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Tiroler Tageszeitung

TirolerseTageszeitung

„Schutz ohne Wirkung“, Seite 3

27.2.2025

Schutz ohne Wirkung

Das Weisse Rössl in Gries am Brenner ist ein Beispiel dafür, dass Denkmalschutz nicht
immer Schutz bedeutet. Die Initiative Denkmalschutz befürchtet negative Folgewirkungen.

Von Irene Rapp

Innsbruck - Auf der Liste des
Bundesdenkmalamtes für Tirol sind alle denkmalgeschützten Objekte des Landes für
das Jahr 2024 aufgelistet. Darunter auch der einstige Gasthof Weisses Röss! in Gries am
Brenner. Auf der Liste für das
Jahr 2025 könnte das historisch wertvolle Gebäude nicht
mehr stehen, die Geschichte
dahinter hat es in sich. 2023
hatte ein Brand Teile des
Dachstuhls zerstört. Danach
waren Besitzer, Bundesdenkmalamt, Bezirkshauptmannschaft und Landesverwaltungsgericht monatelang mit
der Frage einer Notabdeckung
für das Rössl beschäftigt, um
das Innere vor Wettereinflüssen zu schützen.

Jetzt soll das Gebäude laut
Landesverwaltungsgericht bis
30. April abgerissen werden.
Der Grund: Eine Notabdeckung wurde nie angebracht
und so liegen inzwischen Baugebrechen vor, die eine Gefahr
für das Leben bzw. die Gesundheit von Menschen darstellen würden.

Desaströses Zeichen

Für Markus Landerer von der
Initiative Denkmalschutz wäre das ein aus vielerlei Gründen negativer Ausgang. „Das
wäre nicht nur für den Ort
ein großer Verlust, Immerhin
steht das Rössl identitätsstiftend neben der Pfarrkirche. Es
ist auch ein desaströses Zeichen. Denn wenn das Schule
macht, wird so etwas künftig
noch öfter passieren - dass
nämlich Besitzer denkmalgeschützte Gebäude verfallen
lassen“, sagt der Obmann des
Vereins. Dieser wurde 2008
gegründet und setzt sich ös-

E

mmw.-mnoummßmms-u ) Fotas

BAHNHOF (eatsch)

2012 wurden ein ehemaliges Bahnhofs- sowie ein Wohngebäude

an der Bahnstrecke in Patsch

Das Bundesdenkmalamt

hatte den Denkmalschutz nach langem Hin und Her aufgehoben.

1929
geschützte
Objekte in Tirol

Mit Stand 21. Juni
2024 waren tirolweit
4929 Objekte unter
Denkmalschutz
gestellt - die meisten
im Bezirk Innsbruck-
Land, Österreichweit sind es 39.247.

D

terreichweit für den Erhalt gefährdeter Kulturgüter ein.
Dass der Stempel Denkmalschutz nicht zwangsläufig
Schutz bedeutet — „zahnlos” ist,
umschreibt es Landerer-, hätte
auch mit der Konvention von
Granada zu tun. Dieses Abkommen des Europarats wurde von
Österreich nicht unterzeichnet.
„Der Wert des Eigentums gilt
bei uns mehr“, glaubt Landerer zu wissen, warum der Erhalt der Denkmäler nicht im
Vordergrund steht. Wie Denkmalschutz nach der Granada-
Konvention aussehen könne,
zeige ein Beispiel aus Deutschland: „Dort wurde ein Schloss
enteignet, weil es der Besitzer

6 Fragen an

<

Stefan Handle
Baureferent und Bauhistoriker Imst

„Müsste steuerlich
absetzbar sein“

Stefan Handle lebt in einem historischen Haus in
der Imster Oberstadt. Zugleich ist er Bauhistoriker
und Baureferent der Stadt
Imst. Er spricht über seine
Erfahrungen, Förderungen und Forderungen.

verfallen lassen hat.”

Herr Handle, wie
2024 Novellierung l lebt es sich in einem
Auch die Novelli g des jenkmalgesch
Denkmalschutzgesetzes 2024 Haus? Es ist über 200 Jahbringe keine wesentliche Ver- re alt, steht aber nicht unbesserung. Zwar wurde die Er- ter Denkmalschutz. Hier

haltungspflicht des Besitzers
eingeführt. Aber: „Mit dem
neuen Gesetz können auch gut
erhaltene Denkmäler abgerissen werden, wenn man Gutachten vorbringt, dass sie wirtschaftlich nicht so gut nutzbar
sind“, befürchtet Landerer.
Dazu komme der schlechte
Zustand des Bundesdenkmalamtes: „Zu wenig Personal, zu
wenig Geld“, konkretisiert es

wurde im 19, Jahrhundert
ein Bildhauer geboren, der
lange in München tätig
war, Es lebt sich sehr gut
in einem solchen Haus mit
Geschichte.

Gibt es Unterstüt-

kd
aber wenn man auf das
Denk allein an-

Landerer. Eine Folge sei, dass
es in den Bundesländern viele
Kulturobjekte gebe, die denkmalschutzwürdig seien - „das
Denkmalamt liegt aber bei den
Unterschutzstellungsverfahren extrem im Rückstand“. Eine andere Folge sei das Weisse
Rössl: Der Besitzer hätte auf
Zeit gespielt, die Behörden
spät reagiert. Pro Jahr, schätzt
Landerer, gehen in Tirol ein bis
drei denkmalgeschützte Objekte verloren.

NDE (Innsbruck)

S

E

Eine
Angelegenheit
.i" l€lllll« S

Denkmalschutz ist
Bundessache, das
Bundesdenkmalamt - mit Landeskonservatoraten
in den Bundesländern- dem Mini-

sterium für Kunst,

Kultur, öffentlichen
Dienst und Sport
unterstellt.

Seite 3 von 15

und gehört dem Land Tirol. Seit mehreren Jahren steht das
Gebäude leer und zerfällt.

Das Weisse Röss! steht direkt neben der Pfarrkirche in Gries am
Brenner. Bei einem Brand wurde der Dachstuhl zerstört, jetzt soll
es abgerissen werden. Das Bundesdenkmalamt will das verhindern.

gewiesen ist, dann ist es
mau. Ich selbst habe vor
zehn Jahren, als ich das
Haus saniert habe, vor allem mit der Altbausanierung gearbeitet, die Stadt
hat mir bei der Fassade
unter die Arme gegriffen.
Das Stadt- und Ortsbildschutzgesetz, das SOG,
hatte ich nicht so auf
dem Schirm.

Wie funktioniert das

SOG? Dabei werden
/ die Mehrkosten,
die im Rahmen des Ortsbildschutzes verursacht
werden, je zur Hälfte von
Gemeinde und Land getragen. Außerdem darf
man nicht die Unterstützung durch die Dorferneuerung vergessen, die
etwa bei jahrzehntelangem Leerstand greift.

ist leider personell
wie finanziell schlecht aufgestellt. Dadurch werden
99 von 100 schützenswerten Gebäuden nicht berücksichtigt.

“ Wie geht man in Imst
mit dem Thema um?
=-/ Jahrzehntelang fuhr
die Abrissbirne durch die
Stadt. Das ist jetzt anders.
Wir erstellen gerade unsere SOG-Schutzzonen.

gen erheben Sie?

Maßnahmen bei
historischen Gebäuden
sollten, wie in anderen
Ländern auch, steuerlich
absetzbar sein. Immerhin
leisten die Sanierer einen
Beitrag für die Allgemeinheit. Da geht es nicht nur
um Nostalgie.

Welche Forderun-
O

Das Interview führte
Alexander Paschinger