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Jahr: 2022

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Tiroler Tageszeitung

„Moderne Architektur: Große Sorge um das Stadtbild“, Seite 21

(Leserbrief)

Moderne Architektur: Große
Sorge um das Stadtbild

Thema: Wohnbau.

ch spazierte kürzlich bei

den neuen Wohngebäuden des Campagne-Areals in
Innsbruck die Andechsstraße
entlang. Dominierende, fast
bedrohlich wirkende Fassaden und Anblicke für mich,
fast zum Fürchten. Was war da
geschehen? Harmonie, Schönheit, guter Geschmack, Einfallsreichtum und das Setzen
von architektonischen Qualitätsmarkierungen, wohin seid
ihr entschwunden?

An einem Gebäude eine
riesige Konstruktion über die
ganze Hausfassade aus verzinkten Stahlprofilen mit gitterartigen Elementen, die nun
das Nachbarhaus zu sehen
bekommt. Ist das vielleicht
das neue, absolut ausbruchssichere Gefängnis für Pradler
Kriminelle? Nein, doch ein
Wohnhaus! Daneben, an einer
wehrhaften, mehrstöckigen
Wand, Balkone, so schmal,
dass sich keine zwei Menschen aneinander vorbeibewegen können. Im Gebäude
daneben eine Lochfassade,
wie man sie aus den frühen
Siebzigern kennt. Der Gesamteindruck auf den ersten Blick:
ungläubiges Staunen.

Am nächsten Tag, Einfahrt wieder mal nach Reutte.
Gleich beim Kreisverkehr die
neuen Wohnhäuser. Ich fragte
mich, wann die Fassaden end-

lich fertig gestellt werden, um
danach zu erfahren: Sie sind es
doch schon. Hier überkommt
mich zusätzlich zum Staunen
auch noch die Angst. Ich stelle
mir vor, dass sich womöglich
bei solchen Neubauten die äußere Trostlosigkeit auch innen
fortsetzt. Gefühlsmäßig sehne
ich schon jetzt die Tage herbei,
an denen diese Bauwerke wieder abgetragen werden.

Verarmtes Land, das wir
sind, leiden wir auch noch unter Armseligkeit bei Architekten. Wer lässt solche Projekte
Wettbewerbe gewinnen? Ich
habe schon Häuserzeichnungen von Volksschülern gesehen, die mir als einfallsreicher
in Erinnerung geblieben sind.
Kostenfragen sind es nicht, die
Bauträger und Architekten dazu nötigen, So zu planen. Bauen muss als Baukunst gesehen, verstanden und realisiert
werden. Entscheidungsgremien für Bau tragen eine hohe
Verantwortung. Gebäude sind
für uns Einwohner identitätsbildend. Und mit solchen Anblicken kann ich mich auch
unter größter Selbstverleugnung nicht identifizieren.

Zum Glück gibt’s lobende
Beispiele in Innsbruck, z. B. die
Gebäude Ende Amthorstraße/
Türingstraße/Am Rain. Sehr
tröstlich! Es geht doch, man
muss nur wollen!

Walter Plasil, 6020 Innsbruck

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