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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_12_15_Presse_OCR
- S.6
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Tiroler Tageszeitung
„Der dritte Christbaum wurde auch einer“, Seite 10+11
Der dritte Christbaum wurde auch einer
Horst Prader ist Spender des
Christbaums in der Innsbrucker
Altstadt. Dass der heuer dort
viele Menschen erfreut, hat auch
mit dem bewegten Leben des
Innsbruckers zu tun.
Von Irene Rapp
Innsbruck - Zahlreiche
Schaulustige waren mit
dabei, als Anfang November in der Innsbrucker
Altstadt der Christbaum
aufgestellt wurde. Darunter auch Horst Prader
aus Innsbruck, der genau
verfolgte, wie die über 15
Meter hohe Fichte von
einem Laster abgeladen
und vor dem Goldenen
Dachl platziert wurde.
Für den 83-Jährigen
ein besonderer Moment.
„Er hatte viel Platz zum
Wachsen“, erzählte Prader zuerst davon, dass der
Baum in seinem Garten
am Bergisel frei gestanden sei und sich daher
besonders schön entwickeln hatte können.
‚ ‚ Nach dem
Studium wollte
ich ins Ausland, ich
hatte diverse Job-
Angebote. Südafrika
ist es geworden.“
Horst Prader
(Christbaum-Spender)
Und dann davon, dass
seine Mutter die Fichte
einst im Garten gepflanzt
hatte mit einem Hintergedanken: dass nämlich
ihr in Südafrika arbeitender Sohn und dessen Familie einen Christbaum
haben, wenn sie in die
Heimat zurückkehren.
Horst Prader hat nämlich sein Leben lang in
dem Land an der Südspitze des afrikanischen Kon-
tinents gearbeitet. „Nach
dem Studium der Wirtschaftswissenschaften
wollte ich ins Ausland,
ich hatte diverse Job-Angebote.“ Südafrika wurde
es, weil ein Vorarlberger
Unternehmer jemanden
für die Produktionsplanung in seiner Textilfabrik in Kapstadt suchte.
Am 27. Jänner 1965
fing Prader dort zu arbeiten an, mit dabei seine
Ehefrau Gitta, die in der
Nachbarschaft aufgewachsen war. Zunächst
war geplant, nur fünf
Jahre in der Ferne zu
bleiben.
In der Zeit pflanzte Praders Mutter den ersten
Nadelbaum im Garten am
Bergisel, „Sie wollte, dass
wir bei unserer Rückkehr
einen schönen Christbaum haben.“ Aus den
fünf Jahren wurden dann
jedoch viele mehr. Praders Arbeitgeber bat ihn
nämlich, länger zu bleiben und in einer anderen
Firma in Johannesburg
tätig zu werden. „Und
dann wurden aus den fünf
Jahren 40“, sagt Prader.
Nicht immer waren die
Zeiten leicht, Stichwort
Apartheid, „Wir durften
z.B. in Kapstadt keine
Schwarzen für uns arbeiten lassen.“ Die Apartheid-Regierung klassifizierte Menschen, die
nicht afrikanisch, asiatisch oder weiß waren.
Verboten war auch, als
Weißer mit „Coloured
People“ in einem Raum
zusammenzuarbeiten.
„Ich habe es trotzdem ge-
Zwischen Innsbruck und Südafri
macht und bin mit ihnen
in einem Büro gesessen.
Mir kam es immer darauf
an, wie gut der Mensch
arbeitet, unabhängig von
der Hautfarbe“, sagt Prader.
In der Zwischenzeit
fällte die Mutter den ersten Baum im Garten,
weil er zu groß wurde,
und pflanzte einen neuen - ebenfalls wieder als
Christbaum für ihre Familie in der Ferne gedacht. Auch der wurde
gefällt und schließlich
jener Baum in die Erde
gesetzt, der derzeit in der
Altstadt steht. Mit Pra-
ders Pensionsantritt 2005
endete das Kapitel Südafrika aber nicht, Seine früheren Arbeitgeber fragten
ihn, ob er nicht weiter für
sie tätig sein könnte - auf
ihrer 60 Hektar großen
Farm südlich von Kapstadt, wo der Weinanbau
und -verkauf rote Zahlen
schrieb.
„Ich wurde gerufen,
um darauf zu schauen,
dass Ausgaben und Einnahmen passen“, erzählt
Prader lachend. Eine Aufgabe, die ihm gefiel und
nach fünf Jahren Einsatz
vieler Beteiligter lief das
Weingut Constantia Glen
dann profitabel. Seitdem können dort Interessierte nicht nur Weine
verkosten, sondern auch
speisen - u. a. Platten mit
Speck, Käse und Trauben,
die an die österreichische
Brettljause erinnern. „Mit
30 Sitzplätzen haben wir
angefangen, heute sind es
400. An Spitzentagen zählen wir 1000 Gäste. Wir
sind bekannt für unsere
Weine und unser Essen“,
sagt Prader mit Stolz. Als
Direktor ist er übrigens
heute noch für das Weingut im Einsatz. „Jeden
Tag“, sagt der 83-Jährige, auch wenn er inzwi-
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‚ Jetzt ist es der
Christbaum
für die Stadt und
nicht nur für uns.
Der Mutter hätte das
gefallen.“
Horst Prader
(Christbaum-Spender)
schen wieder am Bergisel
lebt und nicht mehr so oft
nach Südafrika reist.
Dabei waren die Kinder
die Ersten, die nach Tirol
zurückkehrten, vor allem
aus Sicherheitsgründen.
Prader - seine Ehefrau ist
bereits verstorben - kehrte 2021 zurück. In der Zeit
ka: Horst Prader war beim Aufstellen seiner Fichte in der Innsbrucker Altstadt mit dabei (großes Bild). In Südafrika kümmert er sich immer
noch darum, dass das Weingut Constantia Glen wirtschaftlich gut läuft (oben), für den guten Wein sorgt Kellermeister Justin van Wyk (unten).
Fotos: Aul Springer/Corstantia Glen
danach hatte er Kontakt
zu einem Mitarbeiter des
Forstamtes der Stadt.
„Der meinte, dass er die
Fichte in unserem Garten
gern als Christbaum in
der Altstadt sehen würde.“ Heuer war es so weit,
der Rest ist bekannt.
Erst am Wochenende
war Prader in der Altstadt,
um den Baum einmal beleuchtet zu sehen. „Jetzt
ist es der Christbaum für
die Stadt und nicht nur
für uns. Der Mutter hätte
das gefallen“, sagt Prader.
Und ein wenig Rührung
ist dabei schon herauszuhören.