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Jahr: 2023

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Tiroler Tageszeitung

„Passive Sterbehilfe für Kultur“, Seite 12

Von Barbara Umterthumer

Innsbruck — Dachsbau, Cubique, Junge Talstation: Das
sind nur die jüngsten Beispiele
aus Nachtkultur bzw. Veranstaltungsbereich in Innsbruck,
die zugesperrt wurden, demnächst schließen oder der Zukunft ungewiss ist. Rund 1000
junge Menschen hatten sich
auch deshalb vor Kurzem zu
„Reclaim Your City” am so genannten Sonnendeck vor der
Uni versammelt. Nicht nur die
Nachtkultur stehe gerade unter
Druck, auch der konsumfreie,

Hintergrund

Thema: Schwindender (Nacht-)
Kußturraum in Innsbruck

öffentliche Raum schrumpfe
zunehmend, hieß es dort. Als
Gründe — zumindest für die
Clubschließungen — werden
gemeinhin die Folgen der Corona-Pandemie und die Inflation angeführt. Dass die Diskussion um fehlende Kulturräume
in Innsbruck aber keineswegs
ein Post-Corona-Phänomen
ist, weiß Maurice Munisch Kumar, Kulturarbeiter, Autor und
Mitbegründer des Subkulturarchivs Innsbruck, einem Rechercheprojekt, das seit 2014
die Entwicklung der alternativen Kultur der Stadt seit den
1970ern nachzeichnet.
„Insgesamt muss man sagen, es sperrt mehr zu, als neu
aufmacht”“, sagt Kumar zur
aktuell aufgeheizten Sonnendeck-Debatte. Die Liste der
stillgelegten Veranstaltungsorte füllt er mit der Konzertbühne des Vereins Dachziegelflow
und dem „early bird” in der
Innstraße auf - beide Orte wurden in den letzten Jahren nach
AnrainerInnen-Beschwerden

geschlossen, weiß Kumar.
Davon konnte auch der 2017
dichtgemachte „Weekender”
ein Lied singen. Übrig bleibt,
so sieht das der Subkulturarchiv-Mitgründer, lediglich
Platz für die großen Player der
Branche. Olympiahalle oder
Dogana wollen aber erst einmal gefüllt werden.

Aus der Perspektive des Subkulturarchivs lässt sich laut Kumar sagen, Innsbruck habe nie
aktiv dazu beigetragen, Orte
für alternative Kultur zu erhalten. Man nehme das beliebte Beispiel Hafen: 1989 wurde
das einstige Sägewerk im Westen der Stadt zum Kulturzentrum „Haus am Haven” — das
gefiel nicht allen. Unter ÖVP-

n P a E

Ein Blick Ins Archiv zeigt: Um den Innsbrucker Hafen wurde schon Anfang der 1990er dslunlert

BM Romuald Niescher wurde
die Kampagne „Innsbruck darf
nicht Hafenstadt werden” initüert. Subventionen? Gab es
kaum, liest man dazu im Subkulturarchiv. Also rollten 1993
die Bagger an. Dem nachfolgenden Veranstaltungszentrum Hafen erging es 2019
ähnlich. Und die versprochene Altemative fehlt bis heute,
stellt Kumar klar.

Projekte ja, Strukturen nein

Der Kulturarbeiter nennt es
„passive Sterbehilfe“, was die
öffentliche Hand für die Heimaten der Subkultur in der
Stadt inzwischen leiste. Es gebe wie noch beim Haven zwar
keinen aktiven Widerstand

az SC

mehr, aber eben auch kaum
Unterstützung. Förderschienen von Stadt und Land, etwa
stadt_potenziale oder TKI
open, richten sich an Projekte —
nicht an längerfristige Strukturen, bescheinigt auch Kumar.

Für ihn hat Innsbruck noch
einiges zu tun: Die Lärmschutzverordnung (die derzeit aktive stammt aus 1986)
gehöre aktualisiert und Perspektiven müssen geschaffen
werden. Was war früher besser? „Nicht alle Flächen waren bereits definiert”, sagt der
Subkulturarchiv-Mitbegründer mit Blick auf den Innsbrucker Stadtraum. Und: Es gab
schlichtweg mehr ungenutzten Raum.

Passive Sterbehilfe für Kultur

Die aktuelle Diskussion um Clubschließungen und fehlende Kulturräume in Innsbruck
sind kein neues Phänomen, sagt Maurice Munisch Kumar. Ein Blick ins Subkulturarchiv.

Foic: Ficaan Lhrer

‚ Die Stadtsäle haben für ein breites
Publikum mehr getan als
das Haus der Musik. Da
hat die Stadt versagt.“

Maurice Muntsch Kumar
(Kulturarbeiter)

Ein Bekenntnis von Stadt
und Land zur alternativen Kultur, das wünscht sich auch Kumar, darf man seinen Ausführungen entnehmen. Probleme
würden in Innsbruck zwar direkt angesprochen, etwa im
Rahmen der mit 2021 gestarteten Kulturstrategie Innsbruck
2030. „Das Strategiepapier ist
aber eigentlich in der Schublade verschwunden“, resümiert
Kumar.

Versagen ortet er auch im
so genannten „Kulturquartier”. Beispiel Haus der Musik:
Platz härte dort eben nicht jede Art von Musik, sagt Kumar
— einfach weil die technischen
Voraussetzungen nicht gegeben sind. Diese Erfahrungen
machte zuletzt das Festival
„Heart of Noise”. Kumar blickt
einmal mehr zurück: „Die
Stadtsäle haben für ein breites
Publikum mehr getan als das
Haus der Musik heute.” Wer
darf Kultur machen? Das sei
eine Frage, die für Kumar nicht
nur beim Haus der Musik zu
stellen ist.

Zum Innsbrucker Subkulturarchiv:
www.5subkultwarchiv.at

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