund nicht erschreckend ernst wäre. Vom traditionellen Machismo befeuerter
aggressiver Antifeminismus ist
nicht nur in Bolsonaros Brasilien zur Bedrohung für die
geworden, die klassischen Rollenbildern weder entsprechen
wollen noch können. Bisweilen ist der Realität nur mit Komödie beizukommen.
„Medusa“ ist einer von
sechs Spielfilmen, die beim
„Jaddeh Khaki” (oben) eröffnet das Intemationale Filmfestival Innsbruck heu-
te um 19 Uhr im Leokino. „Medusa” läuft um 21.40 Uhr im Cinematograph
und am Freitag um 20 Uhr im Leokino.
heute Abend startenden 31.
Internationalen Filmfestival
Innsbruck (IFFI) um den Filmpreis des Landes Tirols konkurrieren. Auch die chinesische Produktion „Gaey Wa"r“,
„Luaneshat e kordes“ aus dem
Kosovo, „El Gran Movimiento“ (Bolivien), „Freda“ (Haiti)
und das italienische Drama
„Atlantide“ sind im Rennen
um die mit 5500 Euro dotierte
fa FF
Auszeichnung. Bis einschließlich Sonntag sind beim IFFI
mehr als 70 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme zu sehen.
Eröffnet wird Westösterreichs größtes Filmfestival
heute Abend mit dem iranischen Roadmovie „Jaddeh
Khaki“ von Panah Panahi.
Auch Panahi — Sohn des in
seiner Heimat mit Berufsverbot belegten Regisseurs Jafar
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Filme aus aller Welt
Das Internationale Filmfestival
Innsbruck findet von 24. bis 29. Mai
zum 31. Mal statt. Gezeigt werden
mehr als 70 Filme aus aller Welt.
Beim von Anna Ladinig geleiteten
Festival werden der Spielfämpreis
des Landes Tirol
(5500 Euro) und
er Dokumentarfilmpreis der Stadt
Innsbruck (3000
Euro) vergeben.
Die Retrospektive Festivalleiterin
beschäftigt sich mit Anna Ladinig.
dem Thema „Afro-
Vachenl Prgn
futurismus”, in der
Reihe „Weltweite
Visionen“ sind
u.a. „Una Mujer”,
der neue Film von
Janine Meerapfel,
und eine Herwig- ;
Weiser-Werkschau Regisseurin
zu sehen. Janine Meerw. Latereu
Tiroler Filmschaf-
fen: Neben „4 minus 1“ von Melanie
Hollaus (siehe unten) werden Sarah
Milena Rendels „Wahnen“, „Private
Stages* von Cammen Brucic und
„Unter den Auen“ von Cagdas Yılmaz
und Christina Egger gezeigt.
Weitere Informationen: www.iM.at
Panahi — trotzt den Repressionen in einem autoritären
Regime eine bitter-komödiantische Note ab: In beeindruckenden Bildern erzählt
„Jaddeh Khaki“ von einer Familie, die sich auf den Weg zur
Grenze macht - und von den
Bedingungen, die den oft so
heiteren „Ausflug“ zur überlebenswichtigen Notwendigkeit
machen. (jole)