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Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_03_24_Presse_OCR
- S.7
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Tiroler Tageszeitung
„Und plötzlich war der Weg weg“, Seite 5
Und plötzlich war der Weg weg
Das Helfental im Innsbrucker Ortsteil Arzl, die Eulenwiesen in Schönberg: Gründe, warum Wanderwege
plötzlich gesperrt werden - und warum das die Allgemeinheit nicht immer hinnehmen muss.
Von Irene Rapp
Innsbruck - Ein Spazierweg in
einer Gemeinde des Bezirks
Innsbruck-Land, der in den
Wald führt und seit Jahrzehnten begangen wird — allerdings u.a. über Privatgrund
und in der Nähe des Hauses
des Grundbesitzers verläuft.
Von einem Tag auf den anderen werden Schilder mit
dem Hinweis „Privatgrundstück“ bzw. „Betreten nur für
Berechtigte“ aufgestellt. Die
Aufregung ist groß, die Gemeinde wird darüber informiert und das Ganze landet
vor Gericht.
„ Wenn der Weg
über zumindest
30 Jahre benutzt wurde,
ist eine Ersitzung der
Fall.“
Andreas Ermacora
(Rechtsanwalt)
Kein Einzelfall, wie Anwalt
Andreas Ermacora, ehemaliger Präsident des Österreichischen Alpenvereins, weiß.
Erst unlängst hat er deswegen eine Alpenvereins-Sektion vor Gericht vertreten.
Denn die Rechtslage räumt
den „Ausgesperrten“ gewisse
Möglichkeiten ein, dagegen
vorzugehen.
„Wenn der Weg über zumindest 30 Jahre benutzt
wurde und die Allgemeinheit damit ihren Besitzwillen
dokumentiert, ist eine Ersitzung der Fall“, sagt Ermacora. Sprich: Dann bestehe ein
Wegerecht zugunsten von Gemeinden, alpinen Vereinen
oder Tourismusverbänden —
vorausgesetzt, „es waren Zuvor nie Schilder aufgestellt,
die über ein Betretungsverbot
informierten“.
Auch im Innsbrucker Stadtteil Arzl beschäftigt eine Weg-
Sperre seit Längerem Gemeinde, Spaziergänger und
den Grundeigentümer. Im
so genannten Helfental verhindert ein Bauer das Durchqueren seiner Wiesen, in der
Folge wurden Hunderte Unterschriften dagegen gesammelt. „Eine sensible Angelegenheit“, wie Innsbrucks
Bürgermeister Johannes Anzengruber die Spannungen
zwischen dem Landwirt, dem
die Wiese gehört, und Erholungsuchenden beschreibt.
„ Ein neuer Weg
für Spaziergänger
in unmittelbarer Nähe
des alten wurde bereits
ausgesteckt.“
Johannes Anzengruber
(Bürgermeister Innsbruck)
Vor allem während Corona
hätten Letztere das idyllisch
gelegene Grundstück nämlich noch öfter als sonst aufgesucht und u. a. Hundekot und
Müll hinterlassen. Von Seiten
der Stadt will man jedoch den
Gerichtsweg nicht beschrei-
ten, sondern hat sich um eine
andere Lösung bemüht. „Ein
neuer Weg in unmittelbarer
Nähe wurde bereits ausgesteckt“, sagt Anzengruber.
Sechs Grundeigentümer seien betroffen - darunter auch
die Stadt Innsbruck —, „die finale Vertragsunterzeichnung
soll in den nächsten Tagen
passieren“. Erst wenn es nicht
dazu komme, werde man sich
vonseiten der Stadt weitere
rechtliche Schritte überlegen.
Wobei dafür nicht ewig
Zeit ist: „Der, der sich auf
das Wegerecht beruft, hat
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INFO!
Eulerwiesenrunde nur his
Zzum Naturschauplatz möglich
(bitte auf demselben Weg
wieder zurückgenen)
Fotos: Daniel Liebl, inene Rapp
nach der Wegsperre drei
Jahre Zeit, sich dagegen zu
wehren, indem er Klage bei
Gericht erhebt. Ansonsten
kommt es zum Erlöschen
des Rechts“, sagt Ermacora.
Vor Gericht müssten z.B. Gemeinde, Tourismusverbände
oder Alpenvereins-Sektionen
u.a. beweisen, dass seit mindestens 30 Jahren regelmäßig
über das Grundstück gegangen wurde.
Rechtlich nicht mehr möglich ist das im Fall Eulenwiesen: Dabei handelt es sich
um schöne Lärchenwiesen
oberhalb von Schönberg. Der
TVB Stubai bewirbt diese Fläche als einen „Naturschauplatz“, davon gibt es mehrere
im Tal. Die Rundwanderung
von einst zu den Eulenwiesen ist aber seit Längerem
nicht mehr möglich: Wer z.B.
von den Gleinserhöfen in einer Stunde dorthin wandert,
muss seitdem auf demselben
Weg wieder zum Ausgangspunkt retour - darüber informieren Schilder entlang
der Strecke.
‚ Die Besucher waren laut Auskunft
teilweise abseits der
bestens beschilderten
Wege unterwegs.“
Roland Volderauer
(TVB-Stubai-Geschäftsführer)
„Die Besucher waren laut
Auskunft teilweise abseits der
bestens beschilderten Wege
unterwegs, worunter auch
ein Hochmoor gelitten habe“,
zitiert TVB-Stubai-Geschäftsführer Roland Volderauer die
betroffenen Grundstückseigentümer. Diese hätten in
der Folge das Betreten des
Geländes teilweise untersagt,
„woraufhin die Beschilderung
als Rundwanderweg bis auf
Weiteres ausgesetzt wurde“.
Zurück zu jener Gemeinde
im Bezirk Innsbruck-Land,
die gegen die Wegsperre der
Privatperson vorgegangen ist:
Dieser Fall ist noch gerichtsanhängig. Und jene Alpenvereins-Sektion, die ebenfalls
den Gerichtsweg bestritt, bekam für die Allgemeinheit
Recht. „Das Verfahren endete mit einem Vergleich, das
Wegerecht wurde anerkannt
und gilt auch für Rechtsnachfolger“, informiert Ermacora.