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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_04_17_Presse_OCR
- S.28
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Der Standard
„Polarisierte Stadt“ (Nachtrag15. April), Seite 17
17.4.2024
WAHLEN IN INNSBRUCK
Polarisierte Stadt
Michael Völker
nnsbruck bleibt eine sehr bewegte Stadt, auch bürgerlich,
selbst wenn jene Vertreter, die vorgeblich für das Bürgerli-
che stehen, am Sonntag bei der Gemeinderatswahl nicht
reüssieren konnten. Einmal mehr wurde demonstriert, dass
die ÖVP in den Städten wenig zu melden hat.,
Freilich ist Innsbruck ein Sonderfall, in mehrerlei Hinsicht,
Das konservative Lager hat sich aufgespalten, die Versöhnungsversuche liefen ins Leere. So setzte es eine herbe Niederlage für den offiziellen ÖVP-Kandidaten Florian Tursky, der
als Retter vom Staatssekretariat in Wien nach Innsbruck
wechselte — und unterging. Damit hat sich eine Nachwuchshoffnung der ÖVP von der Bühne verabschiedet.
Die KPÖ, die in anderen Landeshauptstädten schon eine tragende Rolle spielt, konnte dieser Vorgabe in Tirol nicht gerecht
werden: Mit dem Kommunismus können die Innsbrucker
nichts anfangen, auch wenn er schick aufgemascherlt daherkommt., Wo Innsbruck hingegen im Trend liegt: mit dem guten Abschneiden der Freiheitlichen., Ihr Kandidat Markus Lassenberger blieb allerdings unter den Erwartungen und als Bürgermeisterkandidat hinter den Parteiergebnissen. Die überraschende Paarung in der Stichwahl: Der Grüne Georg Willi, bisher Bürgermeister, muss gegen Johannes Anzengruber von der
Liste Ja antreten. Anzengruber wurde aus der ÖVP, wo er sich
nicht unterbuttern lassen wollte, ausgeschlossen. Ein durchaus interessantes Ergebnis, das die Einzigartigkeit von Innsbruck auf der politischen Landkarte unterstreicht.
ı3 Listen für den Gemeinderat und ebenso viele Bürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten standen zur Wahl, das ist
für eine Stadt mit gut 100.000 Wahlberechtigten recht viel. In
der ablaufenden Regierungsperiode waren elf Listen und drei
freie Mandatare im Gemeinderat vertreten, das machte nicht
nur das Regieren schwierig, sondern trug auch dazu bei, dass
sich nahezu jeder mit jedem verkrachte und die Stimmung zunehmend ungut wurde, links wie rechts, Was sich auch auf die
Bürgerinnen und Bürger von Innsbruck übertrug: Deren Politikverdrossenheit wurde immer stärker greifbar. Der aggressiv
ausgetragene Wahlkampf trug dazu bei, die Stimmung zu verschlechtern und das Vertrauen in die Politik auszuhöhlen.
Wer auch immer nach der Wahl in einer Regierungskoalition zueinanderfindet, wird sich schwertun, in dieser polarisierten Stadt Frieden zu stiften und die Arbeit wieder in den
Vordergrund zu stellen. Das wird noch ein langer Weg.
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