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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_12_12_Presse_OCR
- S.4
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Tiroler Tageszeitung
„Der letzte Gang führt weit weg in die alte Heimat“, Seite 5
Schläger soll
ans Tierheim
spenden
Trotz erlittenem Tinnitus verzieh
ein IVB-Busfahrer dem Täter und
wurde bei Gericht zum Helden.
Sein Schmerzensgeld gab er weiter.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck — Es gibt sie - die
Helden der Arbeit. Linienbusfahrer dürfen zweifelsfrei
dazu gezählt werden - besonders wenn sie Nightliner-Busse lenken. Nicht jeder Fahrgast steigt zur späten Stunde
nüchtern zu. Dies bekam im
August auch ein 59-jähriger
Lenker zu spüren, als ihm ein
mit 1,58 Promille Blutalkohol
alkoholisierter Fahrgast völlig
grundlos einen Faustschlag
gegen den Kopf versetzt hatte.
Starke Kopfschmerzen über
Tage und ein Tinnitus waren
für den Busfahrer die Folge.
Der bereits dreifach einschlägig vorbestrafte 24-Jährige machte indes kurzzeitig
mit einer Zelle Bekanntschaft.
Gestern am Landesgericht
traf er dann auch in der Person von Strafrichterin Helga
Moser auf eine Bekannte. Die
Wiedersehensfreude hielt sich
beiderseits in Grenzen, zumal
die Richterin dem 24-Jährigen
schon bei der letzten Verurteilung die allerletzte Chance vor
dem Gefängnis gegeben hatte.
Verteidiger Manfred Kantner suchte dennoch nach einem Ausweg vor der bereits
nahezu unvermeidlichen
Haftstrafe. Ein sicherer Job,
das soziale Leben und die Vereinstätigkeit standen für den
Mandanten mit einer Haftstrafe auf dem Spiel.
300 Euro hatte RA Kantner
für den Busfahrer als Schmerzensgeld schon sofort dabei.
Der Lenker lehnte jedoch ab
— und bat, das Geld dafür fix
dem Tierheim Mentlberg zu
überweisen. Der IVB-Fahrer:
„Die Leidtragenden sind ja
die Fahrgäste, die nach so ei-
nem Vorfall dann in der Nacht
umsonst auf den Bus warten!“
Sagte es, wünschte seinem
Peiniger noch „Alles Gute!“
und ging. Richterin Moser:
„Beeindruckend. So etwas ist
mir in Jahrzehnten auch noch
selten untergekommen.“
Vielleicht auch der Anstoß
für laut Richterin „die allerallerallerletzte Chance“ für den
24-Jährigen, noch ein letztes
Mal der Haft zu entgehen.
Laut Bewährungshilfe hat der
Mann sein Aggressionsproblem in Zusammenhang mit
Alkohol zudem mittlerwei-
Foro: Thomas Bahm
‚ Wenn ich Sie noch
einmal sehe, können Sie das Köfferle für
die Justizanstalt gleich
mitnehmen!“
Helga Moser
(Strafrichterin)
le erkannt und sich freiwillig bereits in zwei Therapien
begeben. Billig sind solche
Ausrutscher so und so nicht:
So kamen zu den 300 Euro
Schmerzensgeld insgesamt
5880 Euro Geldstrafe. Die
Richterin: „Sehe ich Sie noch
einmal, können Sie das Köfferle gleich mitnehmen. Dann
gibt"s eine Nachdenkpause in
der Justizanstalt!“
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