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Jahr: 2022

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Tiroler Tageszeitung

„Stadt zittert um Vorkaufsrecht“, Seite 5

Stadt zittert um Vorkaufsrecht

Nicht nur in Innsbruck besteht bei wohnbaugeförderten Wohnungen ein Vorkaufsrecht der
Gemeinde. Der Text solch einer Klausel widersprach laut Gericht aber Konsumentenschutz.

Von Reinhard Feilner

Innsbruck — Fördert die öffentliche Hand Wohnbau,
verfolgt sie meist soziale
Zwecke damit, Gerade beim
Erwerb von Wohnungen im
städtischen Bereich, wo das
Preisniveau in den letzten
Jahren regelrecht explodiert
ist, gilt es deshalb, Wohnen
zu ermöglichen, aber nachfolgende Spekulation mit
einst geförderten Objekten
zu verhindern. Dies regelte

die Stadt Innsbruck in den Kaufverträgen
von Wohnbaufrägern über
eingetragene Vorkaufsrechte,

hat ein generütionenübergreifendes Belas-

Im Fall einer Wohnanlage,
welche die Stadt Innsbruck
durch günstigen Grundverkauf an den Bauträger und
etliche Zusatzmaßnahmen
schon vor Baubeginn unterstützt hatte, wurde das
Vorkaufsrecht umfassend
formuliert. So wurde es für
alle Veräußerungsarten unbefristet fixiert, enthält eine
Beschränkung des Verkaufspreises — als „Vorkaufspreis“
wurde der Kaufpreis gemäß
Wohnbauförderungsricht!lnien in der jewells gültigen
Fassung vereinbart — und beschränkt den Kreis der Erwerber. Nur eine Veräußerung
zwischen Ehegatten sowie
an die Kinder sollte das Vorkaufsrecht der Stadt nicht
auslösen. Auch hier wiederum erlöscht es aber nicht,

sondern ist von Kind oder
Gatten wieder voll grundbücherlich zu übernehmen -
somit wirkt das Vorkaufsrecht
generationenübergreifend.
Dagegen wandte sich eine
Käuferin mit einer Klage ans
Landesgericht. Über Rechtsanwalt Martin Wuelz begehrte sie die Löschung der Vorkaufsrecht-Klausel aus ihrem
Kaufvertrag, RA Wuelz brachte vor, dass die Klägerin beim
Wohnungskauf im Jahr 2014
über das Vorkaufsrecht nur
unzureichend Informiert gewesen sei, damals sei von el-

ner zeitlichen Befristung von
zehn Jahren die Rede gewesen, Gleichzeitig sei aus der
Klausel, die das Vorkaufsrecht
regelt, eben nicht ersichtlich,
wie sich ein Vorkaufspreis bilde, und insofern die gesamte
Klausel intransparent und aus
dem Vertrag zu entfernen.
Die Stadt bestritt und führte aus, dass durch die Klausel vermieden werden sollte,
dass geförderte Wohnungen
auf den Markt gelangen und
so als Spekulationsobjekte
dienen würden. Zudem habe
die Klägerin, wie alle anderen

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Käufer, vor dem Kauf über
das Vorkaufsrecht Bescheid

gewusst.

Richter Markus Schranz las
am Landesgericht den Kaufvertrag und fällte ein eindeutiges und wohl über den
Einzelfall weit hinausgehendes Urteill: „Die Käuferin ist
Verbraucherin, sohin kommt
Konsumentenschutzrecht
zur Anwendung, Somit ist das
Transparenzgebot bei Verträgen zu beachten. Der zur Berechnung des Vorkaufspreises getätigte Verweis in der
Klausel auf aktuell geltende

Wohnba tlinien ist für einen durchschnittlichen Konsumenten weder
klar noch verständlich noch
durchschaubar und verstößt
somit gegen das Transparenzgebot. Die Klausel ist somit
zur Gänze nichtig und damit
ungliltig und aus dem Vertrag
zu entfernen.“

„ Das Urteil wurde
dem Stadtsenat
vorgelegt. Dieser entscheidet über eine
fungserhebung.“

Joachim Tschütscher
(Rechtsamwalt für die Stadt Ibk.)

Richter Schranz abschlie-
Bend: „Auch wenn die Stadt
den Vertrag ohne Vorkaufsrecht-Klausel nicht abgeschlossen hätte, vermag dies
am Verstoß gegen das Trans-
Losgelöst von politischen
OÜberlegungen, die natürlich
ein Vorkaufsrecht in einem anderen Licht erscheinen lassen,
ist hier im Sinne des Regulatives des Konsumentenschuftzgesetzes das Klagebegehren
als berechtigt anzuseben,“

Anwalt Wuelz zur 7T7: „Die
Stadt hart über dieses generationenübergreifende Belastungsmodell völlig unklare
Regelungen getroffen, was
schlicht unzulässig ist. Je stärker vertragliche Belastungen
Konsumenten treffen können, umso klarer müssen die
Vertragsbedingungen seln.“

Anwalt Joachim Tschürtscher für die Stadt: „Die Problemaftik ist hochbrisant, da es
letztlich darum geht, die Spekulation mit Stadtwohnungen
zu verhindem. Der Stadtsenat
muss numn über eine Berufungserhebung entscheiden.“