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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_10_17_Presse_OCR
- S.4
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Tiroler Tageszeitung
„‚Wollen ein großes Zeichen setzen‘“, Seite 23
„Wollen ein großes Zeichen setzen“
2025, wenn sich das Kriegsende zum 80. Mal
*..
jährt, soll in Innsbruck der Großteil des neuen Gedenkorts
für das NS-Lager Reichenau umgesetzt werden. Finanziell muss sich die Stadt aber nach der Decke strecken.
Von Michael Domanig
Innsbruck - „Warum hat es 80
Jahre gedauert?“ Diese Frage
stellte Roland Gnaiger, Vorsitzender der Wettbewerbsjury
für den neuen Gedenkort zum
NS-Lager Reichenau, bei der
Eröffnung einer neuen Ausstellung mit allen Einreichungen in den Raum. Sehr spät,
aber doch soll nun ein neuer
Ort der Erinnerung die Geschichte des Lagerkomplexes
sichtbar machen. Zwischen
1941 und 1945 wurden dort
Tausende Menschen festgehalten - darunter Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene,
politische Häftlinge oder Jüdinnen und Juden auf dem
Weg ihrer Deportation - und
mindestens 114 zu Tode
gebracht.
Pavillon und Namenssteine
Der seit 1972 bestehende Gedenkstein ist inhaltlich inkorrekt, der Standort neben dem
Recyclinghof denkbar ungeeignet für würdiges Gedenken. Eine Expertenkommission schlug daher eben einen
neuen Gedenkort am Innradweg (Richtung Baggersee) vor.
Auf dieser Basis lobte die Stadt
Innsbruck im Herbst 2023 in
Kooperation mit dem Designforum WEI SRAUM einen Gestaltungswettbewerb aus.
Neben den sechs interdisziplinären Arbeitsgruppen, die
schließlich eingeladen wurden
und Architektur, Grafikdesign
sowie didaktische Vermittlung
zu einem Gesamtkonzept zu
vereinen hatten, war auch die
Jury in intensiven Diskussionen voll gefordert: Nachdem
man sich auf keinen eindeutigen Sieger einigen konnte,
wurden zwei Arbeitsgruppen
zur Nachbearbeitung eingeladen. Am Ende setzte sich das
Konzept „Gedenkort Reichenau“ der Werkgemeinschaft Bablick-Denzer-Machat-Schlorhaufer-Zschiegner durch.
Im WEI SRAUM (Andreas-
Hofer-Str. 27) ist das Siegerprojekt nun erstmals öffentlich zu sehen, genau wie
jenes der ARGE Wassermann-
Muxel-Morgenrot („Erinnerungsgarten Gestapo-Lager
Reichenau“) und alle weiteren Einreichungen. Sie zeigen
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Foto: Stactarchiv innsbruck, Visualtsierung: Martın Perktold
sechs spannende, diverse Zugänge zur Gedenkkultur (bis
25. 10., Di-Fr. 10-18 Uhr).
Das Siegerprojekt sieht im
Westen einen Pavillon mit Infobereich zur Geschichte des
Lagers, zu Opfern und Tätern,
vor. Der östliche Teil umfasst
ein „Erinnerungsufer“ mit 114
Namenssteinen für die Ermordeten und 8500 kleinen Bodenplatten, um die Zahl der Inhaftierten zu veranschaulichen.
Dazu kommen ein Audioweg
mit Berichten von ZeitzeugInnen und deren Nachkommen
sowie eine eigene Website.
Laut Kulturstadtrat Vize-
BM Georg Willi (Grüne) ist das
Ziel, im Jahr 2025, in dem sich
das Weltkriegsende zum 80.
Mal jährt, „den größeren Teil“
des Gedenkorts umzusetzen.
So wolle man ein „großes Zeichen der Erinnerung“ setzen.
Der Rest soll 2026 folgen.
Allerdings müsse sich die
Stadt „finanziell nach der Decke strecken“, bestätigt Willi.
Die geschätzten Projektkosten
liegen bei 1,3 Mio Euro, der
Kostenrahmen, den sich die
Stadt gesetzt hat, bei 840.000
Euro. Derzeit verhandelt die
Stadt laut Willi mit dem Land
Tirol über eine finanzielle Beteiligung. Der Wunsch wären
300.000 Euro.
Daneben sollen sich aber
auch Firmen- und Einzelsponsoren beteiligen, „Menschen
denen dieser Gedenkort wichtig ist, etwa auch weil Vorgängerfirmen damals von Zwangsarbeit profitiert haben“, wie
Willi meint. Zusammen mit
kleineren Zuschüssen vom
Bund soll so das „Delta“ noch
geschlossen werden.