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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_05_2_Presse_OCR
- S.8
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Tiroler Tageszeitung
„„Falsche Zielgruppe“ in Notschlafstelle‘“, Seite 5
„Falsche Zielgruppe“ in Notschlafstelle
Tagelöhner aus Osteuropa nutzen Unterkunft, Winternotschlafstelle voll ausgelastet.
Innsbruck —- Normalerweise
würden sich Gastgeber über
so eine Auslastung freuen,
nicht so in der Winternotschlafstelle in der Innsbrucker
Richard-Berger-Straße und
auch nicht ein paar Ecken
weiter in der Notschlafstelle
am Schusterbergweg. Die 20
Betten der Winternotschlafstelle, die am 30. April ihre
Türen geschlossen hat, waren jede Nacht voll belegt.
Immer wieder mussten Frauen und Männer abgewiesen
werden. „Es war praktisch nie
ein Bett leer“, sagte Stefan Biebel, Leiter der Abteilung Gesundheit und Soziale Dienste
beim Roten Kreuz Innsbruck.
3759 Nächtigungen wurden
seit dem 1. November 2023
gezählt, ein neuer, wenn auch
nicht positiver Rekord.
Die Betreiber der Winternotschlafstelle des Roten
Kreuzes erklären den seit
Jahren steigenden Bedarf an
Übernachtungsplätzen damit, dass viele Menschen sich
die laufenden Lebenskosten
nicht mehr leisten können, in
Armut geraten und auf Übernachtungsangebote angewiesen sind.
Hieß es bis vor Kurzem
noch, dass es Menschen ohne
Arbeit sind, die sich kein eige-
nes Bett leisten können, gilt
das inzwischen nicht mehr.
Zeliha Arslan, Grünen-Frauensprecherin im Landtag,
richtet ihren Blick in Richtung
der Notschlafstelle am Schusterbergweg. „Hier kommen
Menschen aus Osteuropa unter, Tagelöhner, von denen die
Notschlafstelle als Herberge
genutzt wird. Aber das ist eigentlich die falsche Zielgruppe“, sagt sie.
Ähnliches hörte man vor
wenigen Wochen vom Verein
an. Die Betten waren praktisch nie leer.
DOWAS (Hilfe für wohnungsund arbeitssuchende Menschen) bei der Diskussion um
eine neue, eigene Notschlafstelle für Frauen. Die bestehenden Einrichtungen seien
zu „Wohnheimen mit Daueraufenthaltscharakter“ geworden. Eine neue Notschlafstelle
lehnt man ab. Das würde nur
Symptome bekämpfen, nicht
aber die Ursache, warum sich
immer mehr Menschen Wohnen nicht leisten können.
Am Beispiel der ganzjähri-
Die Wintemotschlafstelle bot sechs Monate lang eine Schlafgelegenhei
Foto: Rotes Kreuz
gen Notschlafstelle zeigt die
Grünen-Politikerin ein neues
Problem auf,. „Die Menschen
aus Osteuropa arbeiten hier
als Erntehelfer, gehen schwarz
putzen oder machen kleine
Hausmeistertätigkeiten und
wissen oft nicht, wo sie übernachten sollen. Sie glauben,
die Notschlafstelle ist die einzige Option.“ Zeitweise würden bis zu 30 Menschen aus
Osteuropa am Schusterbergweg übernachten.
Für diese und viele andere
Menschen bräuchte es eine
aktive Armutsberatung, sagt
Arslan: „Weil es nicht darum
geht, die Menschen zu dämonisieren. Man muss ihnen
aufzeigen, welche Möglichkeiten es gibt, ihnen Deutschkurse vermitteln, bei der
Wohnungssuche helfen und
zeigen, wo sie in Tirol andocken können.“
Anträge für eine solche
Form der mobilen Beratung
wurden schon im Gemeinderat eingebracht, einmal schon
im Landtag, aber ohne Erfolg.
Im kommenden Landtag wird
Arslan einen neuen Versuch
für mehr Ressourcen für eine
mobile Armutsberatung im
Landtag einbringen. „Das ist
für eine Zielgruppe, die leider
oft nicht gesehen wird.“ (mc)
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