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Jahr: 2025

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Kronenzeitung

„Der Stein der Vergessenen“, Seite 30

Künstler Richard Schwarz (links) und der
ausgewählte 40 Kilogramm schwere Quarzphyllit
(linkes Bild). Der aufgelassene Steinbruch am
Paschberg, der zum lokalen Schauplatz des Grauens
in der Zeit der Nazi-Diktatur wurde (rechtes Bild).

Der Stein der Vergessenen

Die Förderschiene „gedenk_potenziale“ erinnert heuer an Wehrmachtsdeserteure, die

in Innsbruck hingerichtet wurden. Dazu wird am 5. Mai ein temporäres Denkmal errichtet.

Zweiten Weltkrieg
m aus der deutschen
Wehrmacht zu

flichen, ganz egal aus welchen individuellen Gründen,
das bedeutete für Soldaten
die vollkommene Aufgabe
ihrer persönlichen Sicherheit. Denn auf Fahnenflucht
stand die Todesstrafe. Auf
einer Waldlichtung in Amras, im Süden von Innsbruck, befindet sich die
„Landessöhnegedächtnisstätte Tummelplatz“, die
mit Grabsymbolen den gefallenen Soldaten von den
Napoleonischen Kriegen bis
hin zum Zweiten Weltkrieg
gewidmet ist.

Aber nur wenige Hundert
Meter entfernt liegt ein Tatort, der nach 1945 großteils
in den Orkus des Vergessens
geriet. Es ist ein aufgelassener Steinbruch, den die
Wehrmachtsjustiz von De-

zember 1939 bis April 1945
primär zur Hinrichtung von
aufgegriffenen fahnenflüchtigen Soldaten nutzte. Die
Erschießungen waren während der NS-Zeit zwar stadtbekannt, wurden nach dem
Jahr 1945 jedoch nicht thematisiert. Aber ganz ist es
den „Erfüllungsgehilfen des
Bösen“ nicht gelungen, ihre
Spuren nach dem Ende des
sogenannten „ 1000-jährigen
Reiches“ zu verwischen. In
den Sterbe- und Haftbüchern der vorangegangenen
Jahre wurden die Hingerichteten verzeichnet.

Ein Stein als Symbol und
Zeuge der Erinnerung

Aus diesen und anderen
Quellen eruierte 2016 Politikwissenschafterin Christina Müller in ihrer wissenschaftlichen Arbeit „Die
Vergessenen vom Pasch-

berg“ 15 an diesem Ort hingerichtete Soldaten. Die
Stadt Innsbruck geht seit
dem Jahr 2021 mit der Förderschiene „gedenk_potenziale“ Wege der Erinnerungskultur, deren Projekte
an Opfer des Nationalsozialismus sowie von Gewalt,
Rassismus und Antisemitismus erinnern sowie zur Auseinandersetzung und zur
Diskussion anregen sollen.
2025 erhält das historische Projekt des Künstlers
Richard Schwarz die ausgewiesene Förderung in Höhe
von 20.000 Euro. Ein Stein
als Zeitzeuge — diese Idee in
Zusammenhang mit der
Hinrichtung der zuvor thematisierten Wehrmachtsdeserteure im Jahr 1945 am
Paschberg bildet den Grundstein seines Projektes „Desertieren. Ein Gedenk-Einsatz“, Das Projekt nimmt

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die Deserteure der Wehrmacht und deren Unterstützer in den Fokus und macht
eine Leerstelle in der Erinnerungs- und Gedenklandschaft sichtbar.

Am 5. Mai werden Freiwillige einen großen Stein
vom Paschberg mitten in die
Stadt vor die Spitalskirche
bringen. Der Stein soll dort
für einige Stunden ein temporäres Denkmal bilden und
dann wieder an seinen Ursprungsort zurückgetragen
werden. Hierdurch sollen
Gespräche und auch Debatten ausgelöst werden. Richard Schwarz findet dazu
folgende Worte: „Erinnern
braucht Menschen, die sich
erinnern. Diesem Gedanken
entspricht für mich ein
‚Denkmal‘, das im Tun entsteht und dabei Menschen
und ihre Ansichten zusammenbringt.“ __ Hubert Berger