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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_03_23_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Pläne für Bozner Platz sind geplatzt“, Seite 21
Pläne für Bozner Platz sind geplatzt
Siegerprojekt kommt in dieser Form nicht. „Für Innsbruck“, Teile der ÖVP und „Lebenswertes Innsbruck“
wollen Platzgestaltung nach den Wahlen neu angehen. Kopfschütteln bei den Grünen, ÖVP komplett gespalten.
Innsbruck - Schon vor der
heutigen Sitzung des Innsbrucker Gemeinderates ist es fix:
Der Antrag auf Umsetzung des
Siegerprojektes zur Neugestaltung des Bozner Platzes wird
keine Mehrheit finden — der
Umbau somit in die nächste
Periode nach den Neuwahlen
verschoben.
Mandatarinnen von Für
Innsbruck (FI), Teilen der ÖVP
(mit Seniorenbund) und der
von den Grünen abgespaltenen Fraktion „Lebenswertes
Innsbruck“, die zusammen
rund ein Drittel des Gemeinderates repräsentieren, gaben
gestern gemeinsam bekannt,
dem vorliegenden Projekt im
Gemeinderat nicht zuzustimmen. Nachdem FPOÖ, SPÖ und
die Kleinfraktionen schon zuvor ihre Ablehnung — aus verschiedenen Gründen — kundgetan hatten, ist jede Chance
auf eine Mehrheit weg.
Für den Antrag dürften aus
jetziger Sicht im Gemeinderat wohl nur die verbliebenen Grünen, die NEOS und
Teile der ÖVP — darunter Vize-BM Hannes Anzengruber
und Verkehrsausschuss-Obfrau Mariella Lutz — stimmen. Im Stadtsenat wurde
die Beschlussvorlage gestern
schon mit den Stimmen von
Für Innsbruck, FPÖ und SPÖ
mehrheitlich abgelehnt.
„Große Projekte brauchen
große Mehrheiten“, sagte Wirtschaftsstadträtin Christine Oppitz-Plörer (FI), diese seien vor
allem durch kommunikative
und handwerkliche Fehler der
Grünen „auf dem Weg verloren
gegangen“. Selbst wenn man
eine knappe Mehrheit für den
Grundsatzbeschluss geschafft
hätte, „würde der Umbau
dann mitten im Wahlkampf
Wie das einsame Einkaufswagerl bleibt auch die lange vorbereitete Neugestaltung des Bozner Platzes bis auf Weiteres lrgendno im Nirgendwo stehen.
Einen neuen Anlauf wird es nun erst im nächsten Gemeinderat, nach den Wahlen, geben - naturgemäß mit völlig offenem Ausgang.
realisiert, Mehrheiten für die
weiteren nötigen Umsetz -
beschlüsse wären fraglich“,
glaubt Oppitz-Plörer. Daher
wolle man das Projekt, das in
seinen Grundzügen „nicht so
schlecht“ sei, dem nächsten
Gemeinderat überantworten,
nachbessern und dann auf
breiter Basis beschließen.
FI-Klubobmann Lucas
Krackl erklärte, dass nun „die
Zeit für konstruktives Nachdenken” gegeben sei und der
Bozner Platz „größere Visionen“ brauche — in Richtung
einer Fußgängerzone statt einer Begegnungszone. Zudem
hätten sich seit dem Wettbewerb auch die „Ansprüche
der Bevölkerung in Sachen Kli-
mafitness“ geändert. GR Markus Stoll (FD, Obmann des Finanzausschusses, nannte als
Hauptargument die Kostenentwicklung: Erste Schätzungen seien noch von 3,2 Mio.
Euro ausgegangen, inzwischen
liege man bei „mehr als 11 Mio.
Euro brutto“.
GR Birgit Winkel (ÖVP) —
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die dem Arbeitnehmerflügel
AAB angehört - vermisst beim
Siegerprojekt die „Familientauglichkeit”: „Wo bleibt das
Grün? Und wo die Sicherheit,
wenn in der Begegnungszone
dann 20.000 Autos ‚gleichberechtigt‘ mit 40.000 Fußgängern existieren sollen?“
Vor allem bei den Jungen
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gebe es Zweifel an der Aufenthaltsqualität und der Sicherheit für Fußgänger, meinte auch GR Marcela Duftner
(Lebenswertes Innsbruck). Sie
ortet nun die „große Chance“,
etwas Neues, Visionäres zu
entwickeln.
Mit Verbesserungsvorschlägen —- etwa im Hinblick auf
sichtbares Bodengrün am
Platz — sei man bei der ressortzuständigen Stadträtin
Uschi Schwarzl (Grüne) „nicht
durchgedrungen“, erklärte Oppitz-Plörer weiter.
Bei den Grünen lösen all
diese Argumente nur noch
Kopfschütteln aus: Dass das
Siegerprojekt nicht umgesetzt
wird, sei „ein schwerer Schlag
gegen die innerstädtische
Wirtschaftskraft, gegen die Klimawandelanpassung und die
Aufenthaltsqualität“, meinte
Schwarzl.
Die von FI genannten Zahlen weisen die Grünen klar zurück: Die geschätzten Gesamtkosten lägen nach wie vor bei
9,3 Mio. Euro brutto — inklusive Planungskosten und eines
25-prozentigen Sicherheitspolsters. Und dafür könnte
man 4,7 Mio. an Förderungen
von Bund und Land abholen,
wiederholte BM Georg Willi —
Geld, das nun weg sei.
Willi kritisierte vor allem Für
Innsbruck scharf: „Am Anfang
dabei sein und für das Siegerprojekt eintreten, dann, wenn
es ernst wird, einen Rückzieher
machen“, das sei typisch für
die Politik von FI. StR Oppitz-
Plörer führe dabei „die große
Regie“.
Besonders pikant ist die Situation bei der ÖVP, die in der
Frage der Neugestaltung total gespalten auftritt: Vize-BM
Hannes Anzengruber ist weiter klar für die Umsetzung des
Siegerprojektes: Die Neugestaltung sei „mit bestem Wissen und Gewissen vorbereitet
worden“, die Klimafitness gegeben. Ohne Umsetzung würden weitere Betriebsabsiedelungen im Umkreis drohen.
Die ÖVP bilde die Breite der
Bevölkerung ab, „demokratische Beschlüsse sind dort zugelassen“. Aber: „Es ist schade,
wenn man nicht mehr zu einer
Entscheidung steht.”
SPÖ-Stadträtin Elisabeth
Mayr, die vor allem kritisiert,
„wie dieses Projekt aufgesetzt
und vorbereitet wurde“, teilte
in alle Richtungen aus: „Die
Grünen können nicht, die anderen wollen nicht.“ (md)