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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_12_4_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Olympischer Größenwahn“, Seite 2
Von Peter Nindler
ie abgehoben ist doch die
& } / Debatte über die olympischen
Eiskanalwettbewerbe 2026 in
Cortina d’Ampezzo und in Mailand. Wie
einfältig äußert sich die Kritik daran, dass
sich Tirol mit Innsbruck-Igls als Alternative
anbietet. Und wie feig agieren der Internationale Bob- und Skeletonverband bzw. die
Rodel-Federation mit ihrer Zurückhaltung.
Obwohl gerade der Bau neuer olympischer
symbolisiert, der in Zeiten der Klimakrise
und weltweiter gesellschaftlicher Sensibilisierung nicht mehr zeitgemäß ist.
Cortina wollte bauen, scheiterte allerdings an der Umsetzung. Dienstag fällt die
Bob- und Rodelbahnen jenen Größenwahn
Leitartikel
Entscheidung, ob der teilweise abgebaute
Olympiaeiskanal von 2006 in Cesana um zig
Millionen Euro reaktiviert wird. Um danach
wieder zu verfallen, wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) befürchtet.
Nachhaltigkeit sieht anders aus. In den Igler
Eiskanal fließt ebenfalls viel öffentliches Geld,
er soll um 28 Millionen Euro wieder international fit gemacht werden. Für Jahrzehnte.
Schon das ist irgendwie Luxus, denn ein
Zuschauermagnet wird der Eiskanal oberhalb
von Innsbruck ohnehin nie werden. Nur zum
Vergleich: Weltweit gibt es 7000 Rennrodler,
allein in Tirol spielen hingegen 10.000 Mädchen und Buben in Nachwuchsmannschaften
Fußball. Egal, wie das Eiskanaltheater für 2026
ausgeht, ob letztlich in Cesana, Innsbruck-Igls,
St. Moritz oder im französischen La Plagne
gefahren wird: Die zuständigen Weltverbände
spielen jedenfalls mit dem Feuer, weil sie lieber auf diplomatisches Schweigen im Eiskanal
setzen statt auf klare Ansagen. Wenn schon
Cortina/Mailand nicht in der Lage ist, eine
Entscheidung zu treffen, und das IOC Cesana
ablehnt, dann sollten wenigstens IBSF (Bobund Skeleton) sowie die FIL (Rodeln) eine
Bahn vorschlagen. Schließlich geht es um ihre
Athleten, um deren olympische Wettbewerbe.
Schlussendlich steht nach dem Cortina-
Debakel die Sinnfrage im Raum: Müssen
Bob, Rodeln und Skeleton künftig überhaupt noch olympisch sein? Die Infrastruktur dafür verschlingt Unsummen, die in
keinem Verhältnis zur Außenwirkung dieser
Sportarten stehen. Weltweit kann aktuell auf
16 Bahnen gefahren werden, neue zu bauen,
Olympischer Größenwahn
Bob, Rodeln oder Skeleton sind keine massentauglichen Sportarten, aber olympisch. Neue Bahnen verschlingen Unsummen,
nach dem Cortina-Debakel könnte sich die Sinnfrage stellen. Braucht es überhaupt noch einen Eiskanal bei Olympia?
macht angesichts überschaubarer Attraktivität keinen Sinn.
Oder die vielfach von der Realität entrückten Olympia-Funktionäre vollziehen
endlich einen Kurswechsel. Was klimabedingt
zwangsläufig der Fall sein wird. Olympia
findet nur dort statt, wo die Wettkampfstätten
bereits vorhanden und in Schuss sind. Oder
grenzüberschreitend. Wie es Stockholm mit
seiner Bewerbung für 2030 vorhatte. Die Eiskanalbewerbe
sollten nämlich auf der
lettischen Traditionsbahn in
Sigulda stattfinden.
peter.nindler@tt.com
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