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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_11_6_Presse_OCR
- S.8
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Tiroler Tageszeitung
„Geisterrad erinnert an Unfallopfer‘“, Seite 6
Geisterrad erinnert an Unfallopfer
Im Innsbrucker Stadtteil Reichenau wurde anonym ein erstes „Ghostbike“ aufgestellt. Es erinnert an einen
tödlichen Unfall. Die Radlobby begrüßt die Aktion. Weitere Geisterräder sollen demnächst folgen.
Von Andrea Wieser
Innsbruck - Wer jetzt Rad
fährt, muss sich schützen.
Die verfrühte Dunkelheit ist
im Herbst ein weiteres Sicherheitsrisiko für die an
sich schon gefährdeten Radfahrer. Dass Kollisionen tödlich enden können, daran
erinnerte kürzlich eine Installation in der Innsbrucker
Reichenau, Kreuzung Klappholzstraße/Andechsstraße.
Dort parkten Aktivisten Innsbrucks erstes „Ghostbike“.
Es wird immer gefährlicher
Mit dem weißen Vehikel wird
an einen Verkehrsunfall im
Jahr 2012 erinnert, bei dem
eine 65-jährige Radfahrerin starb. Der Sprecher der
„Initiative Ghostbikes Innsbruck“, der anonym bleiben
will, sagt dazu auf E-Mail-
Anfrage, man wolle daran
erinnern, „wie gefährlich der
Straßenverkehr ist, und Autofahrende mahnen, vorsichtiger, vorausschauender und
rücksichtsvoller zu fahren“.
International sind „Ghostbikes“ ein bekanntes Phänomen. In Australien wurden
sie ebenso schon installiert
wie in Kanada und den USA.
Nicht alle rufen die Polizei
Seit dem Unfall im Jahr 2012
hat sich die Sicherheitssituation in Tirol für Radfahrer
noch verschlimmert. 2014
verletzten sich in Tirol 819
Radfahrer, drei Tote waren
zu beklagen. Im Jahr 2023
verletzten sich in Tirol 1608
Radfahrer, vier Personen
starben.
Dieser Anstieg ist alarmierend, heißt es vom Kuratorium für Verkehrssicherheit
(KfV). „Es gibt darüber hinaus eine sehr hohe Dunkelziffer bei den Verletzten. Bei
Alleinunfällen suchen die
Radfahrenden oft selbstständig ein Krankenhaus auf“,
sagt Verkehrsexperte Martin
Pfanner vom KfV. Auch mitbedacht müsse werden, dass
die Zahlen sogar noch dras-
An dieser Kreuzung starb am
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Verkehrsunfall,
tischer sind, da seit 2023 die
E-Scooter erstmals als eigene
Kategorie erfasst wurden.
Bei der Radlobby Tirol, die
sich für mehr Fahrradrechte
Foto: Andrea Wieser
, In Innsbruck ist
man sehr mutlos,
wenn es um die Umsetzung von neuen Radfahrkonzepten geht.“
Josef Scheiring
(Radlobby Tirol)
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und -sicherheit einsetzt, begrüßt man die „Ghostbike“-
Aktion. „Ich finde das wichtig“, sagt dazu Josef Scheiring.
Um zu sensibilisieren und
um Veränderungen herbeizuführen. „In Innsbruck ist
man sehr mutlos, wenn es
um die Umsetzung von neuen Radfahrkonzepten geht“,
kritisiert er die mangelnden
Initiativen für Radfahrer.
Paris gab Rädern Vorrang
Er fordert schon längst abgesicherte, durchgängige
Radwege, mehr Bewusstsein
seitens der „schweren“ Verkehrsteilnehmer und Tempo 30 im Stadtgebiet. „Dass
solche Adaptionen zu einem
Aufschrei führen“, müsse man aushalten, denkt er
zum Beispiel an die Reduktion von Pkw-Parkplätzen.
ße und dchsstraße verunglfickté
7B
Sein Radlobby-Kollege Franz
Mitterböck erinnert dazu exemplarisch an Paris: „Dort
wurde unter anderem ein
Straßenzug direkt an der Sei-
Foto: KfV
Bei Alleinunfällen
suchen die Radfahrenden oft selbstständig ein Krankenhaus auf.“
Martin Pfanner (Kuratorium für
Verkehrssicherheit)
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2012 eine Radfahrerin. — Fotos: Intiative Ghostbike Innsbruck
ne, vergleichbar eventuell
mit der Achse St. Nikolaus
in Innsbruck, während der
Pandemie für Autos gesperrt
und in einen Pop-up-Radweg
umgewandelt.“ Nach Ende
der Lockdowns behielt man
das Konzept bei. Im Innsbrucker Stadtteil St. Nikolaus
sei solch eine Vision noch
nicht denkbar.
„Ghostbike“ verschwunden
Das Innsbrucker Ghostbike
hat sich übrigens schon wieder in Luft aufgelöst. Es wurde laut Auskunft von „Initiative Ghostbike Innsbruck“ in
der Nacht von 4. auf 5. Oktober aufgestellt, ist dort aber
nicht mehr vorzufinden.
Über den Verbleib wisse man
nichts, heißt es.
Auch bei der Stadt Innsbruck ist man überfragt.
Gefahr am Rad
41 Radfahrer verloren im
letzten Jahr in Österreich
ihr Leben. 17 davon waren
mit E-Fahrrädern unterwegs.
Im Schnitt sterben in Tirol
pro Jahr vier Radfahrer bei
Verkehrsunfällen (ÖAMTC).
Riskantes Stadt-Radeln:
Laut Verkehrsunfallstatistik
des BMI verletzten sich in
Tirol in den Jahren 2014 bis
2023 im Freiland 3490 Personen. In Tiroler Ortsgebieten
waren es mehr als doppelt
so viele (8757).
Vier gefährliche Orte: In
Innsbruck hält die Radlobby
Tirol die Uni-Brücke (zu wenig Platz für hohe Radfahrerfrequenz) für extrem riskant.
Ebenso den Marktplatz (für
den Christkindimarkt wird
der Radweg wieder ersatzlos
gesperrt), den Hauptbahnhof (keine Radwege führen
sicher dorthin) und die
Museumstraße (Radweg zu
schmal und in Konkurrenz zu
Straßenbahnen und Co.).
„Nach Rücksprache mit dem
zuständigen Dienststellen
können wir Ihnen mitteilen,
dass von der Verkehrsbehörde des Stadtmagistrates Innsbruck keine Entfernung des
‚Ghostbike‘ veranlasst wurde“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme.
Fakt ist, die Installation
wurde nicht behördlich gemeldet. „Wir sehen uns in der
Tradition von Guerilla Art, die
zum Nachdenken anregen
soll“, kommentieren das die
Aktivisten. Das erste „Ghostbike“ Innsbrucks soll übrigens nicht das letzte seiner
Art gewesen sein. Man wolle
demnächst auch an anderen
Standorten in Innsbruck daran erinnern, dass Radfahrer
im Straßenverkehr ihr Leben
lassen mussten, heißt es von
der anonymen Initiative.