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Jahr: 2023

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- S.8

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Tiroler Tageszeitung

„Innsbrucks vergessener Stadtchef“, Seite 20

Innsbruck —- Patscherkofelund Nordkettenbahn, Hallenbad Amraser Straße, die erste
Bergiselschanze, aber etwa
auch das Achenseewerk: Zahlreiche Infrastrukturprojekte,
die Innsbruck und Tirol nachhaltig prägten, entstanden
in der Bürgermeisterära von
Anton Eder (1868-1952). Dennoch ist er, bis auf eine nach
ihm benannte Durchzugsstraße in Pradl, weitgehend
aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwunden. Ein
neues Buch — „Bürgermeister
Dr. Anton Eder. Seine Familie
und sein politisches Wirken in
Innsbruck 1923-1929“ — soll
genau das nun ändern.
Verfasst hat es der namhafte
Historiker Meinrad Pichler, als
Initiatoren und Herausgeber
fungieren Joe Armellini und
Gattin Christine. Sie ist die
jüngste von drei noch lebenden Enkelinnen Eders — das

neue Buch wurde genau an
ihrem 80. Geburtstag im Bürgersaal des Alten Rathauses
präsentiert. Just dort war Eder
100 Jahre zuvor zum Stadtchef gewählt worden. „Er hat
in sechs Jahren extrem viel geleistet und bewegt, das wird
viel zu wenig gewürdigt“, sagt
Joe Armellini, der mit seiner
Gattin in Vorarlberg lebt.
Dass Eder bisher „im Schatten der Tiroler Geschichtsschreibung“ stand, wie es Historiker Pichler ausdrückt, hat
Gründe: Der gebürtige Südtiroler — dessen deutschnationale Gesinnung sicher durch
die Abtrennung Südtirols verstärkt wurde — war Mitglied
der Großdeutschen Volkspartei. Und die meisten Deutschnationalen wechselten später mit fliegenden Fahnen zu
den Nazis. Auch Eder trat im
Herbst 1939 der NSDAP bei,
nahm dort laut Pichler aber

keine Funktionen ein - für den
Historiker Voraussetzung, den
Buchauftrag anzunehmen.
Im ÖVP-geführten Innsbruck
nach 1945 bestand jedenfalls
„kein Interesse, an Eder zu er-

Die Enkelinnen Christine Armellini, Liselotte Schwartz (eigens aus Florida angereist) und Waltraud Pircher (v.1.)
freuen sich über späte Aufmerksamkeit für ihren Großvater Anton Eder (1868-1952). Fotos: Domanig, Famienarchiv Armellinil

innern“,

Dabei sei „Innsbruck, wie
es heute ausschaut, zu einem
großen Teil in dieser Epoche
geschaffen“ worden, hält Pichler fest. Die Sozialdemokraten

— damals stärkste Kraft in der
Stadt, aber selbst ohne Chance auf tragfähige Mehrheiten
— hievten den Großdeutschen
Eder 1923 von Platz drei auf
den Bürgermeistersessel.

Innsbrucks vergessener Stadtchef

Prägender Bürgermeister und „Großdeutscher“: Ein neues Buch rollt Leben und Wirken von Anton Eder auf.

Sechs Jahre lang stand die
ungewöhnliche Koalition für
eine aktive öffentliche Investitionspolitik: Im Kampf gegen
die massive Wohnungsnot
(Familien hausten sogar in alten Eisenbahnwaggons) setzte
man auf sozialen Wohnbau,
wovon bis heute der Pembaur- und Schlachthofblock
zeugen. Neben den eingangs
genannten Großprojekten
gelang auch der strukturelle
Wiederaufbau im Bereich Kultur, Sport und Tourismus.

Christine Armellini erinnert
sich freilich in erster Linie an
einen liebevollen Opa —- wegen Schwerhörigkeit meist mit
Hörrohr — und daran, dass sie
als Jüngste auf seinem Schoß
sitzen durfte: „Das war für
mich das Schönste.“ Das neue
Buch - zugleich eine Familienchronik - wird voraussichtlich
über Wagner’sche und Tyrolia
zu beziehen sein. (md)

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