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Kronenzeitung

Kronen
Zeitung

„Georg Willi und seine Jünger“, Seite 22
25.2.2024

Innsbrucks Bürgermeister weiß, dass er sich auf „seine“ Studenten verlassen kann. Zwei

wichtige Herausforderer haben hingigen bisher nur den gemeinsamen Weg verlassen.

och siceben Wochen,
dann wird in Innsbruck
(14. April) gewählt. Es
geht um 40 Gemeinderäte

sowie in einer eigenen Wahl *

um den Posten des Bürgermeisters, der direkt bestimmt wird. Sicben Wochen, in denen viel passieren
kann. Die aktuelle Ausgangslage ist interessant.

Der amtierende Bürgermeister G Wil gilt als
Favorit, neuerlich Chef der
Landeshauptstadt zu werden. Aber nicht, weil er in
den vergangenen Jahren mit
vicelen Ideen und Taten geglänzt hat, sondern sich seine Gegner zum Teil sogar
intern „zerfleischen“.

Von der Papierform her
sind seine größten Herausforderer die sogenannten
bürgerlichen Großparteien.
Da haben sich nach fast drei
Jahrzehnten (!) des Streits
die Gruppierung Für Innsbruck mit Christine Oppitz-
Plörer (gegründet 1994 von
Herwig van Staa als Abspaltung der damaligen Innsbrucker OVP mit Bürgermeister Romuald Niescher an der
Spitze) und die OVP zusammengetan — man nennt sich
jetzt „Neues Innsbruck*“.
Spitzenkandidat ist Florian
Tursky, derzeit noch Staatssckretär in der Bundesregierung und für Digitalisierung
zuständig. Das klare Ziel:
Den Bürgermeisterstuhl zurückerobern. Von der
Papicerform her an sich cine
aufgelegte Sache, vorausgesetzt, man stellt sich nicht
sclbst das Haxl, schießt sich
nicht selbst ins Knic. Genau
das aber passierte, indem es
nicht gelang, einen aus ihren
eigenen Reihen ruhig zu
stellen. Namentlich Johannes Anzengruber. Ehemals
beliebter Wirt auf einer
Innsbrucker Alm, zog es ihn
in die Politik. Und es zicht
ihn noch weiter, er will auch

Fra ChW i 608 8ir bauırmer

an die Spitze. Er will auch
Bürgermeister werden.
Nachdem alle Gespräche
mit Anzengruber scheiterten, scherte dieser aus der
OYP aus und will nun allein
den Gipfel erklimmen. Er
gründete eine eigene Gruppicrung namens „Ja — jetzt
Innsbruck.* Seither gibt Anzengruber Gas, um nicht zu
sagen Vollgas. Er geht auf
die Menschen zu — als chemaliger Wirt ist das für ihn
ein leichtes Spiel. Im Gegensatz zu Tursky, heißt es. Immer öfter hört man — auch
aus dessen Umfeld —, dass er
„zu steif“ wirkt, bei den
Wählern deshalb nicht richtig ankommt. Auch seci die
aEtucllc politische Doppelfunktion als Staatssckretär
und Spitzenkandidat für die
Bürgermeisterwahl nicht gerade von Vorteil. Allerdings
pfeifen es die Spatzen bereits
mehrstimmig vom Dach,
dass sich Tursky in absehbarer Zeit als Staatssckretär
zurückzicehen wird, um sich
ganz Innsbruck zu widmen.
Die größten Chancen, in
die Stichwahl gegen Willi
um das Bürgermeisteramt
zu kommen, räumt man derzeit — cben aufgrund der Zerstrittenheit der Lager Tursky und Anzengruber — aber

FPÖ-Spitzenkandidat Markus
Lassenberger cin. Der Freiheitliche ıst bisher kaum in
Erscheinung getreten. „Das
ist das Beste, was er tun
kann. Nur keinen Fehler
machen“, heißt es sogar aus
sciner Partei. Die FPO wird,
auch aufgrund des Bundestrends, in Innsbruck abermals zulegen, womöglich
Nummer cins werden. Aber
dennoch wird es mit hoher
Wahrscheinlichkeit nic zu
ecinem blauen Bürgermeister
in Innsbruck kommen. Der
Grund: Lassenberger würde
in einer Stichwahl nicht einmal von den anderen unterlegenen Bürgerparteien bzw.
Parteien der Mitte unterstützt, geschweige denn von
jenen links der Mitte, die sicher Willi näher stehen.
Sieben Wochen sind cs
noch bis zur Gemeinderatswahl, bei der 2018 knapp
105.000 Personen wahlberechtigt waren. Interessanterweise um 18.000 mcehr als
bei Landtagswahlen in Innsbruck. Wie geht das? Die
Antwort ist einfach: Das
sind die Studenten. dic sich
für diese Wahl registrieren
lassen und die — so darf spekuliert werden — überwiegend Grün und damit Georg
Willi wählen, Laut Insidern

CLAUS MEINERT

Tiroler Politik
Inoffiziell

Innsbrucks Bürgermeister
Willi scheint Herausforderer
Tursky zu zeigen, wo sein
Platz nach der Wahl ist.

darf Willi im Falle einer
Stichwahl schon einmal fix
mit rund 15.000 Stundentenstimmen rechnen. Das ist
umso bedeutender, zumal
Willhi bei der Stichwahl 2018
gerade cinmal 23.791 Stimmen reichten, um den Bürgermeistersessel zu erobern.
Herausforderin Christine
Oppitz-Plörer kam auf
21.171 Stimmen. 2620
Kreuzer] entschieden also
für Willi. Und wer nun mathematisch ein bisschen versiert und interessiert ist, crkennt, dass beide Zahlen zusammen nicht einmal die
Hälfte aller möglichen Stimmen (104.245) ausmachen.
Anders gesagt: Das Duecll
um den Bürgermeister der
Landeshauptstadt interessierte mehr als 56% der
Wahlberechtigten gar nicht.
So vicl zum Demokratieverständnis vieler Innsbrucker.
Willi wurde damals also von
weniger als einem Viertel
der Innsbrucker Wahlberechtigten auf den Thron gehievt. Vorwiegend dank seiner Studentenanhängerschaft, auf die Verlass ist.

Selbiges könnte auch am
28. April wicder passieren,
wenn es bei der Stichwahl
heißt: „Georg Willi gegen
... wen auch immer!*

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