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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_09_12_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„‚Stinker‘ müssen mehr zahlen“, Seite 4
K .
Wer am Innsbrucker Flughafen zu welchem Preis landet, wird künftig auch vom Emissionswert der jeweiligen Triebwerke abhängen.
„Stinker“ müssen mehr zahlen
Bei den lärmabhängigen Landegebühren war der Flughafen Innsbruck führend. Mit 1.
Jänner 2023 sollen nun emissionsabhängige kommen. Die Aufkommensneutralität bleibt.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck —- Je nach Schadstoffklasse gilt für Lkw auf
Tirols Straßen ein striktes Regime. Im Transitverkehr dürfen überhaupt nur noch jene
Laster fahren, die am wenigsten Schadstoffe emittieren.
Flugverbote für „alte Stinker“ wird es am Flughafen
Innsbruck keine geben. Jedoch wird der Regionalairport mit Jahreswechsel
ebenso einen ökologischen
Regimewechsel durchziehen. Wie Flughafen-Direktor
Marco Pernetta der TT bestätigt, sollen mit 1. Jänner 2023
emissionsabhängige Landegebühren eingeführt werden. Ein dementsprechender
Antrag wurde Anfang August
dem Nutzerausschuss des
Flughafens vorgestellt und
beschlossen, Ende August
wurde fristgerecht der Antrag
beim Verkehrsministerium
als oberste Zivilluftfahrtbehörde gestellt.
Bereits seit 2004 hebt der
Flughafen lärmabhängige
Gebühren ein. Damals war
man österreichweit Vorreiter.
Nun erneut, wie Pernetta anmerkt: „Wir sind definitiv der
erste und einzige Flughafen in
Österreich, der diesen Antrag
stellt.“ Umgeschaut hat man
sich hierfür im europäischen
Raum. Zürich, Nürnberg,
Stuttgart - „im deutschsprachigen Raum haben einige
Flughäfen seit einiger Zeit
emissionsabhängige Landeentgelte eingeführt“, sagt
Pernetta. Das Ziel dahinter
ist klar. Jene großen Airlines,
welche die Landeshauptstadt
anfliegen, verfügen über bis
zu 200 Flugzeuge. Solche, die
je nach Alter ausgetauscht
und folglich über sauberere
Triebwerke verfügen würden.
Ein sukzessiver Prozess. Mit
einer emissionsabhängigen
Landegebühr sollen die Airlines nun „einen wirtschaftlichen Vorteil haben, wenn
sie ihre sauberen Flieger hier
bei uns einsetzen und wenn
sie insgesamt noch modernere Flugzeuge betreiben“. Der
Vorteil liege damit aber zunächst beim Standort Innsbruck - wird er doch dadurch
luft- und klimatechnisch weniger belastet.
Der Kostenfaktor erschließt
sich beim Blick aufs große Ganze. Pernetta, aktuell Vorsitzender der Gruppe
der europäischen Regionalflughäfen im europäischen
Flughafenverband mit über
400 Mitgliedern, rechnet vor:
„Wenn möglichst alle solche
Gebührensysteme einsetzen,
dann wird das für Airlines
schon relevant und eine hohe
Kostenentlastung.“
Doch wie soll das System
, 100 Prozent der
gewerblichen Luftfahrt wird ab 1. Jänner
2023 in Innsbruck diesen
Zuschlag zahlen müssen.“
Marco Pernetta
(Flughafen-Direktor)
funktionieren? Als relevante Messgröße dienen die
schädlichen Stickoxidwerte (NO,). Für fast jedes gewerblich eingesetzte Flug-
zeug finde sich dieser Wert
in der Zulassung des Triebwerks: „Flugzeuge mit hohen
NO,-Emissionen sind aber
auch klimaschädlich, weil sie
überdurchschnittlich viel CO,
emittieren“, so Pernetta. Der
Emissionswert werde dann
anhand einer im deutschsprachigen Raum anerkannten und „gerichtsfesten“
Formel, in Abhängigkeit der
Triebwerksanzahl, des NO,-
Wertes sowie des Treibstoffverbrauchs errechnet.
Wie viel wird also eine 737
— der derzeit häufigste Typ
im Linien-Charter-Verkehr
- in Innsbruck für eine Landung zahlen müssen? Pernetta muss die Antwort vorerst schuldig bleiben. Denn
jener Aufschlag, welcher mit
dem Emissionswert zu multiplizieren sein wird, sei für
den Erstantrag noch mit dem
Ministerium in Verhandlung.
Auch die Frage, ob auch klei-
Wien - Im Verkehrsministerium als oberste Zivilluftfahrtbehörde wird die
Initiative des Flughafens
Innsbruck auf Einführung
emissionsabhängiger Landegebühren positiv gewertet: „Selbstverständlich
sind Lenkungsmaßnahmen
hin zu Luftfahrtzeugen mit
geringeren umwelt- und
klimaschädlichen Emissionen immer positiv und
wichtig.“ Nähere Details
Kein Rütteln an neutraler Abgabe
hierfür könnten aber noch
nicht verkündet werden,
schließlich „läuft aktuell die
Prüfung, wie es im Flughafenentgeltegesetz vorgesehen ist“. Die Erfahrungen
der Innsbrucker mit diesem neuen System könnten
aber, so heißt es aus dem
Ministerium, „in künftige
Arbeiten zum Flughafenentgeltegesetz einfließen“.
Eine Absage gibt es aber
hinsichtlich der Aufkom-
mensneutralität dieser Landegebühren. Das Ministerium verweist hier auf die
europäische Gesetzeslage
(Airport Charges Directive
der EU 2009/12/EG): „Die
europäische Rechtsgrundlage lässt aber nur zu, dass
die Flughäfen von den Airlines Gebühren bis zur Höhe der entstehenden Kosten
einheben.“ Insofern seien
diese Modelle „erlösneutral“ zu gestalten. (mami)
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ne Sportflugzeuge, deren
Motoren oft in der Zulassung
keinen NO,-Wert aufweisen
würden, unter die neue Regelung fallen, muss noch abschließend geklärt werden.
„Unser Wunsch wäre aber,
dass alles, was bei uns fliegt,
unter die emissionsabhängigen Landesgebühren fällt.“
Bis Mitte Oktober sollten die
Zahlen am Tisch liegen. Als
Sockelbetrag für Kleinflugzeuge hält Pernetta einen Euro für realistisch. Bei den größeren Flugzeugen werde „das
zusätzliche Entgelt dagegen
definitiv sehr viel höher ausfallen“.
Die Crux an der Sache: Dem
Flughafen dürfen dadurch
keine Mehreinnahmen entstehen. Wie schon bei den
Lärmgebühren muss das System „aufkommensneutral“
gestaltet werden, verweist
Pernetta auf EU-rechtliche
Vorgaben aus dem Ministerium. Ein kompliziertes Abrechnungssystem in Abstimmung mit dem Ministerium,
das sich vereinfacht so umschreiben lässt: Für alle Nutzer muss im Folgejahr 2024
das Landeentgelt genau um
den Prozentsatz abgesenkt
werden, damit die sauberen
Flugzeuge finanziell profitieren und die „Stinker“ unterm Strich einen spürbaren
Aufschlag zahlen. „Die Absenkungen und Erhöhungen
müssen immer vom Ministerium genehmigt werden“,
sagt Pernetta. Über die Jahre
gerechnet also für den Flughafen ein Nullsummenspiel.
Aber ein ökologisches.