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Jahr: 2023

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Kurier

„‚Das Wichtigste ist, dass niemand erfriert‘“, Seite 16

„Das Wichtigste ist, dass niemand erfriert“

Obdachlos. Die Eiseskälte trifft auf der Straße lebende Menschen mit voller Härte. Die Caritas ruft zum
Hinsehen auf. In Österreichs Städten ist der Andrang in Notquartieren groß. Nicht immer ist genug Platz

VONC. WILLIM, J. KREID
UND J. KLEINRATH

In den heimischen Wohnzimmern hat die Heizsaison spä
testens mit dem markanten
und ungewöhnlich frühen
Wintereinbruch richtig Fahrt
aufgenommen. Für Menschen, die kein Dach über
dem Kopf haben, hat sich die
Situation durch die klirrende
Kälte (siehe Artikel rechts)
nunmehr hingegen dramatisch zugespitzt.

„Heftig ist, dass wir bereits erste obdachlose Menschen mit Erfrierungen versorgen mussten“, beschreibt
Klaus Schwertner, Caritasdirektor in Wien. Die Streetworker-Teams seien derzeit
sieben Tage pro Woche auf
den Straßen unterwegs, um
Obdachlose in warme Notquartiere zu vermitteln, oder
sie mit winterfesten Schlafsäcken, Isomatten und
Decken auszustatten.

Insgesamt 1.000 Betten
stehen in den Notquartieren
der Stadt zur Verfügung.
Durch den Kähreeinbruch
stieg der Andrang seit dem
Wochenende deutlich an,
95 Prozent der Plätze sind belegt. „Es gibet aber noch freie
Plätze“, betont Schwertner.

Um jene zu finden, die
Hilfe am dringendsten benötigen, bitter Schwertner um
Hinweise beim Kältetelefon.
„Lieber einmal zu oft anrufen, als einmal zu wenig.
ll b san ll! b
Jauter aktuell unsere Devise.“

Wohnraum oft zu teuer

Im Westen Österreichs wiederum kommt verschärfend hinzu, dass es aufgrund der hohen Mieren auf dem freien
Markt besonders schwer ist,
leistbaren Wohnraum zu finden. Erst im Sommer haben
Tiroler Sozialvereine „eine
fehlende Wohnraumversorgung der öffentlichen Hand“
angeprangert. Wie prekär die

Lage ist, zeigt $l€h in der Notschlafstelle der

Angebots in Innsbruck. Hier
jederholt sich, was sich be-

Tiroler Soziale Dienste (TSD)
in Inasbruck, die seit 2019
ganzjährig geöffner ist.

Selbst im Sommer übernachten in der auf maximal
99 Personen ausgelegten
Unterkunft an die 70 Menschen. Im Winter spitzt sich
die Lage zu. „Wir sind ziemlich am Anschlag“, sagt Andrea Cater-Sax von den TSD.
Sie registriert, dass „die Zahl
an Anrufen am Kältetelefon
raufgehr. Das Wmhng;te ist,
dass niemand erfriert.

Von Anfang November bis
Ende April gibt es mit einer
Notschlafstelle des Roten
Kreuzes mit 20 Berten übrigens eine Erweiterung des

reits im vergangenen Winter
gezeigt hat: „Wir kommen immer wieder in die Situation,
dass wir Menschen wegschicken müssen. Nicht immer gelingt es, einen Alternativplatz
zu finden“, sagt Stefan Biebel
vom Roten Kreuz Innsbruck.

„Ist lebensgefährlich“
In Linz spricht Christian Gaiseder vom Verein B37, der die
Notschlafstellen in Linz betreut, zwar von einer „Vorzeige-Siruation“, was die Versorgung in der Stadt betrifft, die
Zahlen sind aber durchaus
hoch. 350 Personen werden
aktuell täglich beherbergt, es
gibt aber (noch) Reserven.

D»e regelmäßige Zählung in
Linz ergibt seirt Jahren, dass
rund 50 Menschen tatsächlich auf den Sıraßen leben.
Gaiseder: „Für sie ist es
aktuell lebensgefährlich, deshalb suchen wir sie auch auf
und versorgen sie mit Isomatten und wintertauglichen Schlafsäcken.“ Zusätzlich sei oft eine Ärztin dabei,
das helfe, medizinische Notfälle rasch zu erkennen, und
schaffe Vertrauen. Dass es
aber auch Klienten gibt, die
sich nicht helfen lassen wollen, muss er mit Bedauern
zur Kenntnis nehmen: „Das
ist dann eine Sache für Rettung und Polizei.“
In Salzburg wiederum
stehen zwei Notschlafstellen

zur Verfügung — 90 Plätze plus
20 ausschließlich für Frauen,
sagt Thorsten Bichler von der
zburg. Wobei
Bichler lieber nicht mehr Notschlafstellen fordern will, sondern auf leistbares Wohnen
pochrt, damit Obdachlosigkeit
nicht entstehe. Dass die Kälte
die Situation jetzt verschärft,
steilter auch fest — in Salzburg
ist zuletzt 2019 eine Person
am Kapuzinerberg erfroren.
Abhilfe schafft auch die
Iniriative „Biwak“, die von
der Diözese Salzburg unterstützt wird: jume
werden in der kalten Jahreszeit geöffnet. In der Nacht
auf Montag suchten 30 Menschen plus fünf Kinder dort
Zufluchrt vor der Kälte.

Nach
Frostnacht
bleibt es
winterlich

Wetter. In Österreich
bleibt es auch in den
nächsten Tagen winterlich. So frostige Temperaturen wie in der
Nacht von Sonntag auf
Montag sind aber nicht
zu erwarten: In Linz etwa war es mir minus
10,8 Grad so kalt wie
zuletzt 2012 im Dezember, am kältesten wares
mit minus 25,4 Grad in
Liebenau (ebenfalls
0Ö). Heute, Dienstag,
ist nach leichten Minusgraden in der Früh am
Nachmittag mit um die

Noch mehr Schnee
In tiefen Lagen schneite
es zuletzt so viel wie
schon lange nicht mehr
zu dieser Zeit. Auf der
Hohen Warte in Wien
lagen am Sonntag 21
Zentimeter ;
mehr gab es dort im Dezember zuletzt 2010.
Zu Schneefällen kommt
es auch weiterhin.

Während es heute
vor allem im Westen
Österreichs schneit, ist
morgen im ganzen
Land damit zu rechnen.
Zudem kommt es vereinzelt zu leichtem Regen, es besteht also erhöhte Glatteisgefahr.
Nach leichten Schneefällen am Donnerstag
bleibt es am Freitag vielerorts trocken

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