Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_09_5_Presse_OCR
- S.10
Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
der Stadr an der Pflege der Gärten beteiligen. Jeder könne einen Beitrag durch regelmäßiges Giesen und Jäten leisten, Eine eigens dafür angebrachte GieBkanne macht aufmerksam.
Wer die Soztalgärtnerinnen waren, wurde nicht
aufgelöst. Die Gruppe ist nie öffentlich in Erscheinung getreten, Ihre Aktion zielte auf ein falsches Verständnis von Armutsbekämpfung in
Form von Almosen ab, Das spiegelte auch die
einstige Diskussion um die Richtsätze der Sozialhilfe wider. „Wir sind nie öffentlich nach außen
getreten, whabend:eßeclegemadl. sagt eine
der Sozialgärtnerinnen heute. Für sie waren die
emotionalen Reaktionen der Stadt Innsbruck unerwartet ausgefallen: „Im Nachhinein habe ich
spannend gelunden dass die paar Salatpflanzen
so aufregen könne
Das Gartenamt zeigte sich verwundert über die
Aktion, der Leiter des Sozialamts Hannes Verdross empfand die Aktion jedoch als persönlichen
Angriff, Er meldet sich in der Tirokr Tageszeitung zu Wort: „Die Stadt Innsbruck wird hier
angeschürtter, als ob sie (ür die Sozialhilfe zu wenig tut!” Ohne zu wissen, wer hinter der Aktion
stockte, beschuldigte er schnell „die Sozialvereine“, Noch drastischer sah es Bürgermeister Herwig van Staa, Denn er selbst tue ja alles für die
sozia] Schwachen, Kranken und Behinderten,
aber nichts für die Tachinierer, hieß er in der TT
und auf einer „Gegentafel” am Adolf-Pichler-
Platz ausrichten. Sozialamtsleiter Verdross ließ
schließlich ein Schild mit den Worten van Staas
im Namen der ganzen Stadtregierung aufstellen
— und die Innsbruckerinnen und Innsbrucker
wissen, welche Summe die Stadı für Soziales ausgibt, Die Tiroler Tageszeitung kommentierte süffisant, wie es dem Bürgermeister „die Tomatenr6-
te des Zornes ins Gesicht trieb”,
Bei Sozialvereinen wie dem DOWAS, der Teestube oder z6 Streetwork sorgte das Schild der
Stadt wiederum für heftige Kritik. Sie
die sprachliche Entgkeisung der Debatte an und
dass es der Politik nicht mehr um Armut, sondern
um „Sozialschmarotzer” gehe. Denn eigentlich
wollten sie cinfordern, dass dne Sozialhilferichtsätze den Lebenserhalt angepasst
werden, dann bräuchte e kein Somlgunttsc Etwas gelassener nahm es da Viz
Eugen Sprenger (verantwortlich für die Grünan-
Sozialgemüse:
Stadt stellt
Gegentafeln auf
©
Hier entsteht ein städtischer Gemüsegarten
rı
r
STADTINNSBRUCK
Sar Ynnn A an
Da die Stadt Innsbruck erkannt hat, dass der bis dato 0
SC in gewährte Sozialhilferichtsatz
Lebensmittel
ıziert. 0a biologisch angebaute
tuogehgette: Teil der Soztalhilfe zur Verfl)gunä° W
Damit die Kosten für die
M en Gfi"”flfl“fl£fgär‘mnmgduhnwummkünm
rger und Innsbruck
mzuboleigen("egaiuaigosßloßenund.lflen) Olmbtanllashn8&e
lagen), der infolge ernsthaft dariiber nachdachte,
ein paar hundert Quadratmeter im Stadtpark für
Sozialgemüse zur Verfügung zu stellen, Der
Schilderstreit aber ging mit unterschiedlichen
Kommentaren und Positionen so weit, dass die
Sozialgärtnerinnen ihrerseits mit einem Hinweis
feagieren mussten;: „Das Aufstellen weiterer
Schilder ist in diesem Zwergenschilderwald verboten.“ Kurz darauf ordnete Vizebürgermeister
Sprenger an, sämtliche Schilder zu entfernen, um
dem „kindlichen Treiben“ ein Ende zu setzen.
Doch zu Ende ist die Geschichte noch nicht: Im
Frühjahr 2000 reaktivierten die Stadtgärtnerinnen die Beete. Diesmal mit einer überparteilichen
Erklärung von allen 13 Gemeinderatslisten. Auf
dem Schik] war zu Jesen, dass dem Projekt Sozialgemüse die volle Unterstützung zugesagt werde, außerdem: „Es ist uns wichtig festzuhalten,
dass die Pflege des Sozialgemüses Aufgabe des
städtischen Gartenbauamtes sein wird. Unterstützung von Seiten der Innsbrucker Bewölkerung ist herzlich willkommen. Wir distanzieren
uns jedoch von unterbezahlter Zwangsverpflichtung arbeitsloser Menschen („Bürgergeld”) zur
Pflege dieser Beete.“ Weit wichtiger als die blühenden Beete noch: Die Stadt gab bekannt, dass
sie erkannt habe, dass der Sozialhilfesatz nicht die
gewöhnlichen Bedürfnisse abdecke — daran hat
sich bis heute nichts
MAURICE MUNISCH KUMAR
Seite 10 von 14
® Oben: Das Schild, das für den initialen
Ärger sorgte. Unten: Irgendwann *
Mmusste Stopp sein.
© 20307ı ba