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Tiroler Tageszeitung

„Mutter kämpft um Recht auf Wohnung“, Seite 14

Mutter kämpft um Recht auf Wohnung

Es gibt derzeit keinen Rechtsgrund, gewalttätige Lebensgefährten aus dem Mietrecht auszuschließen.
Der Fall einer jungen Mutter, über den wir berichteten, regt weiter auf. Juristen suchen nach einer Lösung.

Von Michaela S. Paulmich!

Innsbruck — Die Stadt Innsbruck berät über neue Richtlinten bei der Wohnungsvergabe, Anlass dafür sind Fälle
wie der einer jungen Murtter,
die Ihrem gewalttätigen Ex-
Lebensgefährten und Vater
des gemeinsamen kleinen
Kindes die Wohnungsschlüssel aushändigen soll, wir haben darüber berichtet. Nach
Ablauf des Betretungsverbots
und der einstweiligen Verfügung zum Schutz vor Gewalt
in Wohnungen hat der Mann
vor Gericht in erster Instanz
ein Rückkehrrecht In die gemeinsam angemietete Stadtwohnung erwirkt. Beide sind
Mietvertragspartner.

lich, dass es einen
Nachholbedarf gibt,
wus die Rechtsprechung
betrifft.“

Herbert Praxmarer (Rechtsanwalt, Rechtsvertreter der Mutter)

Die Berufung lKäuft gerade,
es wird wohl noch mehrere
Wochen dauern, bis die Mutter mit einer Entscheidung
rechnen kann, dabei würde
sie dieses schwierige Kapltel germe endlich abschließen
und nach vorne schauen, Das
ist derzeit nicht möglich, klar
ist aber vor allem: Darf er tarsächlich wieder einziehen —
und offensichtlich will er das
unbedingt —, wird sie mit dem
kleinen Kind nicht bleiben,
te. Und dann braucht sie eine
neue Wohnung, Er darf einztehen, sie muss gehen - eine für
die Frau nicht nachvollziehbare Rechtssituation.

Der Fall zeigt deutlich, dass
es einen großen Nachholbedarf gibt, was die Rechtsprechung bei dieser Thematik
betrifft, aber auch die Regelungen für Wohnungen, die
von der öffentlichen Hand vergeben werden, wie der Innsbrucker Rechtsanwalt Herbert
Praxmarer sagt, der die Murtter vertritt. Seiner Mandantin
würden gleich mehrere Fragen
zu schaffen machen: die Unsicherheit, ob sie in der jetzigen
Wohnung bleiben kann oder
wenigstens sofort eine andere, gleichwertige Stadtwohnung erhält, „oder aber — und

so wurde es ihr bei der Wohnungsvergabestelle mehrfach
mitgetellt — auf die Warteliste
gesetzt wird und mit einer Zuteilung frühestens in zwei Jahren rechnen kann“. Von Seiten
des Stadt hieß es inzwischen
dazıu allerdings, dass es Möglichkeiten gebe, in Fällen wie
vorzuziehen.

Der Gewalttäter

Wflel*il‘ßfilüß.““‘dd‚ül*-d.äflfllflthüllül.
Rechtssituation, grknat Caa

Gemnerell gelte es aber Richteinzuführen, -

klar geregelt, Bei einer Scheidung könnte jener Partner in
der Wohnung bleiben, der ein
dringendes Wohnbedürfnis
hat.“ Das wäre zum Beispiel ei-

auch Elngriff in den Mietvertrag zu nehmen. Seine Klientin
ist aber nicht verheiratet.

Laut Klaus Lugger - Wohnexperte im T7T-Ombudsteam

— sollte vermehrt darauf aufmerksam gemacht werden.
dass Leb -
ten In vielen Berelchen Wweniger Schutz bieten, so auch
bei Bürgschaften, Schulden
oder der Auftellung von Wohnungsinventar, Mit entsprechenden rechtlich verbindlichen Verdnhamngen könnte
aber Frau

enorganlsaflonen könnten
hier vermehrt aktiv werden.
Als langjähriger Leiter des
Wohnbauträgers Neue Helmat Tirol hat er sich bereits
vor Jahrzehnten dafür eingesetzt, dass beide Eheleute in
einem Miet- bzw, Wohnungseigentumsvertrag stehen. Und

Seite 5 von 15

das in e
erZeh in der es als
selbstverständlich angesehen
wurde, dass don nur der Na-

me des Mannes stand, „Mir
war wichtig, dass die Frauen
abgesichert sind“, so Lugger.
Im aktuellen Fall haben laut
Wohnung zu bleiben. Hier
brauche es endlich eine Regelung, dass nicht der Gewalttä-

ter bleiben darf, während das
Opfer weichen muss - auch
für den Ombudsmann eine

schen auch den Innsbrucker
Rechtsanwalt und Mietrechtsexperten Joachim Tschütscher. Er bringt eine weitere
Möglichkeit, die zur Lösung
beitragen könnte, ins Spiel:
„Wenn zwei Personen miteln-

ander eine Wohnung mieten,
sind sie Mitmieter und bilden
eine Rechtsgemeinschaft. Jede Gemeinschaft kann aus
wichtigen Gründen aufgelöst
werden. Wenn das nicht im
Einvernehmen geht, steht dafür die Teilungsklage zur Ver-

Diese gibt es nicht nur
für Miteigentümer, sondern
auch für Mitmieter.“ Bringe
die Frau die Klage auf Aufhebung der Mitmietergemeinschaft bei Gericht ein, werde
ihr ein Beklagter
nicht viel entgegenhalten können. „Die Gemeinschaft wird
per Urteil aufgehoben und
die Stadt hat eine rechtliche
Grundlage dafür, die Frau zu
schützen und ihr das alleinige
Mietrecht zu lassen. Es ist ein
mühsamer Weg, aber mit der
Aussicht auf ein gutes Ende“,
so Tschütscher. Allerdings gebe es dafür keine ihm bekannte einschlägige Entscheidung,
Es sei deshalb dringend nötig,
hier entsprechende Möglichkeiten zu schaffen.

Praxmarer hält diesem Vorschlag entgegen, „dass nach
erfolgreicher Auflösung der
Rech! trotzdem
kein Rechtsanspruch meiner
Mandantin auf alleinige Fortsetzung oder Erneuerung des
Mietverhältnisses besteht“.
Man könne weder die Stadt
noch die Vermieterin dazu
verpflichten, das Mietverhältnis allein mit seiner Mandantin fortzusetzen oder zu erneuem, so der Jurist,

Die Stadt Innsbruck müsste
verpflichtende und einklagbare Klauseln in Mietverträgen

einbauen, wonach sich beide
Mieter bei Zuteilung der Wohnung der Stadt gegenüber verpflichten, bei Auflösung der
ten jenes Elternteiles, bei dem
der hauptsächliche Aufenthalt des gemeinsamen Kindes
Negt, auf das Mietrecht zu verzichten. Das bedeutet im gegenständlichen Fall, dass der
Kindesvater weichen müsste,

‚ Die Stadt hat eine

Aktuell stellt sich allerdings
die Frage, ob das beim zwingenden Mietrechtsgesetz
überhaupt möglich ist, Ombudsmann Lugger bedauert,
dass es keinen Rechtsgrund
bietet, einen gewalttätigen
Lebensgefährten aus dem
Mietrecht auszuschließen, Er
richtete deshalb an Frauenministerin Susanne Raab eine
Anfrage, „ob nicht im Mietrechtsgesetz ein Kündigungstatbestand für solche Rechtsbrecher eingeführt werden
sollte“. Aus seiner eigenen
20-jährigen Tätigkeit im Parlamentsclub als Experte für
den Wohnbereich wisse er natürlich, „dass gerade das Kündigungsrecht im Mietrechtsgesetz sehr ungem angerührt
wird. Die Vielzahl der Wegweisungen lässt aber darauf
schließen, dass es viele ähnliche Probleme geben muss.“

In der dem Ombuds-Team
inzwischen vorliegenden Antwort bedankt sich Raabs Sprecherin Laura Farley dafür,
dass auf diese Problematik
aufmerksam gemacht werde,
allerdings liege die Kompetenz bezüglich des Farnilienbzw. Mietrechts beim Justizministerlum. Das Team der
Bundesministerin werde die
Themafrik allerdings im Kopf
behalten. Da sich diese grundsätzliche Rechtsfrage wohl
nur mit einem neuen Kündigungstatbestand für Gewalttäter im Mietrechtsgesetz lösen
wird, wird das Ombuds-Team
nun auch noch an Justizministerin Alma Zadi6 herantreten mit dem Vorschlag, diesen
einzuführen.