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Jahr: 2024

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Kronenzeitung

„Wahlumfragen, Wetter-Apps & Schönfärberei“, Seite 21

Foto: Christof Birbaumer

“r

as haben Wahlumfragen und all die
Wetter-Apps gemeinsam? Sie kennen die
Antwort. Recht wenig,
außer dass sie uns das Blaue
vom Himmel vorhersagen
und alles dann doch meist
ganz anders kommt. Dieser
Vergleich hinkt natürlich
und kann mit Schmunzeln
abgetan werden. Weit weniger zum Lachen ist da schon
das Faktum, dass in Tirol
die Wahlbeteiligung im bundesweiten Vergleich mit Abstand die geringste war. Gerade einmal 48% der Wahlberechtigten konnten sich
aufraffen, um an der alle
fünf Jahre stattfindenden
EU-Wahl teilzunehmen.
Freilich könnte man nun sagen, die Wahlbeteiligung in
Tirol war schon bei den EU-
Wahlen 1996, 1999, 2004,
2009 und 2014 bundesweit
gesehen die _ Sschwächste.
Und 2019 die drittschlechteste. Dazu fällt möglicherweise der Tiroler Volkspartei eine treffende Begründung ein. Sie kann ja auch
einem Wahldebakel mit fast
minus 13 Prozent auf nun
erstmals unter 30 Prozent
Stimmenanteil einiges Positives abgewinnen.
Apropos pPpositiv: Aus
Sicht der Tiroler Volkspar-

Europawahl am 9.6,

Wahlumfragen,
Wetter-Apps &
Schönfärberei

ÖVP-Politikerin (30) und Blauer (62)

vertreten Tirol nun im EU-Parlament

tei ist der Einzug von Sophia
Kircher ins EU-Parlament
natürlich erfreulich. Wie erfolg- und einflussreich die
30-Jährige unter den 719
anderen EU-Parlamentariern sein wird, sei dahingestellt. Sie will ja als „Deine
Stimme für Tirol“ auftreten
— so hat man sie zumindest
plakatiert. Zumindest in
ihrer Heimat, der Landeshauptstadt Innsbruck, wurde diese Stimme eher wenig
gehört. Da wählten 18,7%
die OVP, was ein Minus von
8,2% und _ damit Platz drei
hinter SPO und Grünen bedeutet. 2019 war die OVP in
Innsbruck bei der EU-Wahl
noch stimmenstärkste Partei. Man darf der Neo-EU-
Abgeordneten Kircher — die
beachtliche 23.000 Vorzugs-

stimmen erhielt — alles Gute
für ihre Auftritte auf der
neuen Polit-Bühne wünschen und auch, dass ihre
Stimme dort gehört wird.
Selbiges gilt auch für den
zweiten Tiroler Vertreter im
EU-Parlament, das freiheitliche Urgestein Gerald Hauser. Der bald 63-Jährige
kommt aus St. Jakob im Defereggen in Osttirol. Sein
Wahlergebnis dort? Weniger als Kircher. Bescheidene
15,9% — das drittschlechteste Ergebnis der FPO von allen 277 Tiroler Orten. Die
OVP kam dort auf 53,8%
(trotz -16,2%). Also auf
mehr als das Dreifache der
FPO. Hauser, der bisher
stets alle Stürme innerhalb
der Partei gut überstand,
keinen Paradigmenwechsel

Seite 16 von 53

CLAUS MEINERT

Tiroler Politik
Inoffiziell

Die Innsbruckerin Sophia
Kircher (im Bild mit LH
Anton Mattle) wechselt für
die OVP ins EU-Parlament.
Derzeit ist die 30-Jährige
Landtagsvizepräsidentin. Sie
sieht sich als „Deine Stimme
für Tirol“ in der EU. Der
zweite Tiroler bei insgesamt
720 Abgeordneten wird der
„Corona-Schwurbler“ Gerald
Hauser aus Osttirol sein.

scheut und zur Corona-Zeit
wirre Verschwörungstheorien entwickelte, will „Aufräumen in Brüssel“,

Apropos aufräumen: Die
FPO Tirol fuhr — wie berichtet — im Bundesvergleich das
drittschlechteste Ergebnis
ein. Dahinter lediglich Vorarlberg und das „rote“ Wien.
Scheinbar bringen die Blauen zumindest in Tirol nicht
die PS auf die Straße, die
man ihnen nachsagt. Das
hat zuletzt auch die Gemeinde- und Bürgermeisterwahl
in Innsbruck gezeigt, wo
man auf schwache 15% kam.
Was wenig verwundert. Abgesehen von Landesparteichef Markus Abwerzger und
in Ansätzen der Landtagsabgeordneten Evelyn Achhorner sind die meisten FPO-
Mandatare in der öffentlichen Debatte eher „schmähstad“ und „unauffällig“.

Unüblich still und zurückhaltend die Grünen, die in
Tirol zu den Verlierern dieser Wahl zählen. Nach der
Niederlage um den Bürgermeistersessel in Innsbruck
nun die nächste Pleite. Nur
das „Flaggschiff“ Innsbruck
(verlor 6,6%) und Innsbruck-Land (-5,2%) blieben
zweistellig. In den anderen
sieben Bezirken Tirols gab
es einstellige Ergebnisse.