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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_07_31_Presse_OCR
- S.9
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Kurier
KURIER
„Uferloser Badespaß“, Seite 21+22
31.7.2022
VON ANDREAS PUSCHAUTZ
Zu Beginn des Jahrtausends war
die Suche nach einem Platz, von
dem aus man sich kurz und vor
allem kostenlos im Wörthersee
erfrischen konnte, für Touristen
schlicht ein Ding der Unmöglichkeit. Einheimische wussten
von der Handvoll existierender
Gratis-Badeplätze, Gäste und
Durchreisende aber waren den
Strandbädern ausgeliefert, wollten sie das türkis-blau glitzernde
Kärntner Naturjuwel nicht nur
zwischen Zäunen und Hotels
aus der Ferne betrachten.
Nur besonders scharfe Beobachter konnten bei entsprechender Kombinationsgabe von
einer Häufung am Straßenrand
geparkter, heimischer Autos an
scheinbar unsinniger Stelle darauf schließen, dass in der Nähe
möglicherweise ein schneller
Köpfler auch ohne Bezahlung
möglich wäre.
Und auch, wenn sich die Situation diesbezüglich in den vergangenen Jahren leicht verbessert hat, ist das Grundproblem
unverändert: Der Wörthersee,
und mit ihm viele weitere heimische Gewässer, ist zu weiten Teilen privatisiert und somit für die
Öffentlichkeit unzugänglich.
Das zeigen auch Online-
Kommentare: „Wer baden will,
muss sich einen anderen See
suchen oder reich erben“, lautet etwa eine aktuelle Wörthersee-Rezension.
Grundrecht auf Natur
Vergangene Woche lancierte
SPO-Umweltsprecherin Julia
Herr darum einen Vorstoß, ein
Grundrecht auf Naturgenuss in
der Verfassung zu verankern
und sprang damit auf eine bestehende Forderung der Arbeiterkammer Wien, der Naturfreunde und des Alpenvereins
auf. Konkret wünscht sich Herr
Freier"Seezugang: Österreich verfügt über eineh.enormen Reichtum an Badegewässern:
Der‘Zugang istjedoch weitgehend.privatisiert“Lässt’sich"das:tückgängigmmachen?
Uferloser Badespal
Statistik
Wasserreich
25.000 stehende
Gewässer mit einer
Fläche von zumindest 250 m* gibt es
Badetauglich
2.140 davon messen
mehr als einen
Hektar und werden
somit als Badesee
oder Badeteich
gezählt. Zusammengezählt bedecken
sie rund 613 km?
0,7
Prozent
der Staatsfläche sind
somit als Badesee
ausgewiesen
Groß vs. klein
62 badetaugliche
Gewässer weisen
eine Fläche von
mehr als 50 Hektar
auf und zählen somit
als „große Seen“.
Von diesen 62 Seen
sind 43 natürlich
entstanden und 19
künstlich angelegt
Wahre Größe
Der größte zur
Gänze in Österreich
gelegene See ist der
Attersee mit 46 km*.
Der Neusiedler See
kommt auf 320 km’,
der Bodensee auf
535 km*. Während
der Neusiedler See
zum Großteil in
Österreich liegt,
zählt nur ein kleiner
Teil des Bodensees
zum Staatsgebiet
ein Verkaufsverbot sowie ein
Vorkaufsrecht der öffentlichen
Hand für Seegrundstücke.
An Seen mangelt es in Österreich grundsätzlich nicht.
Rund 25.000 stehende Gewässer verzeichnet das Landwirtschaftsministerium, 2.140 davon qualifizieren sich ob ihrer
Wasserfläche von zumindest
einem Hektar als Badesee (siehe Kasten links). Rund 70 Prozent davon befinden sich im
Eigentum der Österreichischen
Bundesforste und gehören damit uns allen. Dass es einen See
gibt, bedeutet aber noch nicht,
dass man ihn auch erreicht, zumindest ohne dafür zu löhnen.
Zwar besagt der wasserrechtliche Gemeingebrauch, dass jedes öffentliche Gewässer von
der Allgemeinheit zu gewissen
Zwecken, darunter auch zum
Baden, genutzt werden darf.
Der Zugang ist darin jedoch
nicht inkludiert.
WÖRTHERSEE
Die Frage ist also: Wo kann
man auch abtauchen?
Offizielle, belastbare Zahlen über die Zugänglichkeit der
heimischen Badegewässer gibt
es nicht. Die mittlerweile eingestellte Rechercheplattform
Addendum vermaß jedoch
2019 die größten heimischen
Badeseen in Eigenregie. Das Ergebnis: wechselhaft bis trostlos
(siehe Grafik S. 22).
Rund 48 Prozent der Ufer
der zehn größten Badeseen
sind im Schnitt in Privatbesitz,
punktuell liegt der Wert noch
weit höher. Der Privatisierungsgrad am Wörthersee hat
mit 82 Prozent ein Ausmaß angenommen, das im Ausland bereits als Negativbeispiel herhalten muss. So warb die slowenische Opposition im Vorjahr für
ein Referendum zum Uferschutz, indem sie eindringlich
vor einer Privatisierung nach
Kärntner Modell warnte. Mit
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Die Ufer von Kärntens größtem See und Tourismus-Hotspot sind zu 82 Prozent in Privatbesitz. Die
Nachfrage ist ungebrochen: Für Filetstücke werden Quadratmeterpreise von mehr als 10.000 Euro fällig
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„Aus sozialen Gründen
sollte der Zugang zu
Badegewässern bzw.
Schwimmbädern
kostengünstig sein“
t Schratzenstaller
konomin Wifo
Erfolg: 85 Prozent unterstützten das Anliegen.
Doch auch im Inland sorgt
die Situation für Aufruhr. So
wurde im Mai eine dem russischen Oligarchen Igor Schuwalow zugerechnete Villa am Attersee, dessen Ufer zu 76 Prozent im Privatbesitz ist, von Aktivisten besetzt. Als Signal
gegen den Krieg in der Ukraine
— aber auch, um gegen die vielen mondänen Anwesen am
größten See des Salzkammerguts zu protestieren. Zur weit
gediehenen Privatisierung
JEFF MANGIONE:
JEFF MANGIONE
kommen je nach Örtlichkeit
Uferstrecken, die aus topografischen Gründen nicht zugänglich sind oder unter Naturschutz stehen — Letzteres besonders rund um den Neusiedler See. An Freibädern mangelt
es dennoch auch am burgenländischen Steppensee nicht,
einen kostenlosen Zugang zum
kühlen, wenn auch momentan
recht dürftigen Nass gibt es jedoch nur an einer einzigen Stelle- in Jois.
Soziale Barriere
Das kann man mit Humor nehmen, wie der Anrainer in Neusiedl, der meint, zumindest sehe er den See vom zweiten
Stock seines Hauses aus, ohne
dafür zu bezahlen. Man kann
es aber auch als Problem sehen.
Zwischen 5,50 und 6 Euro kostet die Tageskarte für Erwachsene in den Seebädern. Mit Familie kommt da schnell etwas
zusammen; eine Barriere vor
allem für geringere Einkommensschichten. Doch nicht nur
aus sozialen, auch aus volkswirtschaftlichen Gründen ist
leistbarer Zugang zu Gewässern von Bedeutung, sagt Ökonomin Margit Schratzenstaller
vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo).
Schwimmen gilt als niederschwellige und schonende Bewegungsart, die auch bis ins
hohe Alter betrieben werden
kann. Und: Sie erfordert keine
kostspielige Spezialausrüstung
wie viele andere Sportarten.
Kostenlose Bademöglichkeiten
sind also zweifellos sinnvoll,
aber eben auch: Mangelware.
Verschärft wird die Situation durch die immer stärker
spürbaren Auswirkungen der
Klimakrise. Nicht nur Österreichs Gletscher kämpfen längst
ums Überleben, mittlerweile
drohen die ersten Gewässer die-