Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2025
/ Ausgabe: 2025_03_14_Presse_OCR
- S.5
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Gesamter Text dieser Seite:
Tiroler Tageszeitung
„Die Ruhe nach dem Sturm“, Seite 13
Die Ruhe nach dem Sturm
Es herrschte Eiszeit zwischen Landestheater-Intendantin Irene Girkinger und ihrem Co-Geschäftsführer
Markus Lutz. Nun wollen sie weitermachen. Nach langer Zeit geben beide erstmals ein gemeinsames Interview.
Frau Girkinger, gibt es für
Sie nach den konfliktreichen letzten Monaten mit
Kollege Markus Lutz Anlass
zur Selbstkritik?
Irene Girkinger: Die Mediation war ein intensiver und
sensibler Prozess, der wichtig war. Natürlich muss man
sich permanent hinterfragen.
Niemand macht alles richtig.
Ich bin im Herbst 2023 mit
einem neuen künstlerischen
Team angetreten, das sich
hier erst finden musste. Und
als Intendantin habe ich viel
riskiert und selbstbewusst
Akzente gesetzt.
Herr Lutz, Sie schlugen
letzten Juli Alarm, nachdem die Besucher- und
Abozahlen am Tiroler Landestheater (TLT) stark gesunken waren. 1200 Abos
waren gekündigt worden.
Markus Lutz: Es war meine
Aufgabe als kaufmännischer
Direktor, darauf hinzuweisen. Übrigens konnten wir
die Zahl der gekündigten
Abos seither auf 955 verringern. Wir haben Vertrauen
zurückgewonnen.
Über den Sommer gab es
einen aufgeregten Schriftverkehr mit den Theatereigentümern Land und
Stadt, was zur Eskalation
des Konflikts führte.
Lutz: Ich habe zusammen
mit den Abteilungsleitern
von Technik und Verwaltung
auf bestehende Probleme im
Haus hingewiesen. Auch das
war meine Aufgabe.
Girkinger: Ich war eingeladen, dazu Stellung zu nehmen. Natürlich ist eine solche Diskussion manchmal
auch emotional. Ich war aber
immer an einer konstruktiven
Zusammenarbeit interessiert.
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Die Gesprächsbasis ist wiederhergestellt. Markus Lutz und Irene Girkinger wollen das Landestheater nun gemeinsam voranbringen.
Sonst würden Markus und ich
heute nicht hier sitzen.
Wie sieht es mit dem Verfrauen zwischen Ihnen beiden aus?
Lutz: Es war das Ziel der
Mediation, eine gute Beziehungsebene zu schaffen. Das
ist gelungen. Jetzt können wir
gemeinsam die Strukturen im
Haus verbessern.
Girkinger: Das ist in einem
Riesenhaus wie dem Landestheater eine Mammutaufgabe, der wir uns stellen.
Das Führungsduo des Landestheaters
Irene Girkinger, Jg. 1976,
kommt aus Linz. Sie hat Romanistik und Kultu
Markus Lutz, Jg. 1979,
stammt aus Stuttgart und hat
Wirtschaftsrecht und Kulturma-
nagement studiert. Er war an
der Deutschen Oper Berlin und
bei den Musikfestspielen in
Dresden tätig. Seit 2015 ist er
kaufmännischer
Geschäftsführer
der Tiroler Landestheater GmbH.
‚ Es war kein
Kampf. Markus
und ich suchten keine
Auseinandersetzung mit
scharfen Klingen.“
Irene Girkinger (Intendantin des
Tiroler Landestheaters)
Lutz: Unterschiedliche Meinungen kann es auch in Zukunft geben. Das müssen wir
aushalten. Doch wir haben
eine gemeinsame Verantwortung. Das Dreieck aus Ressourcen, Wirtschaftlichkeit
und künstlerischem Anspruch
muss ausgeglichen sein.
Girkinger: Reibungen und
Diskussionen sind normal.
Markus ist seit zehn Jahren
im Haus, ich seit 1,5 Jahren.
Natürlich baue ich auf seine
Erfahrung. Es gibt aber auch
Momente, in denen ich sage,
dass ich etwas anders machen
möchte. Wir ticken unterschiedlich. Das ist auch gut so.
Als Ergebnis der Mediation
mussten Sie beide eine Vereinbarung unterschreiben,
die Ihre Kompetenzen neu
regelt. Sie, Herr Lutz, steigen dabei schlechter aus:
Sie mussten die Kommunikation und das Marketing
an Frau Girkinger abtreten.
Lutz: Ich sehe das nicht als
Machtverlust. Kommunikation und Marketing im Sinne
der Bewerbung ist auch in
anderen Theatern bei der Intendanz angesiedelt,
wegen der stärkeren
Nähe zum Produkt.
Technische Abwicklung, Ticketverkauf
und Vertrieb bleiben
bei mir. Darauf haben wir uns verständigt. Mir wird nicht
fad. Ich habe genug
zu tun. Ich trage
auch die kaufmännische Verantwortung.
Frau Girkinger,
Sie haben die zen-
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‚ Unterschiedliche
Meinungen kann
es auch in Zukunft
geben. Das müssen wir
aushalten.“
Markus Lutz (Kaufmännischer
Leiter des Landestheaters)
tralen Sparten Tanz, Oper
und Schauspiel mit jeweils
zwei LeiterInnen besetzt
und sich erfolgreich dagegen gewehrt, dass
daran gerüttelt wird.
Sind Sie die Siegerin
im Machtkampf?
Girkinger: Es war
kein Kampf. Markus
und ich haben die
Büros Tür an Tür
und suchten keine
Auseinandersetzung
mit scharfen Klingen. Die Doppelspitzen sind Teil meines
Konzepts, für das ich
geholt wurde. Es geht
um die Optimierung des Konzepts, nicht um dessen Abschaffung.
Herr Lutz, Ihr Dienstvertrag wird um fünf Jahre bis
2030 verlängert. Allerdings
beinhaltet er die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung per August 2026.
Empfinden Sie, als langjähriger kaufmännischer
Chef, diese Klausel nicht als
Demütigung?
Lutz: Ich plane für fünf weitere Jahre. Doch wir befinden
uns mitten in einem Strukturprozess. Da ist eine Kündigungsmöglichkeit für beide
Seiten doch fair, für den unwahrscheinlichen Fall, dass
keine weitere Basis besteht.
In der Spielzeit 2023/24
büßte das TLT insgesamt
15.000 BesucherInnen ein.
Wie sind die Erwartungen
für heuer?
Girkinger: Das Minus war
nicht schön, aber auch keine Katastrophe, denn beim
Wechsel einer Intendanz
ist ein gewisser Besucher-
Rückgang normal. Mit Produktionen wie „Hair“, „Der
Rosenkavalier“ und „Romeo
und Julia“ konnten wir in der
aktuellen Spielzeit große Erfolge verbuchen.
Lutz: Wir haben 2023/24 im
Großen Haus weniger oft gespielt, das ist mit ein Grund
für das Minus. In der laufenden Spielzeit liegen wir bisher
bei einer Auslastung von 80
Prozent, alle Bühnen des TLT
und die Sinfoniekonzerte im
Congress mit eingerechnet.
Im Großen Haus endet die
Saison heuer aufgrund von
Bauarbeiten zwei Wochen
früher. Daher bin ich froh,
wenn wir die Besucherzahl
des Vorjahres halten können.
LH Anton Mattle wünschte sich mehr „Gassenhauer“ im TLT. Wird sich sein
Wunsch im Programm
2025/26 niederschlagen?
Girkinger: In meinem Programm haben zeitgenössische und anspruchsvolle
Stücke genauso Platz wie
Feel-Good-Abende mit Musicals oder Operette.
Das Gespräch führte
Markus Schramek