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Jahr: 2023

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Tiroler Tageszeitung

„Stirb langsam, nicht mit uns!“, Seite 8

© CertardBerger / Mortage

x

Intakte Ortskerne stehen für pures Lebensgefühl. Hier wird Einkaufen zum Erlebnis, hier gibt &s Begegnungsrä:

Stirb langsam? Nicht mit uns!

5 Chancen für belebte Ortskerne. Die heimischen Händler stehen unter Druck. Trotzdem gibt es derzeit mehrere Möglichkeiten,
die es zu nutzen gilt. Eine davon liegt in einem professionellen Stadt- und Ortsmanagement.

andel im Wandel - dieses Motto ist seit Jahren
bekannt, erhält aber aktuell neue Brisanz. Das Tempo
der Veränderung hat sich in letz-

Verlagerung in den Online-Handel, jetzt Lieferprobleme, hohe
temangel, steigende Löhne, Inflation und Kaufkraftverlust. Dazu
kommt die Verlockung durch
die zahlreichen Einkaufszentren,
in denen Konsumentinnen un-

terschiedlichste Geschäfte wettersicher und kombiniert mit
Gastro-Angeboten unter einem
Dach vorfinden. Das bringt viele
Einzelhandelsgeschäfte in wirtschaftliche Turbulenzen, vor
allem in kleineren Gemeinden
und abseits belebter A-Lagen.
Die toxische Mischung aus Belastungen und rückläufiger Nachfrage setzt den Tiroler Ortskernen
zu. Jede entstandene Lücke führt
zu einer weiteren Abwärtsspirale. Fehlt dann auch noch der Wirt
im Ort, wird es für die Händler
schwierig. Die Sparte Handel

ten, denen der Raum zur B

von WK-Präsident Christoph Walser

Es geht uns alle an!
s ;

Lebendige Ortskerne stellen einen enormen Wert dar. Wir alle
kennen Beispiele von Gemeinden, in denen die Entwicklung
anders verlaufen ist, in denen es keinen Wirt, kein Lebensmittelgeschäft und keinen Handwerker mehr gibt. Sie sind zu Schlafgemeinden geworden, zu Orten mit |sollenen Wohngememscllaf-

4.’

ist.

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Wir haben in Tirol aber zum Glück noch viele intakte Ortskerne.

Es ist die Aufgabe von uns Konsumentinnen und Konsumenten,

dort auch von Zeit zu Zeit einzukaufen, ab und zu zum Wirt zu

gehen, einen Handwerker aus dem Ort zu beauftragen. Denn

ohne Nacllrage verschwindet das Angebot. Und es ist der Job
isterinnen und Gemeind

s 5

den

füllen.

und im besten Fall Ortsmarketings zu schaffen, die sich um die
professionelle Vernetzung aller Akteure bemühen.

Ein lebendiger Ortskern geht uns alle an: Wenn er uns egal ist,
stirbt er. Wenn er uns etwas wert ist, wird er sich mit Leben

"_‚mbneten.

der WK Tirol kämpft für die heimischen Geschäfte darum, dass
das vielbeschworene Schlagwort
der „Ortskernbelebung“ kein leeres Versprechen bleibt. „Es gibt
aktuell ein äußerst günstiges
Zeitfenster, das es zu nutzen
gilt‘, erklärt WK-Vizepräsident
Martin Wetscher. „Allem Gegenwind zum Trotz bestehen derzeit
5 Chancen, die dem heimischen
Einzelhandel in den Gemeinden
neuen Schwung geben können.“
5 Chancen für den Tiroler
Handel

Chance 1: Vitale
Tiroler Ortskerne

Wieei: lNe S!

igt (siehe nebenstehender Artikel), liegt
die Zahl der intakten Stadt- und
Ortskerne in Tirol über dem Österreichschnitt. Das ist eine viel-

Chance 2: Der Online-
Handel ist rückläufig

Während spätestens ab den Coronajahren ein Boom des Online-
Handels einsetzte, sind im letzten
Jahr die Online-Anteile am Gesamtumsatz des Einzelhandels
wieder rückläufig gewesen. Das
bedeutet, dass das Pendel wieder in Richtung des stationären
Handels schlägt. Problematisch
sind dabei vor allem Kaufkraftabflüsse an internationale
Online-Riesen. Mehr und mehr
heimische Geschäfte setzen jedoch auf eine Kombination von
stationärem Handel und eigenen
Online-Shops. Da diese Umsätze

„Es gibt aktuell ein
äußerst günstiges
Zeitfenster, das es
zu nutzen gilt.
Dadurch erhält der
Einzelhandel in den
Gemeinden neuen
Schwung.“

Martin Wetscher

ebenfalls im Land bleiben, liegt
darin eine wichtige Schiene, welche die Tiroler Händlerinnen zunehmend ausbauen.

„Das verschafft unseren Einzelhandelsgeschäften Rückenwind.
Händlari im 6 m

ausländischen Plattformen steuerlich benachteiligt. Im Sinne
eines fairen Wettbewerbs muss
sich das ändern“, fordert Spartenobmann Dieter Unterberger.

Chance 3: Kleine
Flächen sind gefragt

Die Tendenz bei den Handelsbetrieben geht stark in Richtung
kleinerer Flächen. Jahrelang dominierte die Suche nach Flächen
zwischen 250 und 400 m‘°, derzeit werden hingegen vermehrt
Geschäftslokale zwischen 120
und 150 m* gesucht, weiß der
Centermanager der RathausGa-

Seite 11 von 62

lerien, Peter Retter. Das kommt
der heimischen historischen
Gebäudestruktur sehr entgegen,
denn diese Flächen sind in Innsbruck ebenso wie in vielen anderen Orten häufig vorzufinden.

Chance 4: Tendenz zur
Regionalität

Viele Kundinnen und Knnden

regionale _Handelsstrukturen
geeignet. Hier gibt es kurze
Wege, Angebote von heimischen
Produzenten und fachkundige
R Labendi

kommen diesem Trend entgegen
und schaffen ein buntes und authentisches Angebot.

Chance 5:

der Ortsmarketings

Mehr und mehr Gemeinden setzen auf ein eigenes Stadt- beziehungsweise Ortsmarketing. Mittlerweile vernetzen sich diese
Organisationen zusehends, was
zu einer gegenseitigen Befruchtung führt. Die Sparte Handel
der WK Tirol unterstützt diese
Entwicklung, etwa durch die
alljährliche Organisation des
Orts- und Stadtmarketingtages
(siehe neb hender Artikel).

Ctazitlk

1ia

Jetzt oder nie

Der „Wandel im Handel“ bietet
die Möglichkeit, diese aktuellen
Chancen beim Schopf zu packen.
Die Zukunft des Handels liegt
in der Verknüpfung von Offlineund Online-Handel und in einer
nicht erreichbar ist: Einkaufserlebnis. Belebte Ortskerne können dieses Erlebnis bieten, wenn
zentren, gelenkt und gemanagt
werden. „Es gibt somit keine
bessere Zeit für die Gemeindeführungen, als diesen Schwung
jetzt mitzunehmen und darauf zu
schauen, dass der Ortskern lebt“,
betont Martin Wetscher. „Es ist
wie bei Erster Hilfe: Der einzige
Fehler besteht darin, nichts zu
tun.“ Die Sparte Handel der WK
Tirol steht mit Beratung, Checklisten für Gemeinden, Ortsmarketings und Händlerinnen unterstützend zur Verfügung. Darüber
hinaus hilft das „Vergabehandbuch“ dabei, die legalen Spielräume bei Vergaben auszuschöpfen.
Das belebt den ländlichen Raum,
stärkt mittelständische Betriebe
und sichert Arbeitsplätze vor
Ort. „Wir wollen als verlässlicher
Partner aller Beteiligten unseren
Beitrag dazu leisten, dass die Tiroler Ortskerne weiterhin lebendig bleiben“, erklärt Wetscher.

Auch die öffentliche Hand setzt
Impulse: Bei der Lebensraum
Holding bzw. der Standortagentur wird gerade eine Koordinierungsstelle für das Stadt- und
Ortsmarketing eingerichtet, um
eine noch engere Zusammenarbeit der Organisationen zu
gewährleisten. Und in der Stadt
Innsbruck ist ein ähnliches Angebot in Entstehung.

Weitere Infos

Die Sparte Handel der
Wirtschaftskammer bietet
Beratung und Unterstützung bei der Stadt- und
Ortskernentwicklung.

Ihre Ansprechpartner
finden Sie unter:
WKO.at/tirol/handel