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Jahr: 2022

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- S.10

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Kurier

Heimische Seen
überwiegend in
privater Hand

Zugang

Der Achensee ist als einziger
der zehn größten Seen mehrheitlich öffentlich zugänglich
Nutzung in Prozent:
[Privat| Natur |Öffentlich
WÖRTHER-

SEE

32 99

sen Kampf zu verlieren. So ist
der Föhrensee in Niederösterreich bereits beinahe ausgetrocknet (siehe Artikel S. 23).

Andernorts ist der Wasserstand noch kein Problem,
die Zugänglichkeit jedoch
sehr wohl. Ist Herrs Verfassungsvorstoß also sinnvoll?

Als reine Staatszielbestimmung wäre er relativ
zahnlos, sagt Verfassungsjurist Peter Bußjäger von der
Universität Innsbruck. Konkrete Vorschriften wie ein
Vorkaufsrecht und eine ebenfalls von Herr geforderte Wegefreiheit an den Ufern könnten hingegen in der Theorie
etwas bewirken.

In der Praxis muss sich die
öffentliche Hand die schnell
in hohe Millionenbeträge gehenden Seegrundstücke erst
einmal leisten können und
wollen. Und die Wegefreiheit
ist im Nachhinein auch nur
mehr bei noch unverbauten
Grundstücken _ zumutbar.
„Über private Grundstücke
drüberlaufen geht nicht“, so
Bußjäger.

77 Pa

S

In Vorarlberg war man
hingegen rechtzeitig dran.
Bereits seit 1969 gilt am Bodenseeufer, dass ein zehn Meter breiter Streifen — mit wenigen Ausnahmen — jederzeit
von Fußgängern betreten
werden darf. Weil der österreichische Uferanteil im Vergleich zu jenen in Deutschland und der Schweiz damals
noch nicht so verbaut war,
konnte der Zugang so weitgehend erhalten werden. „Da
hat man gerade noch die Kurve gekratzt“, sagt der gebürtige Vorarlberger Bußjäger.

Ein weiteres Positivbeispiel ist der Tiroler Achensee.
Dort ließ die Gemeinde Innsbruck als Grundeigentümerin

„Ein Betretungsrecht ist
nur im Fall eines
unverbauten Seezugangs
zulässig und dem
Eigentümer zumutbar“

Peter Bußjäger
Verfassungsjurist

keine großflächige Verbauung zu. Bis heute sind 62 Prozent des Ufers öffentlich zugänglich —- Rekord.

Späte Einsicht

In Kärnten war man nicht so
weitsichtig. Lange Zeit wusste man mit den feuchten Wiesen am See nichts anzufangen, Anekdoten zufolge
wechselten Grundstücke, die
heute Millionen wert sind, für
ein paar Festmeter Holz den
Besitzer. Nach dem Zweiten
Weltkrieg ging es aber mit
dem Ausverkauf der Seegrundstücke so richtig los.

Nun versucht man hier
und dort mit gehöriger Verspätung, Fehler der Vergangenheit auszubügeln.

In Oberösterreich ist der
Zugang der Allgemeinheit zu
Seen seit 2019 in der Landesverfassung festgeschrieben,
in Kärnten hat der Landtag
Selbiges eben erst beschlossen — auf Druck der Zivilbevölkerung. 12.000 Menschen
hatten 2020 das privat initiierte Seenvolksbegehren

M SE BDET”

HALLSTÄTTER-

Grafik: Eber,

KURIER

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/

„Die Verfassung ist
sicherlich nicht dazu da,
für die populistischsozialistischen Ideen der
Julia Herr herzuhalten“

Nikolaus Scherak
Stv. Neos-Klubobmann

unterschrieben, um den Ausverkauf der Seeufer zu stop-

pen.
Beide Länder versuchen
nun, die gesetzten Ziele mit
Leben zu erfüllen. In Kärnten
wurden in den vergangenen
Jahren 24 neue Seezugänge
geschaffen, sieben davon am
Wörthersee. Um zusätzliche
Grundstücke zu erwerben,
wurde auch die Motorbootabgabe zweckgewidmet. In
Oberösterreich verweist man
darauf, alleine am Attersee in
diesem Jahr zwei neue Zugänge geschaffen zu haben.
Kleine Schritte. Die aber
immerhin zeigen, dass mit
dem entsprechenden politischen Willen und der entspre-

NEUSIEDLER SEE

JOI TT

Am Neusiedler See gEt es trotz ausgedehntem Naturschutz viele kommerzielle Seebäder, doch nur einen einzigen kostenlosen Seezugang

chenden Mehrheit etwas
möglich ist. Ein Problem für
SPO-Umweltsprecherin Herr:
Denn sie mag den Willen haben, doch die Mehrheit hat
sie nicht.

Die grüne Landwirtschaftssprecherin Olga Voglauer sieht zwar Handlungsbedarf, doch den falschen Adressaten, seien Raumordnung
und Naturschutz doch Ländersache. Neos-Vizeklubchef
Nikolaus Scherak ortet überhaupt „populistisch-sozialistische Ideen“ Herrs. ÖVP und
FPOÖ äußerten sich auf KU-
RIER-Anfrage nicht.

„Der Bodensee ist nur
dann wirklich attraktiv, wenn
er den Bürgern und Einwohnern dieses Lebensraumes
auch zur Verfügung steht und
von Ihnen in unterschiedlichster Form genutzt werden
kann“, heißt es in einer Vorarlberger Studie aus dem Vorjahr. Das kann man für alle
Seen des Landes so stehen
lassen.

In vielen Fällen ist es aber
wohl zu spät.

Tourismus

Wirtschaftsfaktor
Eine Studie aus
2020 attestiert den
heimischen Sommer-
Tourismusregionen
große Versäumnisse

Standortpolitik
Während die
Beschäftigung rund
um den Mondsee
fast sechs Prozent
über dem Schnitt
liegt, liegen die
Kärntner Seen um
bis zu sieben
Prozent darunter.
Das liegt nach
Ansicht regionaler
Unternehmer vor
allem an schlechter
Standortpolitik

Mobilität

Auch an zeitgemäßer
Mobilität mangelt es
laut der Studie.
Manche Regionen
leben nach wie vor
von Investitionen
der Vergangenheit,
etwa in Schifffahrt
oder Seilbahnen. In
Sachen E-Mobilität
gibt es laut der
Studie aber großen
Aufholbedarf