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KURIER

„ÖVP-Macht in West-Städten erodiert“, Seite 6
1.4.2025

ÖVP-Macht in West-Städten erodiert

Niederlagenserie. In Dornbirn hat die SPÖ den bisher schwarzen Bürgermeistersessel
erobert. Die urbane ÖVP-Schwäche zieht sich durch drei ihrer Kernländer

VONCHRISTIAN WILLIM

Vorarlbergs ÖVP-Chef und
Landeshauptmann Markus
Wallner nannte es am Sonntag einen „Wermutstropfen“.
Doch die Niederlage in Dornbirn dürfte eher nach Magenbitter schmecken und nur
schwer verdaulich sein. In
einer Stichwahl um das seit
1945 von der OVP gehaltene
Bürgermeisteramt setzte sich
überraschend und klar Markus Fäßler von der SPO
gegen den schwarzen Duellpartner Julian Fässler durch.

Dass die Volkspartei zumindest im Gemeinderat der
größten Stadt des Bundeslandes stärkste Kraft bleibt
und am Stichwahl-Sonntag
in vier anderen Gemeinden —
darunter die Stadt Feldkirch
— die Oberhand behielt, kann
für Wallner nur ein schwacher Trost sein.

Denn in der Ländle-Wirtschaftsmetmpole Dornbirn
setzt sich ein urbaner Negativtrend für die ÖVP fort. Der
macht auch vor den anderen
zwei schwarzen Kernländern
im alpinen Westen — Tirol
und Salzburg —- nicht Halt, in

denen die Volkspartei in der
Vergangenheit nicht nur am
Land, sondern auch in vielen
Städten das Sagen hatte.

Strategisches Problem
„Die Probleme der ÖVP sind
viel mehr als ein Tröpflein“,
sagt Politikwissenschafter Peter Filzmaier in Anspielung
auf die Wermut-Analyse des
Vorarlberger Landeshaupt-
Städten immer schwächer
und hat vor allem ein langfristiges strategisches Problem.
Denn es wächst die Stadtbevölkerung und es schrumpft
die Landbevölkerung.“

In Vorarlberg stellt die
ÖVP nunmehr in nur noch
zwei von fünf Städten den

Bürgermeister. 2015 verlor sie
Hohenems an den Ex-FPÖ-

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Landeschef Dieter Egger, der
nun bereits zum zweiten Mal
sein Amt in direkter Wahl verteidigen konnte. 2020 setzte
sich Ex-SPÖ-Chef Michael
Ritsch in der Landeshauptstadt Bregenz überraschend
in einem Duell gegen ÖVP-
Langzeit-Bürgermeister Markus Linhart durch. Dieses Mal
musste Ritsch nicht einmal
mehr in die Stichwahl, obwohl die Volkspartei ihren
langjährigen Landtagsklubchef Roland Frühstück ins
Rennen geschickt hatte. Der
67-Jährige war chancenlos.

Auf ein junges Gesicht
hatte OVP-Landeshauptmann
Anton Mattle in Tirol 2024 bei
der Landeshauptstadt Innstion eines Staatssekretärs gestartet, war aber für den damals 35-jährigen Florian Tursky nichts zu holen.

Trotz Wahlkampfkosten
von über einer Million Euro
und der Fusion mit der 1994
vom späteren OVP-Landeshauptmann Herwig van Staa
gegründeten — Abspaltung
„Für Innsbruck“, die bis zum
Sieg des Grünen Georg Willi

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2018 die Stadtchefs stellte,
kam Tursky in der Bürgermeisterwahl nur auf Platz
fünf. Den Sieg über Willi trug
ausgerechnet der von der
OVP ausgebootete und mit
eigener Liste angetretene Johannes Anzengruber davon.
Personalprobleme
Bürgermeisterwahlen sind
Persönlichkei hl Der
ÖVP gelingt es aber offenkundig immer schwerer, im
städtischen Bereich zugkraf—
tige Kandidaten zu präsentieren. „Solche Personen
werden ja nicht vom Osterhasen oder vom Christkind
gebracht. Sie sollten das Ergebnis eines langfnsugen
Rekrutierungsprozesses sein.
Da scheitert die OVP zunehmend“, sagt Filzmaier.
Abseits von Innsbruck
hat die OVP etwa in Tirol seit
2010 die städtischen Bürgermeisterämter in Kufstein und
den einstigen schwarzen
Hochburgen Lienz, Hall und
Schwaz verloren. „Es scheint,
als ob bei der OVP der Umdenkprozess noch nicht stattgefunden hat, dass das keine
Erbpachten sind, bei denen

es egal ist, wenn man aufstellt“, glaubt der Politikwissenschafter und langjährige
Wahl-Chefanalyst des ORF.
Es sei etwa bei der Vorarlberger Volkspartei wohl
nicht ges:ckert dass sie tatsächlich eines Tages Dornbirn verlieren könnte. Es
würden aber wohl auch generell noch zu sehr Kandidaten nach Parteilogik und
„nicht nach dem Kriterium
Wählbarkeit“ ausgewählt,
vermutet der Forscher.

Nicht nur im Westen

In Salzburgs Landeshauptstadt wurde das etwas mehr
als sechsjährige Bürgermeister-Intermezzo der OVP 2024
von Bernhard Auinger (SPO)
wieder beendet. Hallein ist
seit 2019 ebenfalls zurück in
roter Hand, St. Johann im
Pongau wurde vergangenes
Jahr durch die SPÖ erobert.
Das urbane Problem der ÖVP
ist aber kein reines Westphänomen. In Österreichs beiden
größten Städten gibt es zwar
keine Bürgermeister-Direktwahl, „aber auch in Wien und
Graz ist die OVP im Nirgendwo“, attestiert Filzmaier.