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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_09_4_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„905.000 Euro Schulden, Jugendland vor dem Aus“, Seite 4
905.000 Euro Schulden,
Jugendland vor dem Aus
Eine Krisensitzung jagt in der Betreuungseinrichtung die andere. Verein hofft
auf Sonderfinanzierung, Zeichen stehen auf Insolvenz. Heute Entscheidung.
Von Peter Nindler
Innsbruck — Nicht erst seit
der Vorwoche brennt der Hut
in der Betreuungseinrichtung für Kinder und Jugendliche in der Landeshauptstadt
Innsbruck. Alleingesellschafter des Jugendlands ist der
gleichnamige Verein. Kinder und Jugendliche, die aus
unterschiedlichen Gründen
nicht in Familien leben und
aufwachsen können, werden
dort betreut und gefördert.
Mit dem Land Tirol bestand
seit Jahrzehnten ein Leistungsvertrag, in acht Wohngemeinschaften werden
aktuell rund 70 Minderjährige betreut.
Doch zuletzt gestaltete sich
die Zusammenarbeit schwierig, vor allem wegen der wirtschaftlichen Führung des
Jugendlands. Wegen wirtschaftlicher Mängel hat das
Land die Betreuungsvereinbarung über jährlich vier
Millionen Euro gekündigt.
Das entzieht dem Jugendland jetzt die Haupteinnahmequelle. Und das in einer
Situation, in der es ohnehin
bereits einen Liquiditätsengpass gibt.
Seit Tagen jagt deshalb eine Krisensitzung die andere. Gestern Nachmittag hat
der Verein erneut über die
dramatische finanzielle Lage
beraten. Schließlich geht es
um die Frage, ob es noch eine Rettung gibt oder der Konkurs beantragt werden muss.
In einem Schreiben an Landeshauptmann Anton Mattle
(VP) erklärt Jugendland-Geschäftsführer Reinhard Halder, dass die Entscheidung
von Soziallandesrätin Eva
Pawlata (SPÖ), die Jugendland-Wohngruppen an andere Träger zu übergeben, den
unerwarteten Wegfall der
Einnahmen aus Tagsätzen
bedeute, das Jugendland unvorhergesehen zahlungsunfähig sei und ein Insolvenzantrag gestellt werden müsse.
In der Tat deutet alles auf diese Entwicklung hin, von der
vorerst 90 MitarbeiterInnen
betroffen sein könnten.
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Wohngemeinschaften 70 Kinder und Jugendliche betreut.
Halder hoffte noch auf eine Rettung durch das Land,
noch am Montag appellierte
er an die Landesregierung,
dem Jugendland eine Sonderfinanzierung von 450.000
Euro zu gewähren. Zum Abbau der Schuldenlast von insgesamt 905.000 Euro möchte
der Geschäftsführer selbst
430.000 Euro aufbringen. Die
Schulden sind jedenfalls beträchtlich.
Hohe Zahlungsrückstände
Die Zahlungsrückstände bei
der Österreichischen Gesundheitskasse und beim Finanzamt betragen rund 480.000
Euro, dazu kommen noch offene Rechnungen bei diversen
Lieferanten in Höhe 220.000
Euro. Der Kontokorrentrahmen bei der Hausbank über
205.000 Euro wurde ebenfalls
bereits ausgeschöpft. Das
Land hat freilich das Vertrauen in die wirtschaftliche Gebarung des Jugendlands verloren. Um noch zu retten, was
zu retten ist, kündigte Halder
in dem Brief an den Landes-
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‚ Wir sind beim unerwarteten Wegfall
der Einnahmen aus Tagsätzen unvorhergesehen
sofort zahlungsunfähig.“
Reinhard Halder
(Jugendiand)
hauptmann genauso an, die
Verantwortung für die angespannte Situation zu übernehmen und sich aus der Jugendland-Geschäftsführung
zurückzuziehen.
Das hat er bereits einmal getan, doch die neue Geschäftsführerin hat nach knapp
zwei Wochen Anfang August
schon wieder das Handtuch
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Das Jugendiand hat vier Standorte in Innsbruck wie hier in Arzl. Im Auftrag des Landes werden derzeit in acht
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geworfen. Sie wies in ihrem
Rücktrittsschreiben darauf
hin, dass die Jugendland Betreuung GmbH einen akuten
Liquiditätsengpass habe.
Warum hat das Land den
Vertrag mit der Betreuungseinrichtung aufgelöst? Offenbar wurden Gelder des Landes
zweckwidrig zwischen den
zwei Firmen des Vereins sowie der Philipp Neri Catering
GmbH, einem im Jugendland
beheimateten gemeinnützigen Wirtschaftsbetrieb, hin
und her geschoben. Das Cateringunternehmen gehört
Halder. Immer wieder wurde
Transparenz eingefordert, die
Rückforderungen sollen rund
600.000 Euro betragen haben.
Jetzt hat Pawlata endgültig
die Reißleine gezogen.
Reinhard Halder betont
gegenüber der TT, dass noch
Gespräche über eine finanzielle Rettung geführt werden. Sollten diese scheitern,
müsste im schlimmsten Fall
Insolvenz angemeldet werden. Heute werde eine Entscheidung fallen.