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Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_03_26_Presse_OCR
- S.9
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Tiroler Tageszeitung
„App-Bericht: Anzengruber unter Druck“, Seite 18
Bürgermeister Johannes Anzengruber hat Erklärungsbedarf.
Fotc: Böhm
App-Bericht:
Anzengruber
unter Druck
Intransparenz, eine fragliche Auftragsvergabe und fehlende Bedarfsprüfung
wirft das Kontrollamt dem nunmehrigen
Bürgermeister Anzengruber vor.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck — Seit der Gemeinderatswahl 2024 sitzt Johannes
Anzengruber auf dem Innsbrucker Bürgermeistersessel.
Knapp ein Jahr danach holt
Anzengruber nun die politische Vergangenheit ein. Hat
der städtische Rechnungshof
(früher Kontrollamt) doch
ein umstrittenes Projekt aus
Anzengrubers Zeit noch als
VP-Vizebürgermeister durchleuchtet: die Lern-App „Innsbruck Gemeinsam“. Und der
Bericht wirft ein mehr als
zweifelhaftes Bild auf Genese,
Beauftragung und Abwicklung
dieser App. Ein Bericht, der
Anzengruber nun politisch gehörig unter Druck und in Erklärungsnot bringt.
Die App-Causa hat sich
aus Anzengrubers „Erlebnis-
Card-Affäre“ herausgeschält.
Zig dieser Karten hatte dieser
von einer privaten Firma zur
Verfügung gestellt bekommen und sie u. a. an Blaulichtorganisationen „vermittelt“.
Gleichzeitig war diese Firma
aber auch für die Entwicklung
der Lern-App verantwortlich.
Ein Projekt, für welches Anzengruber und dessen damaliges Büro die Fäden zogen. Das
führte zu politischen Fragen
und zur App-Prüfung durch
das Kontrollamt.
Reaktionen:
Liste Fritz: Für Liste-Fritz-
Gemeinderätin Andrea
Haselwanter-Schneider zeigt
der Prüfbericht, dass „Anzengruber gegen grundlegende
politische Anstandsregeln
verstoßen“ habe. Er habe
„am Stadtsenat vorbei gehandelt“. Nun solle er das
Geld „wieder rückfordern“.
Freiheitliche: FP-Stadtrat
Markus Lassenberger wirft
Anzengruber vor, „Wasser zu
predigen, aber Wein zu trinken“.
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Die Stadt-Kontrolleure
wurden auch fündig. In Summe hatten die Aufträge der
Stadt rund 47.000 Euro gekostet. Aufgeteilt auf drei
Tranchen und unterschiedliche Ämter (Allgm. Sicherheit, Gesundheit, Berufsfeuerwehr). Bei den ersten zwei
Aufträgen erfolgte die volle
Kostenbegleichung in einem
Fall entgegen einer vereinbarten Teilzahlung, im anderen noch bevor die Leistung
vollständig erbracht worden
sei, wie die Prüfer monieren.
Stadtsenatsbeschluss nötig?
Der Bedarf für die Entwicklung der App ist für das Kontrollamt ebenso nicht nachvollziehbar. So zeigte man
sich „verwundert“, dass zwei
Angeboten/Aufträgen „keine
konzeptiven Unterlagen“ beilagen. Die Prüfer schließen
daraus, dass die Ämter nicht
in die Erstellung der App-
Inhalte eingebunden waren,
sondern lediglich Aufträge
aus Anzengrubers Vize-Büro
ausführten. Dies hatte rathausintern bereits der Vorstand des Amtes für Wald und
Natur kritisiert. Im Sinne der
magistratsinternen Compliance-Richtlinie zum Umgang
mit öffentlichen Aufträgen
hätten die Ämter auch Prüfungs- und Dokumentationsvorgaben verletzt. Das
wiederum verhinderte die
grundsätzliche Beurteilung
der Prüfer, ob die Aufträge
zu subsumieren und somit
für die Vergabe ein Senatsbeschluss nötig gewesen wäre.
Die Grenze liegt bei 25.000
Euro. Datenschutzrechtliche
Bedenken führten schließlich
zur App-Entfernung per Magistratsdirektion.
Anzengrubers Büro äußerte
sich gegenüber den Prüfern,
die Fachdienststellen auf ihre
gemäß Magistratsgeschäftsordnung bestehende „Verpflichtung zum ordnungsgemäßen vergaberechtlichen
Handeln“ hinzuweisen.