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Jahr: 2023

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Tiroler Tageszeitung

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„Wettbewerbshüter nehmen Stromversorger ins Visier“, Seite 3

28.6.2023

Wettbewerbshüter nehmen
Stromversorger ins Visier

Bericht zeigt: Wettbewerb am heimischen Energiemarkt implodierte, große Stromversorger

haben enorme Marktmacht. Stromkostenzuschuss könnte Preisschub angefacht haben.

Von Max Strozzi

Wien — Die im Jänner als Folge der Preiskapriolen eingesetzte Taskforce von Bundeswettbewerbsbehörde (BWB)
und E-Control hat einen Zwischenbericht zu den Energiemärkten präsentiert. Die
Kontrollore haben sich die
Energiepreise in den vergangenen Monaten angesehen
und mit fiktiven Beschaffungskosten der Anbieter
verglichen, weil man keinen
Einblick in die realen Kostenstrukturen hat. Die wesentlichen Erkenntnisse:
Marktmacht. Westösterreich hat am Strommarkt
die allergrößte Marktkonzentration. Die Tiwag kommt im
Tiroler Netzgebiet auf einen
Marktanteil von 91,4 %, den
Rest teilen sich 63 Lieferanten. Der so gennante HHI-
Wert (Herfindahl-Hirschman
Index), ein Richtwert für Wettbewerb und Marktkonzentration, liegt laut BWB-Chefin
Natalie Harsdorf-Borsch in Tirol bei über 8000. Das zeigt eine enorme Marktmacht. Zum
Vergleich: Die USA sehen Fusionen bereits ab HHI-Werten
von über 1800 als kritisch. Ein
Wert ab 10.000 bedeutet eine
Monopolstellung. Spitzenreiter Vorarlberg hat einen HHI
von 9741. „Hier herrscht eine
große Marktmacht”, sagt E-
Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch.
Wettbewerb. Viele große
Landesenergieversorger
bzw. Stadtwerke legten bereits
vor der Krise keine österreichweiten Angebote mehr und
zogen sich auf ihre regionalen
Märkte zurück. „Der Wettbewerb auf den Energiemärkten

kam 2022 quasi zum Erliegen”, betont E-Control-Chef
Wolfgang Urbantschitsch.
Teihweise seien „Mondpreise”
angeboten worden.
Preisweltergabe. Für Bestandskunden blieben die
Strompreise oft unter den Beschaffungskosten. Die Preise
für Neukunden dagegen seien vielfach überproportional
angehoben worden. Für Urbantschitsch stelle sich die
Frage, ob die günstigen Preise der Bestandskunden über

die Neukundenpreise quersubventioniert wurden. Ein
möglicher Missbrauch einer
marktbeherrschenden Stellung sei „Gegenstand weiterer Untersuchungen”. Bei der
Tiwag und den IKB beispielsweise verteuerte sich letzten
Herbst der Neukundenpreis
um rund 400 Prozent. Der Bericht hält aber auch fest, dass
bei Tiwag und IKB die Preise
für Bestandskunden günstig waren. Den teuersten Bestandskundenpreis hatte mit

Stand April 2023 die Wien
Energie mit 65,3 Cent/kWh.
Stromkostenzuschuss.
Im September 2022 trat
die von der Bundesregierung
beschlossene Stromkostenbremse in Kraft. Bis zu einem
Verbrauch von 2900 kWh/Jahr
wird seither alles zwischen
10 und 40 Cent pro kWh den
Energieunternehmen vom
Steuerzahler bezahlt. „Auffällig war, dass einige Unternehmen in zeitlicher Nähe zur Bekanntgabe der Beihilfen ihre
Preise erhöhten”, sagt Harsdorf-Borsch. Genannt wurden
explizit Tiwag und IKB. Beide
hatten pünktlich zum Start
des Stromkostenzuschusses
ihre Neukundenpreise auf
fast 40 Cent erhöht, die TT-

Bundes aufgesetzt war. „Die
Ausgestaltung des Stromkostenzuschusses hatte Auswirkungen auf die Preisgestaltung der Lieferanten.”

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-

Preisklauseln. Auch über

ihre Preisklauseln könnten sich Energieversorger ein
Körberlgeld gegönnt haben.
Viele Lieferanten — wie auch
Tiwag oder IKB - hatten bisher
als Folge diverser Urteile ihre
Preise an die Enmdlun?" des
Großhandels-Preisindex ÖSPI
gekoppelt. Mit der Indexbindung wurden nicht nur die
Beschaffungskosten abgebildet, sondern auch die
überdurschnittlich erhöht.
„Die waren vier- bis sechsmal höher als üblich”, sagt
der E-Control-Chef. Problematisch sei aber die
Rechtsunsicherheit
in diesem Bereich.
Die Energieunternehmen stellen
ja als Folge eines
weiteren Urteils
vom Jänner
gerade ihre
Preisklauseln

um.
Fehlende Transparenz. „Wir
befinden uns
in einem Gesamtzustand
der Intransparenz”, sagt Urbantschitsch.
Es gebe viele
Beschwerden
bezüglich Preisanpassungen und
Vorschreibungen.
„Energieunternehmen müssen ihre
Kommunikation ver-

Weitere Schritte.

Die Taskforce fordert nun von den großen
Lieferanten „umfangreiche Auskunft”, etwa zur
Beschaffungsstrategie
oder dem Bestandteil
eigener Kosten am
Strompreis.

Für die SPÖ zeigt der Bericht,
dass der Markt nicht funktionlert. Sie ortet zudem ein