Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_04_9_Presse_OCR
- S.40
Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
20er
nungsnot und der hohen Mietpreise im Ballungszentrum Innsbruck sicher ein schwieriges
Unterfangen” werde. Auch Michael Hennermann vom Verein für Obdachlose betrachtet den
langfristigen Weg aus der Obdachlosigkeit als
„immens schwer”. Grund seien neben den hohen
Preisen am privaten Wohnungsmarkt unter anderem die Anspruchsvoraussetzungen und langen
Wartezeiten in der städtischen Wohnungsvergabe. Bei Übergangswohnhäusern, Wohngemeinschaften und betreutem Wohnen ist der Bedarf
laut Peter Grüner vom DOWAS außerdem wesentlich höher als das Angebot. Mehrere Stellen
kritisieren außerdem die Situation in den Not-
schlafstellen. Hier sei die Auslastung fortwährend
hoch und die Qualität der Unterkünfte nicht immer ausreichend. Michael Hennermann betont,
dass man, um das Recht auf Privatsphäre zu gewährleisten, nicht um die Schaffung von Einzelzimmern herumkomme. Ein weiterer wiederholt
vorgebrachter Kritikpunkt betrifft die eingangs
erwähnten Alkohol- und Nächtigungsverbote,
die als Verdrängungspolitik wahrgenommen werden. Andere Aspekte funktionieren aber: In
Innsbruck besteht etwa die Möglichkeit, eine
Hauptwohnsitzmeldung, ohne dort zu wohnen,
einzurichten und auch das Recht auf Datenschutz
wird vielerorts ernst genommen.
Schlussendlich zeigt die Erklärung der Rechte
obdachloser Menschen vor allem auf, wo Angebot und Unterstützung noch Leerstellen aufweisen. Auch wenn die Stadt Innsbruck mit ihrem
Bekenntnis ein Zeichen setzt, ist dies erst der
Startpunkt eines langen Prozesses. Ein erster
Schritt auf diesem langem Weg ist ein laufende
Workshop-Reihe, die unter anderem verschiedene Organisationen miteinbindet. Ferner tritt im
Juni eine neue Wohnungsvergaberichtlinie in
Kraft, welche die Vergabe von Wohnraum an
Menschen in Notsituation erleichtern soll.
U7} RA E NN E
Jan, 27 Jahre
Ich bin seit Ende Jänner dieses
Jahres in Innsbruck. Aktuell habe ich keinen festen Wohnsitz
und halte mich untertags an verschiedenen Stellen auf, etwa in
der Katharina-Stube der Barmherzigen Schwestern oder hier in
der Teestube. In Notunterkünften war ich noch nicht. Ich übernachte an wechselnden Orten,
wo genau, möchte ich nicht sagen. Manchmal kommt es vor,
dass ich draußen schlafen muss.
Ursprünglich komme ich aus
Deutschland, dort hatte ich einen gesetzlichen Betreuer, einen
Vormund, Er kontrollierte jedes
Detail meines Lebens. Es gab
ein paar Probleme, dann erwirkte er einen Beschluss, um mich in
der Psychiatrie unterzubringen.
Das geht in Deutschland sehr
schnell. Aber ich wollte das
nicht, also bin ich weg. Mir geht
es hier besser als in Deutschland.
Ich konnte bereits meinen Innsbrucker Wohnsitz beim Barwo
anmelden. Der Beschluss, dass
ich betreut werden muss, wurde
mittlerweile aufgehoben. Als ich
hier ankam, ‚entdeckte ich am
Innsbrucker Hauptbahnhof zufällig, dass es eine Beratungsstelle gibt. Dort gaben sie mir auch
Seite 40 von 43
einen Zettel mit weiteren Adressen, an die ich mich wenden
kann. Die Möglichkeiten für
Menschen ohne fixes Zuhause
sind hier um einiges besser als in
Deutschland, Dass man kostenlos Essen bekommt, sich duschen
und Wäsche waschen kann, kenne ich so nicht. Ich würde gerne
hierbleiben und eine Unterkunft
finden. Eine Arbeit habe. ich
schon, als Essenslieferant. Ich
würde aber gerne mehr arbeiten,
um mehr zu verdienen, damit ich
mich versichern lassen kann.
Denn meine Zähne sind kaputt
und auch andere gesundheitliche
Probleme begleiten mich schon
länger. Außerdem strebe ich eine
Ausbildung im Bereich des Verkaufs oder als Reinigungskraft
an. Was ich mir noch wünschen
würde, ist eine Stelle, an der sich
Obdachlose den ganzen Tag über
aufhalten und auch dort übernachten ‘ können. Die Teestube
schließt meistens zwischen ı13
und 14 Uhr, die Notschlafstellen
öffnen erst am Abend. Dann
muss ich woanders hin, es ist ein
ständiges Hin und Her,
Protokoll: JAKOB HÄUSLE
in der Teestube