Pressespiegel seit 2021

Jahr: 2023

/ Ausgabe: 2023_12_15_Presse_OCR

- S.8

Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Dokument

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 2023_12_15_Presse_OCR
Ausgaben dieses Jahres – 2023
Alle Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
Tiroler Tageszeitung

„Als Bomben auf Innsbruck fielen‘“, Seite 23

Als Bomben auf
Innsbruck fielen

Erster Luftangriff mit 269 Toten jährt sich heute zum
80. Mal. Initiative erinnert an hingerichtete Häftlinge.

Innsbruck — Exakt heute vor
80 Jahren, am 15. Dezember
1943, erreichte der Bombenkrieg das darauf völlig unvorbereitete Innsbruck. Anfang
1943 hatte das NS-Regime
der Welt den „Totalen Krieg”
erklärt — zu diesem Zeitpunkt
war man kriegstechnisch aber
längst in der Defensive.

Was Innsbruck angeht, hatten die Allüierten vor allem die
Bahnanlagen im Fokus, führte über den Brenner doch die
zentrale Nachschublinie der
Wehrmacht, die Italien besetzt hatte. 15- und 16-jährige Jugendliche sollten an
Flak-Geschützen rund um
Innsbruck den Luftraum „sichern”, wirklichen Schutz für
die Bevölkerung gab es kaum.
Entsprechend verheerend
war die Bilanz am 15. Dezember: 269 Tote, Hunderte Verwundete, weit über 1500 Obdachlose.

Noch am selben Tag ordnete der Leiter der Gestapo in
Innsbruck, Werner Hilliges,
den Einsatz mehrerer hundert „Arbeitserziehungshäftlinge” aus dem Lager
Reichenau an: Sie mussten
Blindgänger beseitigen und
andere Zwangsdienste bei
Räumarbeiten leisten. Sieben
ausgehungerte Reichenau-Häftlinge — unter ihnen
Cyrill Schmutz, Juri Filipowitsch, Iwan Emanatschenko
und Petra Wetraw — halfen in Pradli bei den Laurin-
Lichtspielen, Hausrat aus
zerbombten Wohnungen zu
bergen. Sie alle ließ Gestapo-
Chef Hilliges am 17. Dezember 1943 im Lager öffentlich
hängen, weil sie angeblich
Kleidung, Brot und Marmelade „geplündert” hatten. Die-

bbb v z - —4

Verblasst: Ein Grabstein am Militärfriedhof in Amras soll an vier von sieben

........

........

.......

Zwangsarbeitern erinnem, die nach den Bombenangriffen 1943 hingerich-

tet wurden. Doch ihre Namen sind länmgst nicht mehr lesbar.

se Hinrichtung war 1948, im
Reichenau-Prozess der Franzosen (der sich aktuell zum
75. Mal jährt), Teil der Anklage gegen Hilliges.

Zwangsarbeiter und Reichenau-Häftlinge spielten
noch bis Kriegsende eine zentrale Rolle beim Entschärfen
von Blindgängern, beim Bau
der Luftschutzstollen und
Flak-Stellungen.

Am Sonntag um 15 Uhr —
auf den Tag genau 80 Jahre
nach ihrem gewaltsamen Tod
- erinnert nun eine Kranzniederlegung am Militärfriedhof
in Amras (Eingang Wiesengasse) an Schmutz, Filipowitsch, Emanatschenko und

o en

Wetraw. „Bei einer Exkursion im Mai haben alle Teilnehmer festgestellt, in welch
schrecklichem Zustand der
Grabstein ist, der vier von sieben Hingerichteten gewidmer ist”, sagt Matthias Breit,
Leiter des Gemeindemuseums Absam. „Damit ‚Niemals
vergessen‘ keine hohle Phrase bleibt, sollte man zumindest die Namen am Grabstein
wieder lesen können.”

Eine zivilgesellschaftliche Spendenaktion läuft laut
Breit so lange weiter (auch
am Sonntag), bis man die 750
Euro für die Renovierung und
Reinigung des Grabsteins
beisammenhat. (TT, md)

Seite 8 von 37