Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_10_31_Presse_OCR
- S.7
Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
Tiroler Tageszeitung
„Demonstrationen für mehr Freiraum geplant“, Seite 16
Demonstrationen für
mehr Freiraum geplant
Clubs schließen, der öffentliche Raum wird verbaut - „Innsbruck wird
immer uninteressanter“, sagt Kulturarbeiter David Prieth bei „Tirol Live“.
Innsbruck — Die Diskussion ist
nicht neu. Sie flammt seit Jahren immer wieder auf. Immer
dann, wenn in Innsbruck ein
Veranstaltungszentrum oder
Club zusperren muss — und die
durch politische Ankündigungen genährte Hoffnung auf eine baldige Alternative binnen
kurzer Zeit schwindet: „Utopia”, „Weekender”, „Hafen“* —
die Liste ist lang. Jetzt kommt
auch der „Dachsbau” dazu.
Am Samstag wird der Cub am
Innrain letztmals von
heimischen Djs bespielt.
Dass sich Menschen, die feiern
wollen, inzwischen
ins Gelände flüchten, dass sie Tonnen
an Material in die
Sillschlucht schleppen, um dort ohne
Konsumzwang Party zu machen, überrascht David Prieth
nicht. Prieth ist Kulturarbeiter. Er ist Geschäftsführer der
p-m.k., sitzt im Vorstand der
IG Kultur und der Tiroler Kulturinitiativen. Er veranstaltet
Konzerte und Festivals. Und
er ist — issermaßen inoffiziell — einer der Sprecher von
Innsbrucks freier Kunst- und
Kulturszene. „Dass Menschen,
die etwas erleben wollen, in die
Sillschlucht gehen müssen, ist
nichts anderes als Notwehr”,
sagt er bei „Tirol Live”. Auch
junge Leute hätten ein Recht
darauf, in der Stadt so leben zu
können, wie sie es brauchen.
Das allerdings werde seit Jahren „systematisch verhindert”.
Nun etwa steht im Raum, den
Zugang zur Sillschlucht durch
Zäune zu erschweren. Und an
der Franz-Gschnitzer-Promenade am Inn, die Junge und
Junggebliebene seit Jahren als
„Sonnendeck” nutzen, wird
das Sitzen künftig durch ein
Gitter verunmöglicht.
Prieth fühlt sich an die
1990er-Jahre erinnert. Damals
wurde der Sockel der Annasäule in Ketten gelegt — um ihn für
„herumlungernde Jugendliche” unattraktiver zu machen.
„Das sind Sachen, die man in
einer Stadt, die auf Fremdenverkehr gedrillt ist, natürlich
nicht brauchen kann. Das stört
das Stadtbild”, sagt er.
„In Innsbruck”, unterstreicht
David Prieth, „werden Probleme nicht gelöst, sondern nur
Symptome bekämpft.” Selbst
wenn man mit konstruktiven Vorschlägen aufwartet, werde
man mit fadenscheinigen Argumenten
abgespeist - „und
wenn es ‚die einzigartige Topografie in
Tirol‘ ist — was ich für
absoluten Schwachsinn halte”. So schiebe man das Problem
immer weiter vor sich
her, „Niemand darf
vacx Aır
Dass Menschen,
die etwas erleben
wollen, in die Sillschlucht
gehen müssen, ist nichts
anderes als Notwehr.“
David Prieth
(Musturarberter)
sich wundern, wenn die Leute beginnen, eigene Lösungen zu schaffen.” Die SPO hat
sich zuletzt für mehr Raum für
Jugendliche ausgesprochen.
Große Hoffnungen setzt David
Prieth in die Stadtpolitik allerdings nicht: „Die war in den
Seite 7 von 17
vergangenen Jahren damit beschäftigt, ihre eigenen Scharmützel auszufechten. Das wird
sich bis zur Wahl nicht mehr
Äändern.” Und auch sein Vertrauen in die immer wieder
angedachten und bisweilen
sogar umgesetzten runden Tische ist erschöpft. Er sei offen
für jede Form von Dialog, aber:
„Wir sind seit Jahren mit Politik
und Verwaltung im Gespräch.
Es gab Arbeitsgruppen und
Thinktanks. Man wird vertröstet. Es geht nichts weiter — und
Innsbruck wird immer uninteressanter.”
Für die kommenden Wochen seien Demonstrationen
und Kundgebungen für mehr
Freiraum für junge Menschen
geplant, kündigt David Prieth
an. Hier, stellt er klar, gehe es
nicht ums Partymachen: „Es
geht darum, dass manchen
Mitmenschen der Platz zum
Leben fehlt — das ist ein breites
gesellschaftliches Thema.“ (T7)