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Tiroler Tageszeitung

„16.000 Euro für eine einzige Pflegekraft‘“, Seite 4

Die Personalsituation im Pflegebereich bleibt weiterhin angespannt - kreative Lösungen sind teuer.

Symbolfoto: Falk

16.000 Euro für eine
einzige Pflegekraft

Die Innsbrucker Sozialen Dienste werben seit Jahren
Pflegekräfte aus Drittstaaten an. Teils mit sehr hohem
Mittelaufwand. Nun wird Kritik daran laut.

Von Manfred Mitterwachauer

Innsbruck — Erst Anfang November 2024 war eine Innsbrucker Abordnung nach Vietnam gereist. Mit an Bord:
Politische Vertreter, Mitarbeiter der Magistratsverwaltung
sowie Angestellte der Stadt-
Tochter „Innsbrucker Soziale
Dienste GmbH“ (ISD). Deren
Ziel: neue Pflegekräfte in die
über 9000 Kilometer entfernte Tiroler Landeshauptstadt
zu lotsen. Inklusive Flug,
Transfer und Hotelkosten
fielen laut Auskunft des Bürgermeisterbüros im Rahmen
einer Anfragebeantwortung
an Gemeinderätin und Liste-
Fritz-Obfrau Andrea Haselwanter-Schneider rund 6200
Euro für diese Reise an. So
weit, so nachvollziehbar.
Vietnam verfüge in der Pflege über „hochqualifizierte

Ausbild lichkeiten“

dabei helfen. Die ersten beiden Pflegekräfte aus Vietnam
sollen in Innsbruck noch im
Frühjahr ankommen. Ziel sei
mittelfristig „die jährliche Anstellung einer doppelstelligen
Anzahl“, so die ISD via Bürgermeisterbüro.

‚ Auch ich habe keine
Freude mit diesen
Kosten. Aber Pflegekräf-

te aus Drittstaaten zu
holen ist alternativlos.“

Hubert Innerebner
(ISD-Geschäftsführer)

Vietnam ist nur die jüngste
Rekrutierungs-Adresse der
ISD. Seit Jahren wird in Drittstaaten versucht, dem hiesigen
Personalmangel zu begegnen.
So seien seit November 2023
in Summe 36 Personen angeworben worden. Aus Bos-

und folglich entsprechend
befähigte Pflegekräfte. Mittels eines eigenen Rekrutierungsprogramms werden
Interessenten bereits vor Ort
auf Integration, Beruf und
Alltag in Österreich vorbereitet. Eine Sprachschule soll

nien-Herzeg , Serbien,
Uganda, der Türkei, Kamerun, Mexiko und Kolumbien.
Aus letzterem Land sogar 25
Pflegekräfte seit November
2021. Und zwar über eine private Vermittlungsagentur. Ein
Aufwand, der ins Geld geht,
wie die Anfragebeantwortung

Die Baustellen im Pflege-System

Personalmangel: Eine 2019
erstellte und 2023 aktualisierte
Bedarfsprognose-Studie des
Sozialministeriums geht davon
aus, dass bis zum Jahr 2030
rund 51.000 Pflegekräfte (Ersatz- und Zusatzbedarf) benötigt
werden. Bis ins Jahr 2050
gerechnet, gehen die Schätzungen von einem jährlichen
Mehrbedarf von rund 7000
Pflegekräften aus. Für Tirol hat
die Landesregierung einen Zusatzbedarf bis 2030 von bis zu
7000 Personen angegeben.

Gehaltsreform: Die schwarzrote Landesregierung hat im

November 2024 ein 18,3 Millionen Euro schweres Gehaltspaket für Gesundheitsberufe im
Landesdienst präsentiert. Dem
vorangegangen war u.a. eine
Vergleichsstudie der Gehaltsund Entlohnungssysteme in
Südtirol, dem süddeutschen
Raum und Österreich. Dass das
Paket nur für das neue Entlohnungssystem, nicht aber für das
alte gilt, sorgt nach wie vor für
massive Kritik.

Heim-Tarife: Noch im Laufen
ist eine exteme Evaluierung des
Finanzierungsmodells für die
Heim- und mobile Pflege.

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zu Tage fördert. Bis eine einzige Pflegekraft aus Kolumbien rekrutiert ist, fallen 16.000
Euro an. In Vietnam fallen
für Flugtickets, Sprachausbildung, Übersetzungskosten
und Beglaubigungen rund
8000 Euro an. Kosten, welche
die ISD zu tragen haben. Die
Anstellung erfolgt zuerst in
der Pflegefachassistenz, erst
nach erfolgreicher Nostrifikation ist ein Einsatz als Diplomkraft möglich. Doch das kann
dauern - mitunter bis zu zwei
Jahre.

Haselwanter-Schneider
hält den Erfolg der teuren Rekrutierungsaktion für überschaubar: „Das gleicht einer
Klasse Auszubildender.“ Besser wäre dieses Geld für heimisches, bereits ausgebildetes Personal eingesetzt, sagt
sie: „Wir haben kein Ausbildungsproblem, sondern ein
Problem, die Pflegekräfte in
der Praxis zu halten.“ Auch
sei unklar, ob die rekrutierten
Pflegekräfte bleiben.

Dieses Geld

’ wäre besser in
heimisches, bereits
ausgebildetes Personal
investiert.“

Andrea Haselwanter-Schneider
(Liste-Fritz-Obfrau)

Letzterem hält ISD-Chef
Hubert Innerebner entgegen, dass alle kolumbianischen Pflegekräfte noch in
Innsbruck tätig seien. Was
die Kosten betrifft, habe auch
er keine Freude damit. Ein
Großteil davon falle für die
Agentur an. Mit Blick auf das
Gesamtbild der heimischen
Pflegelandschaft sei es aber
„alternativlos“, sich Hilfe aus
Drittstaaten zu holen: „Das ist
kein einfacher Weg, aber ohne diesen würde das System
in Österreich kollabieren.“
Die heißen Pensionierungsjahre stünden erst bevor.