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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_12_18_Presse_OCR
- S.6
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Tiroler Tageszeitung
„‚Als wäre ihnen bewusst: Es ist nicht so, wie es sein sollte‘“, Seite
12+13
„Als wäre ihnen bewusst: Es ist nicht so, wie es sein sollte“
Wie nachhaltig sind Innsbrucks Christkindlmärkte? Dieser Frage gingen Studierende der
Uni Innsbruck nach. Ihr Fazit: Es gibt viel Positives, aber auch jede Menge Nachholbedarf.
Von Michaela S. Paulmichl
Innsbruck —- „For people who care“ steht auf
dem Schild des Standls
am Christkindlmarkt in
der Altstadt. Auf die kleine Gruppe, die sich dort
versammelt hat, um mit
der Verkäuferin zu sprechen, treffen diese Worte
wohl zu: Leute, die sich
kümmern, denen nicht
alles egal ist. Es sind Studentinnen und Studenten, künftige Lehrkräfte
für Geographie und Wirtschaftskunde, die an diesem Tag der Frage nachgehen, wie nachhaltig die
Christkindlmärkte am
Marktplatz, in der Altstadt
und der Maria-Theresien-
Straße sind.
Verkäuferin Sigrid Matterberger fühlt sich mit
ihrer Ware angesprochen,
denn die kommt nicht
von weit her, sondern
wird direkt in der Stadt
produziert, „auch wenn
uns das viele zuerst nicht
glauben wollen“. Speziell Reisende aus den USA
finden 100 Prozent vegan
und „made in Innsbruck“
cool, meint sie. Da heißt
es dann: „We wanna have
it.“ Auch einen Stand weiter —- bei der Wiltener Kerzenmanufaktur - können
die jungen Leute Positives
notieren. „Ich produziere
alles selbst“, sagt Stephan
Aulitzky, der 43 Bienenvölker in Innsbruck und Umgebung betreut.
Lars Keller, Professor
an der Uni Innsbruck mit
dem Schwerpunkt Bildung
für nachhaltige Entwicklung, will mit Projekten
wie diesem und gezielt bei
Exkursionen Studierenden
zeigen, wie Lernen „anders“ funktionieren kann.
Um das zu lernen, wurden sie selbst initiativ und
schwärmten in kleinen
Gruppen aus, um Standlbetreibende und Verkaufspersonal unter anderem
nach Herkunft der Produkte, Energiesparmaßnahmen und Mülltrennung zu
befragen. Keller: „Auf diese
Art beginnen sie, kritisch
hinzuschauen, Fragen zu
stellen, aber auch das Positive zu sehen — darauf
schauen wir viel zu wenig.“
Positives haben die Studierenden jedenfalls eini-
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le who care
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ges gefunden: etwa dass es
keinen Konsumzwang gibt,
„die Tische sind für jeden
nutzbar, es könnte also jeder auch seinen eigenen
Glühwein in einer Thermoskanne mitnehmen“,
fanden Julia und Jakob heraus. Als sie sich nach der
Herkunft mancher Produkte erkundigten, etwa
woher angebotene Waren
aus Holz stammen oder
das Holz selbst, merkten
sie aber schnell, dass sie ein
made in&
sensibles Thema angeschnitten hatten. Mit dieser Frage hatten nicht alle ihre Freude: „Als wäre
ihnen bewusst: Etwas ist
nicht so, wie es sein sollte.“
Zirbenholz komme zwar
aus der Region, anderes
aber oft von weit her. Viele
Produkte sind Massenware, für Touristinnen und
Touristen zugekauft, auch
wenn es für Außenstehende oft den Eindruck macht,
dass alles handgemacht
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„For pople who care“: Künftige Lehrkräfte für Geographie und Wirtschaftskunde gingen der Frage
nach, wie nachhaltig die Christkindlmärkte sind.
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Fotos: Springer
sei, so ihre Resümee. „Das
Handwerkliche, wie man
es von anderen Märkten
kennt, fehlt.“
Eindeutiger Pluspunkt
ist das Plastikverbot: „Wir
wurden aber darauf hingewiesen, dass Holzbesteck
und Papierteller doppelt
so viel kosten“, erzählen
Elisabeth, Ramona und Lisa, sie haben nachgefragt,
wie es in der Gastronomie
um Nachhaltigkeit und
Klimafreundlichkeit bestellt ist. Ihr Fazit: Es wird
viel Fleisch angeboten.
Zwar gibt es vegetarische
und vegane Alternativen,
aber nicht überall. Positiv
bewertet wurde die Offenheit einiger: „Manche
haben sogar die Packungen gezeigt, von welchem
heimischen Metzger die
Würste kommen.“ Allerdings stammt einiges auch
aus dem Großhandel. „Positiv überrascht waren wir,
dass der Großteil an Gemüse aus Tirol kommt.“
Negativ empfanden sie
das Angebot an tropischen
Früchten, als Pluspunkt
dafür die Bemühungen eines Standlbetreibers, der
Verschwendung entgegenzuwirken.
Als unbefriedigend ver-
merkt wurde das Thema
Abfälle. „Die Tonnen sind
nur für Restmüll, da hauen
alle alles rein.“ Das Urteil
von Valentin und Heinrich: „Es wird auf Hygiene
geachtet, aber Trennung
gibt es nur auf freiwilliger
Basis.“ Und weil die Abfälle, die in Säcken alle auf
einem zugewiesenen Platz
landen, nicht zuordenbar
sind, fühlt sich auch niemand verantwortlich.
Gespart wird bei der
Energie, fanden Pius und
Christopher heraus: Zu-
mindest am Marktplatz
gibt es untertags keine un-