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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_05_22_Presse_OCR
- S.4
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Tiroler Tageszeitung
„Freiheitskämpfer als Bittsteller“, Seite 18
1) Andreas Hofer in der Hofburg zu Innsbruck. Gemälde von Ludwig Schmied-Reutte nach Franz von Defregger. 2) Ansicht der Innsbrucker Hofburg gegen Südwesten, vom
17. August bis zum 21. Oktober residierte Hofer hier, Radierung von Johann Georg Schädler. 3) Einer der Briefe mit Hofers Amtssiegel. Fotos: Tiroler | F S
Freiheitskämpfer als Bittsteller
31 Schreiben von Oberkommandant Andreas Hofer
wurden 2019 im Innsbrucker Stadtarchiv entdeckt.
Der sensationelle Fund ist als Buch erhältlich.
Von Alexandra Plank
Innsbruck —- Die Entdeckung der Originale, die
zwischen 23. August und
21. Oktober 1809 verfasst
wurden, zeigt ein authentisches, unmittelbares Bild von Hofers Verhältnis zur Innsbrucker
Stadtpolitik. Bislang gab
es als indirekte Quellen
nur Aufzeichnungen von
Zeitgenossen.
Einen besonderen
Einblick ermöglicht der
Briefwechsel in das konfliktreiche Verhältnis zwischen dem Bauernregiment, das in der Hofburg
residierte, und dem Innsbrucker Stadtmagistrat.
Nun wurden diese Briefe
erstmals in einem Buch
veröffentlicht und interpretiert. Das Bauernregiment herrschte vom Spätsommer bis zum Herbst
1809. Den ersten Einzug
Hofers in Innsbruck beschreibt der Geistliche
Josef Eberhöfer aus Martell wie folgt: „(...) Andre
Hofer zog mit einigen der
Seinigen in die Hofburg
ein, u. ich sah ihn Abends
auf den Knüen mit den
Seinigen den heiligen Rosenkranz beten, vielleicht
das erstemahl in diesen
Palaste seit langen her.“
Im Schreiben ist die damalige Schreibweise abzulesen.
Andere Zeitzeugen berichten von Übergriffen
in Innsbruck sowie Misshandlungen und Plünderungen. Schon damals
seien jüdische Familien
zur Zielscheibe geworden, schreibt Appellationsgerichtsrat Andreas
Alois Dipauli von Treuheim. Autor Matthias
Egger vom Innsbrucker
Stadtarchiv hält fest, dass
nicht klar sei, durch wen
die Übergriffe erfolgt
seien. Zwar wären auch
Schützen dabei gewesen, andererseits wurde
Oberkommandant Hofer
vom Chronisten Gottfried Pusch dafür gelobt,
dass er während seiner
Herrschaft in Innsbruck
‚ Es waren sehr
instabile Zeiten,
binnen kurzer Zeit
gab es sechs Mal
einen Herrscherwechsel.“
Matthias Egger (Historiker
Stadtarchiv und Autor)
für Ordnung gesorgt habe. Die Meraner Schützen
agierten als Stadtwachen.
„Es waren sehr instabile
Zeiten, binnen kurzer Zeit
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gab es sechs Mal einen
Herrscherwechsel, Hofer
ist in ein Machtvakuum
vorgestoßen, als weder
Bayern noch Österreicher
präsent waren“, so Egger.
Der Sandwirt verfasste viele Schreiben an den
Stadtmagistrat, wobei er
sich in die Rolle des Bittstellers gezwungen sah.
Der Oberkommandant
musste um Geld, Waffen
oder Mitstreiter feilschen
— oft ohne Erfolg. Bares
benötigte er etwa für den
Sold der Schützen, die
sich nicht unentgeltlich
an der Landesverteidigung beteiligten. Auch
die Lieferung von Branntwein für die Truppen im
Unterinntal forderte Hofer ein. Mitunter platzte
ihm auch der Kragen. So
schrieb er am 20. Oktober
1809 als letzte Mahnung:
Wenn binnen einer Stunde nicht 10.000 Gulden
hinterlegt würden, werde
er die Stadt verlassen und
ihrem Schicksal übergeben. Der Brief endet mit
den Worten: „Machen Sie
also Mittel oder ich gehe“
— diese Drohung, wohl
aus Verzweiflung formuliert, wurde titelgebend
für das informative Buch.
Egger bringt die Besonderheit der 31 neu
entdeckten Schreiben so
auf den Punkt: „Sie zeigen auf, dass die Situation sehr komplex war.
Reaktionäre Schützen
und aufgeklärte Bürger
standen sich nicht unversöhnlich gegenüber.“ Die
Briefe zeigen, dass Hofers
Muskelspiele, etwa das
Drohen mit militärischer
Exekution, wirkungslos
waren. Der Stadtmagistrat konnte bei der Versorgung nur bedingt helfen:
„Allen stand das Wasser
Matthias Egger/Andreas
Oberhofer: Machen Sie
also Mittel oder ich gehe,
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“ Seiten,
2 2 _ Tyrolia
E Verlag,
ä 29,95 €.