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Jahr: 2023

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Tiroler Tgeszeitung

„Das Ableben des Nachtlebens“, Seite 5

Das Ableben des Nachtlebens

Die Umsätze der Tiroler Clubs und Bars sind im Schnitt um 20 bis 40 Prozent eingebrochen
Geht es so weiter, wird es kritisch für das nächtliche Treiben im Land, sagen die Betreiber.

Von Melina 0. Mitternöckler

Innsbruck - Zigarettenrauch
hängt in der Luft, auf Bartischen stehen Bierflaschen
und Weingläser. Die Köpfe
des Tiroler Nachtlebens haben sich im Keller des Innsbrucker Queens Club zum
runden Tisch eingefunden.
Drei Hauptprobleme gibt es,
finden die rund 30 Unternehmerinnen und Veranstalter.
Im Vergleich zu 2019 ist der
Umsatz durchschnittlich um
20 bis 40 Prozent eingebrochen, weiß Frederik Lordick
von der Interessenvertretung
Innsbruck Club Commission. Gemeinsam mit Konrad
Wolfgang betreibt er den vor
allem für Hip-Hop bekannten Club Dachsbau in der Altstadt. Die Veranstalter hätten
— neben den steigenden Kosten - mit einem gravierenden
Besucherrückgang zu kämpfen. Ihre Zielgruppe spüre
die Inflation, weshalb sie das
Ausgehen streiche. Hinzu
kommen die Corona-Überbrückungskredite, die abbezahlt werden müssen. „Es
könnten einige pleitegehen“,
warnt Lordick. Vor allem betreffe das neuere Betriebe.
Seit Jahren fordert er außerdem, dass Clubkultur als Kultur anerkannt werde: „Erst
dann haben wir wirklich eine
Chance“, sagt er und spielt
damit auf Subventionen an.
Das zweite Problem sei die
seit März abgezäunte Mauer
an der Innpromenade. Diese
„muss belebt sein, sodass sich
die Studenten von dort danach in die Lokale in der ganzen Stadt verteilen“, sind sich
die Betreiber der Zappa Music Bar sicher. Laut dem Land
soll die Sanierung samt Anbringen eines Geländers vier

Bis spätabends diskutierten die Akteure des Tiroler Nachtlebens am Mittwoch in Innsbruck.

bis fünf Monate in Anspruch
nehmen und im Herbst abgeschlossen sein. Allerdings hat
sie bis dato noch nicht einmal
begonnen.

Zum Ort des (Nicht-)Geschehens. Der 16-jährige David und sein Freund Florian
(18) sitzen vor der Abzäunung
auf einer Bank und kommentieren die Situation mit einem
Fäkalausdruck. „Wir würden

U

uns freuen, wenn wieder offen wäre“, sagt Florian. Früher seien sie oft mit bis zu 15
Leuten an die Innpromenade
gekommen, heute seien es
maximal sechs Freunde.
Zurück in den Kellerclub.
Das dritte Problem der Betreiber ist Lordick zufolge
eine fehlende Strategie zum
Nachtleben. Und noch mehr:
Gehe es so weiter wie bisher,

Seite 9 von 26

AF

Foro: Mitternöckler

gebe es irgendwann gar keine Clubs mehr, weil manche
zusperren und keine nachkommen. Zum einen würden Räumlichkeiten eher
anderweitig vermietet werden, zum anderen würden
keine neuen Genehmigungen für Öffnungszeiten bis in
die Morgenstunden vergeben
werden. Wer eine Erlaubnis
bis zwei Uhr morgens be-

kommt, hat „schon Glück gehabt“, erklärt Viktoria Ager,
Betreiberin der Partymaus
Wörgl. Von diversen Behörden sei ihr durch die Blume
gesagt worden, dass sie ganz
sicher nie wieder eine Genehmigung bis sechs Uhr
morgens kriegen wird. Für
die Club- und Barbetreiber
ist das fatal, für ihr Zielpublikum ebenso. „Die Stadt sollte
einmal zehn Jahre in die Zukunft schauen. Junge Leute
in ganz Europa werden denken, dass Innsbruck die Stadt
ist, in der alles verboten ist“,
klagt einer der Betreiber der
Zappa Music Bar. Die Stadt
Innsbruck sagt, seitens des
Bürgermeisters sei der Wille
zu späten Sperrstunden da.
Aber man müsse alle Interessen abwägen und Anrainer
miteinbeziehen.

Dass es (noch) keine
10-Jahres-Strategie für das
Nachtleben gibt, bestätigt
Heike Kiesling vom Stadtmarketing. Allerdings sei man mit
Veranstaltern und der Stadt
in regem Austausch. Zuständig sei das Stadtmarketing
vor allem für Feten im öffentlichen Raum, die bis 22 Uhr
gehen. Flächen hierfür seien
etwa der Rapoldipark und der
Messevorplatz. An solchen
Freiflächen besteht laut Veranstaltern ein riesiger Bedarf.

Das Bogenfest, „Alles Gute Festival“ oder „Gans Anders Festival“ gelten in der
Szene als Erfolge. Allerdings
sollen auch kleine, weniger
professionelle Veranstalter
auf Freiflächen unkompliziert vor den Vorhang geholt
werden. Im Herbst wollen
die Betreiber die Konferenz
nacht:leben abhalten und
zu einer Langen Nacht der
Clubs laden.