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Jahr: 2022

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Tiroler Tageszeitung

„Zuerst gefördert, dann auf den Markt: Bund als Spekulant“, Seite 4

Zuerst gefördert, dann auf
den Markt: Bund als Spekulant

Immo-Gesellschaft des Bundes lehnt nach Rückzahlung der Wohnbauförderung städtische Vergabe von Wohnungen ab und will Marktmieten verlangen.

Von Peter Nindler

Innsbruck - Nach dem 2014
unter Ex-Bürgermeisterin
Christine Oppitz-Plörer (Für
Innsbruck) — jetzt Landtagskandidatin der Tiroler ÖVP
— und Ex-Planungsstadtrat
Gerhard Fritz (Grüne) gefeierten Wohnbau-Deal am
Zeughausareal in Innsbruck
kommt jetzt der Katzenjammer. Zugleich gibt es immer
mehr offene Fragen. Schließlich geht es um den Anteil
„Wohnen neu“ mit einer über
mehrere Gesellschaftskonstruktionen ausgegliederten
Wohnbaugesellschaft des
Bundes, der Kapuzinergasse
Projektentwicklungs GmbH.

Der Bauträger ist Tochter
der ARE Real Estate, die wiederum der Bundesimmobiliengesellschaft BIG gehört.
Und die BIG steht zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes.
Im Zusammenhang mit einem
umfassenden Immobiliengeschäft wurde dem Bauträger
zugestanden, 58 frei finanzierte Wohnungen zu errichten,
die laut eigenen Angaben „bereits ausverkauft“ sind, und 24
geförderte — also mit Mitteln
aus der Wohnbauförderung.
Sie werden derzeit gebaut.
Der Stadt Innsbruck wurde
dafür das Besiedelungsrecht
eingeräumt. Jetzt stellt sich
jedoch heraus, dass nach Auslaufen der Wohnbauförderung spätestens in 20 Jahren
— die Förderung könnte aber
auch früher zurückgezahlt
werden - die 24 mit Sozialkapital errichteten Wohnungen
zu marktüblichen Mietpreisen
wieder auf den freien Immo-

Nach Rückzahlung der Wohnbauförderung will die Immobiliengesellschaft bestmögliche Mieten mit den ehemals geförderten Wohnungen erzielen. rı sa

bilienmarkt kommen. Das hat
die ARE bzw. ihre Tochter der
Stadt deutlich mitgeteilt.

Laut den der TT vorliegenden Informationen ist die
ARE der Ansicht, dass nach
Auslaufen der Wohnbauförderung das Zuweisungsrecht
der Stadt erlischt. Eine weitere Besiedelung würde, so
heißt es, die ARE in der freien
Verfügung über ihr Eigentum
einschränken. Unabhängig
von der Eigentümerschaft der
öffentlichen Hand weist die
ARE darauf hin, dass sie kein
gemeinnütziger Bauträger sei
und die Verpflichtung habe,
wirtschaftlich das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, und
deshalb marktübliche Mieten

verlangen müsse. Aus ihrer
Sicht endet die Mietzinsbeschränkung mit Auslaufen der
Wohnbauförderung. Punkt.
Die Konsequenz daraus: 24
mit öffentlichen Mitteln des
Landes gebaute Wohnungen werden dem geförderten
Wohnbau entzogen. Sieht so
leistbares Wohnen in Tirol
und vor allem in Innsbruck
aus? Und was soll an dem
seinerzeit so hochgejubelten
Deal gut sein? Diese Fragen
beschäftigen derzeit nicht
nur die Innsbrucker Stadtpolitik, sondern auch das Land
Tirol. Außerdem hätte der
Bebauungsplan nach den politischen Vorgaben ohnehin
anders ausgestaltet werden

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müssen. Üblicherweise hätte die Stadt der ARE den Bau
von mindestens 50 Prozent
geförderten Mietwohnungen
vorschreiben sollen, nicht nur
von 20 Prozent.

Ein unbefristetes Zuweisungsrecht lehnt die ARE kategorisch ab. Warum dieses
nicht gleich in den Vertrag aus
dem Jahr 2014 aufgenommen
wurde, sorgt hinter den Kulissen aktuell ebenfalls für Diskussionen. Der grüne Innsbrucker Bürgermeister Georg
Willi hofft in den Verhandlungen mit der ARE doch noch auf
eine zufriedenstellende Lösung. „Denn hier geht es um
Spekulation, die wir verhindern müssen.“ Willi hat kein
Verständnis für die Vorgangsweise einer Bundes-Gesellschaft. Dadurch werde nämlich leistbares Wohnen durch
die öffentliche Hand selbst ad
absurdum geführt. Der Bürgermeister erwartet sich deshalb ein Einlenken der ARE.

Für die Innsbrucker SPO
müssen die Wohnungen leistbar und das Vergaberecht
durch die Stadt Innsbruck
unbefristet gesichert werden.
„Sollten die Verhandlungen
zu keinem Ergebnis führen,
müssen in Anbetracht der
Vertragslage auch rechtliche

Schritte gegen die ARE geprüft
und gegebenenfalls eingeleitet
werden“, kündigt Stadträtin
Elisabeth Mayr an.

Auffallend still verhält sich
die ÖVP, obwohl Tirols VP-
Chef Toni Mattle zuletzt erklärt hat: „Spekulation mit
gemeinnützigen Wohnungen,
wo öffentliche Mittel drinstecken, gehört abgestellt.“