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Jahr: 2023

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Tiroler Tageszeitung

„Arbeit von Frauen sichtbar machen“, Seite 6

„Arbeit von Frauen sichtbar machen“

Von den Protesten gegen die Ablöse Enrique Gasa Valgas will sich die kommende Landestheaterchefin
Irene Girkinger nicht beirren lassen. Im TT-Gespräch erklärt die Neue sich und ihr erstes Programm.

Frau Girkinger, Ihr erstes
Auftreten in Tirol vor einem
Jahr ähnelte einem Aufprall. Ihre Entscheidung,
den populären Tanzchef
Enrique Gasa Valga durch
zwei neue Direktoren zu
ersetzen, sorgte für heftige,
anhaltende Proteste. Wie
geht es Ihnen heute damit?
Irene Girkinger: Dass Gasa
Valgas Ablöse sang- und
klanglos über die Bühne geht,
war nicht zu erwarten. Aber
dass die Diskussion darüber
nun schon Monate anhält,
ist ungewöhnlich. Das ist gefühlsmäßig für mich ein Auf
und Ab. Ich schätze Gasa Valgas Arbeit, aber nach 14 Jahren unter seiner Führung ist
eine Veränderung im Tanzbereich wichtig. Ich möchte das
Ensemble breiter einsetzen,
was mit Gasa Valgas Vorstellungen wohl nicht so leicht in
Einklang zu bringen wäre.
Das Thema ist nicht ausgestanden. Gasa Valga will in
Innsbruck u.a. durch Spen-

Ich freue mich für Gasa Valga,
dass er so viele UnterstützerInnen hat, viele andere freie
Kulturinitiativen haben das
nicht. Es gibt außer in Wien
nirgends eine so große Leidenschaft für das Theater wie
in Tirol mit seinen vielen Vereinen und der Musikszene.
Worauf soll sich das Publikum im Landestheater unter Ihrer Führung einstellen:
weniger Berieselung, mehr
Konfrontation, weniger
brave Zugänge, sondermn direktere und frechere?
Girkinger: Es wird keine Provokation um der Provokation willen geben. Es geht mir
darum, zeitgenössische Themen aufzugreifen und kritisch
zu hinterfragen. Aufrütteln
ja, aber nicht verstören. Wir
werden auch klassische Stoffe wie Shakespeares „Was ihr
wollt” neu lesen. Wir wollen
Emotionen in alle Richtungen
16 Ich bin begeistert
von der laufenden modernen
„Hamlet”-Inszenierung im
Landesth mit Live-Rock-

den ein eigenes E bl

und eigene Produktionen

auf die Beine stellen.
Girkinger: Die Auseinandersetzung ist nicht vorbei, aber
sie tut der Kultur gut. Wir am
Landestheater und Gasa Valga verfolgen andere Ziele. Wir
wollen am Theater künftig
eine größere Vielfalt im Tanz.

musik. Die klassischen Texte
haben Kraft, aber man muss
sie in einen heutigen Kontext
setzen. Dann bleiben sie im
Gedächtnis der Menschen.
Angenommen, das Große
Haus ist bei den ersten Premieren Ihrer Intendanz im
Herbst nicht volL. Wäre das

ein verpatzter Auftakt?
Girkinger: Ein Wechsel an der
Spitze eines Theaters bringt
meist einen gewissen Besucherrückgang mit sich. Das
ist ein normaler Prozess. Ich
glaube aber, dass wir mit unserem Programm das Publikum schnell zurückgewinnen.
Die beiden Theatereigentümer Land und Stadt stehen
hinter meinem Konzept. Sie
ließen eine junge Generation

Irene Girkinger, Jg. 1976, stammt aus Linz und Ist ausgebildete Dramaturgin. Seit 2012 leitete sie die Vereinigten Bühnen Bazen. Im Herbst 2023 übernimmt sie die Iintendanz am Timler Landestheater.

ans Ruder, um frischen Wind
ins Landestheater zu bringen.
Sie forcieren weibliche Führungspersonen: Sechs von
acht Spitzenjobs haben Sie
mit Frauen besetzt. Ist das
Theater immer noch zu
männlich dominiert?
Gir!| : Es gibt vereinzelt
Intendantinnen, aber an der
Spitze der meisten Theater
stehen unverändert Männer,
auch in der klassischen Musik
ist das so. Viele Frauen standen bisher tatkräftig in der
zweiten Reihe, das galt lange
Zeit auch für mich. Jetzt rücken sie langsam in die erste Reihe auf. Das heißt aber
nicht, dass für die Männer
dort kein Platz mehr ist. Es
geht einfach darum, die Arbeit
von Frauen sichtbar zu machen. Wir werden ab Herbst

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Pa kaı orgn

’ ‚ Land und Stadt
ließen eine junge
Sfrischen Wind ins Landes-

theater zu bringen.“

Irene Gärkänger (Intendantin des
Landestheaters ab Herbst "23)

viele Regisseurinnen bzw. Dirigentinnen bei Produktionen
des Landestheaters und des
Tiroler Symphonieorchesters
Innsbruck (TSOI) erleben.
Apropos — die Spitze des Orchesters ist noch unbesetzt.
Sie wollen nur mehr eine
Person mit der TSOI-Leitung beauftragen anstatt
wie bisher zwei. Wird es eine Chefdirigentin?
Girkinger: Wir sind mit einer
Person am Verhandeln, lange

wird es nicht mehr dauern.
Mehr möchte ich dazu derzeit
aber nicht sagen.
Sie möchten verstärkt innerhalb der Euregio mit
Südtirol und dem Trentino
zusammenarbeiten. Sehen
Sie Anzeichen dafür, dass
die Euregio mehr sein kann
als ein Schlagworf?
Girkinger: Die Euregio Tirol
ist in den Köpfen ihrer BewohnerInnen noch nicht vollständig angekommen. Es ist
schon so, dass sich Tirol und
Südtirol in vielen Bereichen
nicht unbedingt füreinander
interessieren. Es liegt auch an
uns, dieses Vakuum zu füllen
und zu zeigen, was die Euregio kultureil zu bieten hat.
Das Theater kann dazu einen
Beitrag leisten. In meinen elf
Jahren als Intendantin der
Vereinigten Bühnen Bozen
habe ich mich intensiv mit
dem Thema beschäftigt.
Falls Sie nach einem Jahr
Bilanz ziehen und erkennen
müssen, dass Ihr Programm
zu wenig Anklang findet:
Würden Sie Ihren Kurs als
Folge dessen korrigieren?
Girkinger: Ein Jahr ist dafür
zu kurz gegriffen, Es gibt viele
Veränderungen am Landestheater, die brauchen Zeit.
Die ersten zwei Spielzeiten
werden wir schon benötigen,
um wirklich Bilanz ziehen zu
können. Ich bin für fünf Jahre
bestellt. Ich und mein Führungsteam sind keine Jobhopper. Wir haben uns bewusst
für Innsbruck entschieden.
Wir wollen uns auf Tirol einlassen und lassen uns nicht so
schnell entmutigen.

Das Gespräch führte
Markus Schramek