Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_05_20_Presse_OCR
- S.5
Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
Tiroler Tageszeitung
„Wechsel am Landestheater: Kein künstlerischer Notstand“, (Leseforum)
Seite 18
Wechsel am Landestheater:
Kein künstlerischer Notstand
Thema: Kahlschlag beim Tiroler
Landestheater.
roler Symphonieorchester
nsbruck Gewissheit, das
„leading team“ fällt dem radikalen Kahlschlag der neuen
Intendantin des Landestheaters zum Opfer. Das sei „im
Kulturbetrieb üblich“ und
„ein ganz normaler Vorgang“
wird eilfertig betont. Das mag
seine Richtigkeit haben, wenn
der Kontext stimmt.
Doch für das zahlreiche
und leidenschaftliche Opernpublikum ist der Abgang von
Lukas Beikircher ein herber Verlust. Da herrscht kein
„künstlerischer Notstand“,
dem eine neue Theaterleitung
Abhilfe schaffen müsste.
Seit seinem ersten Engagement 2018 für „Rienzi“ hat
man Lukas Beikircher als umsichtigen Operndirigenten zu
J etzt ist es auch beim Tin
schätzen gelernt, was durch
seine Bestellung zum Chefdirigenten des TLT gewürdigt
wurde. Viele Aufführungen
der letzten Jahre bestätigten
die Richtigkeit dieser Wahl,
zuletzt die großartige „Salome“ mit Jaqueline Wagner - der „Elsa“ der heurigen
Salzburger Osterfestspielproduktion — in der Titelrolle. Bei seinen Dirigaten spürt
man, wie Orchester, Sänger
und Chöre miteinander verschmelzen und das „Erlebnis
Oper“ entstehen kann. Gerade in dieser Sparte braucht es
Zeit, bis ein Ensemble zusammenfindet, genau das konnte
man von Beikircher zukünftig
erwarten, das TLT wäre dafür
der richtige „Boden“ gewesen.
All dies hat für die neue Theaterleitung anscheinend keinen Wert, „alles weg und alles
neu“ ist die nun klar erkennbare Devise, welche die Tiro-
Seite 5 von 10
ler Kulturpolitik — aus welchen
Gründen und mit welcher Expertise auch immer - umgesetzt sehen will. Die Früchte
der Aufbauarbeit voriger Intendanzen zählen nichts.
Veränderung und Erneuerung sind nicht negativ zu sehen, doch hat gerade ein mit
unser aller Steuergeld finanziertes Theater die Verpflichtung, den von ihm gepflegten
Sparten die besten Bedingungen zu bieten, im Fall der
Oper ist dies auch Kontinuität. „Produktionen“ kann man
rund um die Welt einkaufen
und rasch zur Aufführung
bringen, „Ensembles“ — das
Herz jeder guten Opernaufführung - müssen wachsen
und brauchen dafür Zeit, diese hätte man unserem Tiroler Opernpublikum schenken
sollen.
Thomas Gasser, 6020 Innsbruck