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Jahr: 2025

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Tiroler Tageszeitung

„Alte Vereinshütte plötzlich Feriensitz‘“, Seite 16

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— .

1 und 4: 30 Stufen führen zum
Plumpsklo hinter der Hütte. 2:
Außen schmuck, innen spartanisch: Der vordere Teil ist nur
ein Aufenthaltsraum. 3: Drei
Matratzen und zwei Stockbetten haben unterm Dach
Platz. 5: Vereins-Vize Heinrich
Kelderer vor dem Holzherd. 6:
Einziger Wasserspender: der
Wasserbehälter im Felsen.

Fotos: Max Strozzi

Alte Vereinshütte plötzlich Feriensitz

31 Quadratmeter ohne Stromanschluss, Heizung und fließendes Wasser, dafür mit Plumpsklo, Stockbett und Matratzen:
100 Jahre alte Waldhütte eines Mini-Vereins gilt als Freizeitwohnsitz und muss Abgabe zahlen. Verein übt Kritik.

Von Max Strozzi

Innsbruck —- Die schmucke
Vereinshütte auf rund 1000
Metern Seehöhe ist bescheiden ausgestattet. Kein Stromanschluss, kein Sanitärraum,
keine Heizung, kein fließendes Wasser, kein Kanalanschluss. Wer zu dem rund 15
Meter außerhalb der Hütte
stehenden Plumpsklo will,
muss erst rund 30 Stufen steigen. Strom liefert ein kleines
PV-Element am Dach.

Etwa31 Quadratmeter Nutzfläche hat die Holzhütte, dazu
einen Aufenthaltsraum mit
10 Sitzplätzen. In der Kochnische steht ein Holzherd — die
einzige Wärmequelle. Über eine steile, enge Treppe klettert
man in den Schlafbereich mit
zwei schlichten Stockbetten
und drei nebeneinanderlie-

genden Matratzen. Und unter
dem Dach hat es sich sogar
eine Siebenschläfer-Familie
gemütlich gemacht. Wasser
kann nur aus einem etwa 100
Liter fassenden Vorratsbehälter bezogen werden, der in einem Felsen steht — das Wasser
rinnt direkt aus dem Gestein
in den Behälter.

560 Euro für Feriensitz fällig

Die vor mehr als 100 Jahren erbaute Hütte steht etwas oberhalb des „Höttinger
Bilds“ in Innsbruck im Wald
und dient dem Verein „Alpiner Verein Bergsöhne Innsbruck“ als Vereinshütte. Von
den millionenschweren Villen
und Penthäusern, wie man sie
von betuchten EU-Bürgern in
den vielen Tiroler Hotspots
von Kitzbühel bis St. Anton
kennt, ist die schlichte Be-

‚ Unsere Vereinshütte hat doch mit
einem Freizeitwohnsitz
nichts zu tun, sie ist ja
gar nicht bewohnbar.“

Peter Kreutz (Obmann Alpiner
Verein Bergsöhne Innsbruck)

hausung meilenweit entfernt.
Dennoch wird sie vom Innsbrucker Stadtmagistrat und
nun auch vom Landesverwaltungsgericht als Freizeitwohnsitz eingestuft - entsprechend
ist für den Verein daher eine
Abgabe fällig.

560 Euro müssen die 18
Mitglieder des Mini-Vereins
für das Jahr 2023 an Freizeitwohnsitzabgabe zahlen. Das
hat der Stadtmagistrat vorgeschrieben und das Gericht
nun bestätigt. Schon 2020
und 2021 wurde der Verein

zur Kasse gebeten und zahlte.
Nun zog man gegen die Abgabe vor Gericht, allerdings vergeblich.

Die knapp 2,60 Euro pro
Person und Monat wird man
für die Freizeitwohnsitzabgabe schon aufbringen, sagt
Vereinsobmann Peter Kreutz.
Verstehen kann er das Urteil
aber nicht. „Ich empfinde es
als Frechheit. Unsere Vereinshütte hat doch mit einem Freizeitwohnsitz nichts zu tun, sie
ist ja gar nicht bewohnbar“,
sagt Kreutz.

Ausnahmeregel griff nicht

Die meisten der 18 Vereinsmitglieder sind zwischen 60
und 80 Jahre alt. Man trifft
sich ein paarmal im Jahr bei
der Hütte, um sie in Schuss
zu halten, um gesellig beisammenzusitzen, um kleine

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Wanderungen zu unternehmen. Rund 15-mal im Jahr
übernachten dort vereinzelt
Vereinsmitglieder. Erreichbar
ist die Hütte nur zu Fuß oder
mit dem Fahrrad, die Zufahrt
mit einem Auto ist nur mit einer Sondergenehmigung über
den Forstweg erlaubt.
Kleinstgebäude, die sich
nicht für Wohnzwecke eignen,
sind per Gesetz (Tiroler Freizeitwohnsitz- und Leerstandsabgabegesetz, kurz TFLAG)
von der Freizeitwohnsitzabgabe ausgenommen, etwa Jagdund Fischereihütten oder
Schrebergartenhäuschen.
Auch Schutzhütten sowie gemeinnützige Kur- und Erholungsheime sind von der Abgabe befreit. All dies treffe auf
die Vereinshütte zu, argumentierten die „Bergsöhne“, blitzten damit aber vor Gericht ab.

Zwar stellte auch das Gericht selbst fest, dass die Hütte „einen überaus bescheidenen Standard“ aufweist und
sie auch nicht ganzjährig bewohnbar sei. Doch trotz der
„spartanischen Ausstattung“
sei die Wohneinheit so groß
wie eine kleinere Garconniere, mit Kochgelegenheit und
sieben Schlafplätzen. Damit
seien mehrtägige Aufenthalte
für Wohnzwecke möglich. Also Freizeitwohnsitz.

10 m? Freizeitwohnsitz

Es ist nicht das erste Mal,
dass Behörden und Gerichte schlichte Bauten als Freizeitwohnsitz einstufen und
Abgaben kassieren. Vor drei
Jahren etwa erhielt selbst eine
10 Quadratmeter kleine Hütte
den Stempel Freizeitwohnsitz
aufgedrückt.