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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_10_20_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Gespalten, geeint, gesprengt“, Seite2
Von Marco Witting
er Plan für die ÖVP klang vielver-
D sprechend. Um das Bürgermei-
steramt in der Landeshauptstadt
zurückzuholen, nehme man ein geeintes
bürgerliches Lager, einen Kandidaten, der
von der katastrophalen derzeitigen Periode
unbeschadet ins Rennen steigt, und streiche
hervor, dass der amtierende Bürgermeister
zu viele Fehler gemacht hat und es einen
Wechsel braucht. Keine vier Wochen nach
der Einigung mit Für Innsbruck ist die Stadt-
ÖVP wieder gespalten. Der einmal vielversprechende Plan ist nicht aufgegangen und
wirkt im Rückspiegel einigermaßen naiv.
Hannes Anzengruber hat die heile bürgerliche Welt mit den Diskussionen der
Leitartikel
vergangenen Wochen und seiner Entscheidung, mit einer eigenen Liste anzutreten,
gesprengt. Der ÖVP ist es schlicht nicht
gelungen, den in der Bevölkerung durchaus
angesehenen Vize-Bürgermeister so einzubinden, dass ein gemeinsamer Kurs möglich
ist. Das beschädigt auch den designierten
Kandidaten für das Bürgermeisteramt, Florian Tursky.
Anzengruber setzt alles auf eine Karte
und geht ein hohes politisches Risiko ein.
Offenbar beflügelt von viel Zuspruch aus
dem Umfeld will er sogar Bürgermeister
werden. Das wirkt im Moment verwegen —
das Rennen um den Bürgermeistersessel ist
aber in jedem Fall offener denn je. So war
für Amtsinhaber Georg Willi (Grüne) gestern
ein guter Tag. Wenn sich von der Mitte nach
rechts bis zu vier ambitionierte Kandidaten
(Tursky, Anzengruber, FP-Vize Markus Lassenberger und GR Depaoli) gegenseitig die
Simmen wegnehmen, dann kann das für den
angeschlagenen Stadtchef durchaus für die
Stichwahl reichen.
Sowohl Anzengruber als auch Tursky und
die ÖVP haben zudem ein Glaubwürdigkeitsproblem. Beide Seiten betonen, dass es
um die Inhalte und nicht um die Posten oder
die Macht geht. Doch keiner präsentierte
bisher auch nur irgendeinen programmatischen Ansatz. Anzengruber, der gestern
trotzig motiviert wirkte, wollte oder konnte
über inhaltliche Unterschiede zu seiner
Heimatpartei nichts sagen. Selbst hatte er
keine Ansätze parat, warum er der bessere
Bürgermeister wäre.
Gespalten, geeint, gesprengt
Die groß verkündete Einigung im bürgerlichen Lager hielt keine vier Wochen. Doch statt um Inhalte geht es rein
um Posten und Macht. Das Rennen um den Bürgermeistersessel ist damit offener denn je.
Wie auch? Es geht um Macht und Posten.
Der einst vielversprechende Plan der ÖVP
wird eine Überarbeitung brauchen. Statt
mit einem unbeschädigten Kandidaten in
die Wahl zu gehen, muss man jetzt erklären,
warum Anzengruber nicht mehr Parteimitglied sein soll und ob tatsächlich FI-Chefin
Christine Oppitz-Plörer hinter den
Kulissen die Strippen zieht,
die ja früher auch einmal
mit einer eigenen Liste
angetreten ist.
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auf der Seite 21
marco.witting@tt.com
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