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Jahr: 2024

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Kronenzeitung

„Alles nur ein Polit-Albtraum“, Seite 21

Alles nur ein Polit-Albtraum

Die Plakatflut in Innsbruck im Zuge der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am 14. April

verschandelt die Landeshauptstadt, verwirrt immer mehr Wähler. Auch ich träumte davon.

ist Wochenende.
Ich bin zu Hause in
meinen vier Wänden. Fühle mich wohl. Nach
einigen erfolgreichen Erlcdigungen liege ich gemütlich
auf der Couch. Alles ist bereit für den Fußballnachmittag mit dem privaten Sportsender. Ja, den leiste ich mir,
muss ich, denn beim ORF,
den ich mir gerne nicht
zwangsleisten würde, aber es
auch muss, läuft gefühlt in
der Dauerschleife Formel 1
oder irgendeine Skisportart.
Es ist kurz vor 15.30 Uhr,
fünf Spiele der deutschen
Bundesliga werden in wenigen Augenblicken angepfiffen. Doch statt dem Pfeifton
höre ich die Türklinge! läuten. „Nicht jetzt“, denke ich
und öffpe. Pla Tomedi von
der KPO steht vor mir. Sie
sei auf Wahltour, wolle sich
auch um meine Stimme
kümmern. Und verspricht
mir, dass Wohnen günstiger
wird, Mieten nur mehr die
Hälfte kosten werden, wenn
ich sie bei der Gemeinderatswahl in Innsbruck wähle.
Klingt verlockend, denke
ich. Blöd nur, dass ich seit
20 Jahren bei meiner Bank
den Kredit für meine Eigentumswohnung abstottere.
„Ach so”, meint sie, dann seci
sie hier falsch und dreht ab.
Eigentum und KPO ist wie
Teufel und Weihwasser. . .
Zurück am Sofa, die Anfangsminuten versäumt, bereits eine erste strittige Entscheidung nach einem Tumult im Strafraum „meiner”
Mannschaft. Spannung pur.
Da läutet es erneut. Widerwillig öffne ich. Johannes
Annnflubu grüßt freundlich, klopft mir auf die
Schulter und meint: „Wie
geht"s immer?“ Ich will ihm
sagen, dass ich eigentlich gerade Fußball schaue und keine Zeit habe. Das interessiert ihn aber nicht. Er will

Ein Sinnbild für den Wahlirrsinn in Innsbruck ist diese Plakatflut am Claudiaplatz in Innsbruck

CLAUS MEINERT

Tiroler Politik
Inoffiziell

mir scin Wahlprogramm erklären, betont, dass Wohnen
wiceder leistbarer werden
muss in Innsbruck. Wenn
ich ihn ankreuze, bekäme
ich einen Gratisbesuch auf
der Arzler Alm dazu. Ich
versuche ihm zu erklären,
dass ich weder auf eine Alm
will, noch ... Aber er dreht
ab, bevor ich fertig geredet
habe. Als ich die Tür schlie-
Bßen will, höre ich eine Stimme. „Hallo, Moment. Ich
bin es. Der Florian.“ Es ist
Florian Tursky. Er garantiere
den Neuanfang Innsbrucks —
inklusive billiger Wohnen,
lächelt er. Ich hingegen erwidere, dass das Internet hier
in der Gegend ausbaufähig
ist. Aber das interessiert den
Ex-Digitalstaatssckretär augenscheinlich kaum mehr.
„Mein Essen wird kalt*“, ver-

suche ich ihn abzuwürgen.
Wiec die strittige Situation
im Strafraum ausgegangen
ist, kann ich mir insofern erklären, als dass es 1:0 für die
Gastmannschaft nach ceinem
Elfmeter steht. Das Spiel
plätschert dahin, abermals
läutet es. Es ist Georg Willi.
„Herr Bürgermeister, was
führt Siec zu mir?“, versuche
ich freundlich zu sein. Er
wolle mir erklären, warum
die Immobilien- und Mictpreise in den vergangenen
Jahren in Innsbruck so gestiegen seien und die Schuld
daran alle anderen Parteien
zusammen hätten. Er werde
das ändern, vorausgesetzt, cr
bleibe Bürgermeister. Ich nicke zustimmend — will wenigstens die letzten Minuten
vor der Halbzeitpause noch
sehen ... Aber er lässt sich
einfach nicht abwimmeln.
Im Hintergrund höre ich,
wic die Analysen der wichtigsten Spielmomente der
ersten Halbzeit beginnen. Irendwann geht Willi, ich jeoch bleibe angelehnt an der
Tür. Es kommt sicher gleich
jemand ums Eck, denke ich.
Tatsächlich. Es ist El
Mayr von der SPÖ. Warum
ich so bedrückt schauen
würde, fragt sic und betont,

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ich solle mutiger in die Zukunft blicken. Ich will aber
eigentlich nur in den Fernseher und Fußball schen, denke ich. Auch sic verspricht
mir, dass mit ihr das Wohnen billiger wird und dazu
jedes Kind die beste Ausbildung erhalten soll. „Wer bezahlt das alles?*, frage ich.
Diesbezüglich solle ich nicht
ängstlich sein, mehr Mut
aufbringen. Wohl auch vermehrt Steuern, denke ich.
Mir reicht es. Ich bedanke
mich, sage auf Wiederschen
und verriegle die Haustür.
Wenigstens die zweite Halbzeit möchte ich in Ruhe genießen. Es klingelte noch einige Male, unter anderem

stand Mu|r)8u l.nunburer
von der FPO vor verriegelter
Tür. Ich bräuchte die Tür
künftig nicht mehr zu verriegeln. Er werde für Sicherheit
und billigeres Wohnen sorgen, höre ich ihn sagen, Aber
ıch öffnete nicht mehr . . .
Dann ein lauter Knall im
Freien. Ich schrecke auf, bemerke, dass ich geschlafen
hatte. Ich blicke auf die Uhr,
sche, dass es noch eine halbe
Stunde bis zum Anpfiff ist.
Ich lächle, Alles nur ein politischer Traum, der nichts
mit der Realität zu tun hatte.

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