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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_09_11_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Stadt muss zahlen, weil Kind in Gulli fiel“, Seite 5
Stadt muss zahlen, weil
Kind in Gulli fiel
Ein Unfall in einem Innsbrucker Park wurde ein Fall fürs Gericht. Die
Verhandlung endete für die Stadt Innsbruck mit einem Schuldspruch.
Von Thomas Hörmann
Innsbruck - Eigentlich ging es
nur um 1000 Euro Schadenersatz. Weil die Stadt Innsbruck
bzw. deren Versicherung
nach dem Unfall eines Neunjährigen nicht zahlen wollte,
musste das Gericht entscheiden. Das Urteil liegt jetzt vor
und könnte unangenehme
Folgen für die Stadtverwaltung haben. Allerdings ist
die Entscheidung noch nicht
rechtskräftig.
Der Auslöser für die Klage
und das Schadenersatzverfahren liegt bereits eineinhalb
Jahre zurück. Es war am 14.
Februar 2023, als der damals
neunjährige Innsbrucker am
‚ Der Bub hatte
Glück, dass er
stecken geblieben ist. Er
hätte auch mehrere Meter abstürzen können.“
Herwig Homma
(Rechtsanwalt)
Spielplatz in der Freundsbergstraße im Stadtteil Reichenau mit seiner Mutter
und dem Bruder Tischtennis
spielte. Als der Schüler gegen
17.30 Uhr in der Abenddämmerung einem Ball nachlief,
übersah er einen teilweise
offenen Kanalschacht in der
Wiese. Einen Augenblick später steckte der Bub bis zu den
Oberschenkeln im Schacht.
„Er hatte großes Glück, dass
er stecken geblieben ist“, sagt
sein Anwalt Herwig Homma
‚ ‚ Die Anordnung
strengerer Kontrollmaßnahmen derartiger Kanaldeckel wäre
zu erwarten.“
Die Richterin in der
Urteilsbegründung
von der Kanzlei Praxmarer
und Homma: „Er hätte auch
mehrere Meter abstürzen
können.“ So aber kam der
junge Innsbrucker mit Abschürfungen und Prellungen
davon, die in der Klinik behandelt wurden.
Polizisten untersuchten
den Unfall und stellten dabei
fest, dass der kreisrunde Gullideckel verschoben war und
den Schacht nur etwa zu zwei
Hier spielte der Bub im Winter 2023 Tischtennis. Der Kanalschacht, in den das Kind stürzte, wurde bald nach
dem Unfall mit einem schwereren Deckel versehen.
Drittel abdeckte. Der Verursacher ist unbekannt. „Als
der Bub auf den Deckel trat,
kippte dieser und das Kind
fiel dann in den Schacht“,
fasst Homma den Unfallhergang zusammen.
Im Auftrag der Familie
wandte sich die Anwaltskanzlei mit der Forderung von
1000 Euro Schmerzensgeld
an die Stadtführung. Weil
diese für den Spielplatz und
damit auch den Kanaldeckel
verantwortlich sei. Die Stadt
verwies in der Folge an die
Versicherungsanstalt, bei der
sie haftpflichtversichert ist.
Doch diese lehnte die Haftung ab. „Somit mussten wir
Klage am Innsbrucker Bezirksgericht einbringen“, sagt
Homma. Eine Verhandlung
war die Folge. Dabei interessierte sich die Richterin vor
allem für die Sicherheitsvorkehrungen in Bezug auf Kanalschächte.
Das Ergebnis war ernüchternd. Wie Mitarbeiter des
Magistrats und der Kommunalbetriebe (IKB) bestätigten, werden Kanaldeckel nur
indirekt zweimal pro Jahr im
Zuge von Wartungsarbeiten
überprüft. Weiters sammeln
städtische Angestellte etwa
alle drei Tage den Müll in den
Parkanlagen ein. Anweisungen, dabei auch auf Kanaldeckel zu achten, gebe es nicht,
so die Zeugen. Man vertraue
auf den Hausverstand der
Mitarbeiter.
Unterm Strich Maßnahmen, die für die Richterin ungenügend sind. Zumal auch
Unbefugte die 13 Kilo schweren Kanaldeckel leicht entfernen können. „Die Wahrscheinlichkeit der Verletzung
von spielenden Kindern ist
bei Vorliegen einer solchen
Gefahrenquelle sehr hoch. So
wäre die Anordnung strengerer Kontrollmaßnahmen
derartiger Kanaldeckel zu erwarten, um der gebotenen
Sorgfaltspflicht zu entsprechen“, heißt es im Urteil.
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Foto: Falk
Die Stadt sei schuldig, dem
mittlerweile Elfjährigen 1000
Euro Schadenersatz zu zahlen und auch dessen Anwaltskosten in der Höhe von etwa
1700 Euro zu übernehmen.
Übrigens: Der Kanaldeckel
in der Parkanlage wurde bereits kurz nach dem Unfall
durch ein schwereres Exemplar ersetzt.