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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_12_11_Presse_OCR
- S.6
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Tiroler Tageszeitung
„Sonnenseiten für Nachtschwärmer“, Seite 11
Sonnenseiten für
Nachtschwärmer
Sigrid Moser sammelt positive Geschichten aus Innsbrucks Partymeile.
Texte für ihre „Bogengazette“ können noch bis 15. Jänner eingereicht werden.
Von Joachim Leitner
Innsbruck - An einem Frühlingsnachmittag 2023 saß
Sigrid Moser unweit ihrer
Wohnung im O-Dorf in der
Sonne —- und beobachtete die
Schatten der Hochhäuser. „Die
Schatten wandern. Hell und
Dunkel wechseln sich ab. Es
geht auf und ab.“ So wird sie es
wenig später in einem Eintrag
auf Instagram formulieren.
Moser hatte dunkle Monate hinter sich. Seit Jahren ist
sie chronisch krank. „Anfang
des Jahres hatte ich eine akute Phase“, sagt sie. Zwischenzeitlich war sie in stationärer
Behandlung. Nun aber ging
es ihr wieder besser.
Das erste Like für ihren Post
stammte von einem Bogen-
Wirt. „Ich kannte ihn gar nicht
wirklich. Er kannte mich wohl,
weil ich viel in den Bögen war.“
Zwanglose Solidarität
Innsbrucks Ausgehmeile ist
ein Fixpunkt im Leben der
42-Jährigen. Seit sie vor mehr
als zehn Jahren nach Innsbruck zog, ist die studierte
Politikwissenschafterin dort
regelmäßig unterwegs. Sie
mag das Unkomplizierte und
Unverbindliche in den Bogenlokalen. „Es gibt dort eine
ganz besondere Form zwangloser Solidarität. Wenn man
das Gespräch mit anderen
sucht, findet man immer einen Gesprächspartner. Wenn
man seine Ruhe will, wird
man in Ruhe gelassen.“
In ihrer „Schattenzeit“ hat
sich Sigrid Moser auch aus den
Bögen zurückgezogen. „Ich
wollte niemandem zur Last
fallen“, sagt sie. Es gäbe auch
so schon genug Leute, die mit
ihren Sorgen hausieren gehen,
sagt sie. Erst, als die Schatten
weitergewandert waren, kehrte sie zurück. Sie wurde euphorisch empfangen. Selbst hartgesottnere Nachtgastronomen
hatten sich Sorgen gemacht.
„Ich hatte nicht geglaubt, dass
ich den Leuten, die ich eigentlich nur vom Ausgehen kenne,
” — DIE
Ü BOGENOAZETT
E
SCHREIBWETTSEWERE
3000 Exemplare von Sigrid Mosers Zeitschrift „Die Bogengazette“ sollen
beim nächsten Bogenfest im kommenden Frühjahr verteilt werden. Foto: 8öhm
‚ ‚ Die Bögen haben
nicht den besten
Ruf, aber sie sind auch
ein Ort der Kreativität
und positiven Energie.“
Sigird Moser
(Kuratorin Die Bogengazette)
so wichtig war. Das hat mich
unheimlich berührt.“
Dass ausgerechnet aus den
Bögen der erste Zuspruch für
ihr Posting kam, habe eine
Idee in ihr wachsen lassen,
sagt Sigrid Moser. „Wenn mir
das Miteinander der Nachtschwärmerinnen und Nachtschwärmer so guttut, wird es
auch anderen helfen“, erklärt
sie. Das Konzept der Bogengazette nahm Gestalt an. In der
gedruckten Zeitschrift will Sigrid Moser gute Geschichten
aus der Bogenmeile sammeln.
Über den Fördertopf stadt_potenziale unterstützt die Stadt
Innsbruck das Projekt mit
15.450 Euro.
„Die Bögen haben nicht den
besten Ruf. Den soll die Bogengazette aufpolieren. Schließlich ist diese besondere Straße
ein Ort der Kreativität und positiver Energie. Ich hoffe, dass
viele die Erfahrungen, die sie
hier gemacht haben, teilen“,
sagt sie. Erste Einreichungen
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hat Sigrid Moser bereits erhalten. Formale Vorgaben gibt es
kaum. „Prosa, Poesie, Comics,
Fotografien - alles ist herzlich
willkommen.“ Die maximale
Textlänge sind 9000 Zeichen —
also etwa vier A4-Seiten. Auch
Kritisches soll in der Bogengazette Platz haben, unterstreicht
sie. Nur diskriminierende Beiträge würden aussortiert.
Präsentation beim Bogenfest
Erscheinen soll die Zeitschrift
in einer Auflage von 3000 Exemplaren. Präsentiert und
verteilt wird die Bogengazette beim großen Bogenfest im
Frühjahr 2025. Ob es danach
weitere Ausgaben geben
wird, wisse sie noch nicht,
sagt Sigrid Moser. Das sei
auch eine Frage der Finanzierung. Auf Sponsoren möchte
sie verzichten. „Es muss auch
Projekte ohne kommerzielle
Hintergedanken geben. Die
Zeitschrift soll nichts bewerben, außer ein bestimmtes
Lebensgefühl, das beglückende Miteinander kreativer
Menschen, die zu späterer
Stunde in Bars und Clubs zusammenfinden.“
Schon die bisherige Arbeit
an dem Projekt empfinde sie
als befreiend, sagt Sigrid Moser. „Ich werfe mich mit allem,
was ich habe, in die Waagschale, aber es geht nicht um
mich. Und auch nicht um
meine Krankheit. Wenn ich
über die Bogengazette rede,
bin ich nicht die Frau mit der
Erkrankung, sondern eine
Macherin, die Kuratorin einer Zeitschrift, die es so nur
in Innsbruck geben kann.“
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Schreibwettbewerb
Beiträge für die Bogengazette
können noch bis 15. Jänner 2025
unter bogengazetteibk2025@gmx.at
eingereicht werden.
Eine Jury kürt die besten Texte.
Die erstgereihte Einreichung erhält
1000 Euro, die zweitgereihte 500
Euro.