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Jahr: 2024

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Sertenwind

Westwind

29. Jahrgang, Nr. 2

„Erinnerungen an Schwimmen und Sauna“, Seite 2

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Juni 2024

Erinnerungen an
Schwimmen und Sauna

Als Kind, so erinnere ich
mich, war für mich ein
Schwimmbadbesuch wie
ein Zirkuserlebnis. Als Jugendlicher ging ich dann
das ganze Jahr über mindestens einmal in der Woche schwimmen; im
Sommer ins Frei-, im Winter ins Hallenbad. Und
1970 war"s, nach meiner
Matura, da schleppte mich
mein Bruder erstmals in
die Sauna, in die Salurner
Straße, wo mir schon im
Umkleideraum xzu heiß
wurde. Alle bekamen einen
Schlüssel für das Kästchen
zum Aufbewahren der Klei-

der ausgehändigt. Unten
gab es dann zwei
Saunakabinen, eine für

100, die andere für 120
Grad Celsius Raumtemperatur gedacht. Bereits dafür bekannte Männer
führten die Aufgüsse
durch. Geriet man an einen
der KEishockeyspieler des
damaligen IEV, konnte
man sich infolge der Wassermenge, die über die
heißen Steine gegossen
wurde, seelisch schon auf
die Behandlung der Brandwunden vorbereiten. Die
große Dusche, ein beliebtes
Objekt nach dem Aufguss,
hieß "Eiserne Jungfrau"
und spendete Wassermengen in einem Ausmaß, dass
man sich am Amazonas
wähnte. Und danach ab
ins Freie in die Frischluft,
und auch im Winter ins
prickelnde, beinahe zufrierende Eiswasserbecken. Die
Ruheräume gaben einem
hinterher das sommerliche
Gefühl eines angenehmen
Urlaubs am AMeer. Das

Kaltwasserbecken im Innenraum wiederum zog die
harten Männer an, die mit
einem Schwung dort hinein
hechteten, als sprängen sie
im Tivoli-Schwimmbad
vom Zehnmeter-Turm. Es
waren halt richtige Männer, die man eben mag.

Und die Frauen? Das weiß
ich nicht, was die taten,
denn sie hatten ihre eigene
Sauna, nach Tagen getrennt. Wir lebten schließlich im katholischen Tirol.
Gemischte Sauna gab es -
und das auch erst irgendwann später - nur an einem halben Tag in der
Woche. Und im Zentrum
der mit Kacheln und Mosaikwänden ausgeschmückten, 1926/27 nach den Plänen von Fritz Konzert erbauten Saunaanlage, dümpelte das Warmwasserbecken vor sich hin.

"Dort ist es ja immer noch”",
höre ich jetzt die Leserinnen und Leser des
WESTWIND, so sie sich im
Dampfbad Salurner Straße
auskennen. Aber dazu
komme ich noch. Damals
lag die Wassertemperatur
dieses Beckens jedenfalls
bei über 40 Grad Celsius.
Einen heißen Wasserschwall konnte man noch
dazu einschalten, der
einem den schmerzenden
Rücken massierte. Jeder
Orthopäde warnte damals
davor, weil so etwas das
Leiden auf lange Sicht verschlimmerte. Aber die Medizin war noch nicht bis in
diese Räumlichkeiten vorgedrungen. Erst nach dem
Umbau 1987 wurde die
Temperatur des Warmwasserbeckens auf 37 Grad reduziert, was einige Dauerbesucher zum Protest animierte. Mit Kappe und
Schal saßen sie im Becken,
um auf die Kühle des Was-

sers hinzuweisen. Dabei
war man nur einem ärztlichen Rat gefolgt, weil einige ältere Männer, die einen
halben Tag im warmen
Wasser verbracht hatten,
ihren eigenen Herzinfarkt
zu verschlafen drohten.

Und an noch etwas erinnere ich mich: Das Katholische in Tirol habe ich schon
erwähnt, und so war Homosexualität damals noch
eine Sünde. Die "Schwulen", alles nette Männer,
wurden allerdings von etlichen anderen belächelt.
Von mir nicht, und so
machte sich hin und wieder
einer an mich heran. Auf
Grund meiner MNeigung
fruchtete diese Annäherung
jedoch nicht. Irgendwie
fand aber jeder einen Partner, und ab in die Dampfkammer! Diese war stets so
voll von heißem Nebel, dass
man keine wie immer geartete "Sünde" je wahrnehmen konnte.

Jetzt ist alles anders. Beim
Umziehen friert man schon.
In den Liegestühlen des
einfachen Ruheraums
droht der Schnupfen, durch
die Lüftungsorgien vor den
Aufgüssen in den eher klein
gehaltenen Kammern, von
denen die größere bei zu
geringer Auslastung gesperrt bleibt, sinkt die
Raumtemperatur bei Aufgussbeginn bisweilen unter
70 Grad. Die Duschen sind
Rinnsale, im "Warmwasserbecken" ist Frieren angesagt, und die Temperaturen
der beiden Seiten in der
Kneipp-Anlage haben sich
beinahe auf einen lauwarmen Durchschnitt geeinigt.
Ungemütlich ist es geworden. Dafür hat die Sauna
einen Umweltpreis ergattert, der jedoch zu keinem
Wohlbefinden beiträgt. Das
Zeitlimit in der teuren An-

lage beschränkt das gemütliche Beisammensein im
Inneren derselben, sodass
sich dieses in die schreckliche Akustik des Buffets
zurückzieht, wohin eine
fleißige Saunawirtin ihre
anderswo zubereiteten
Köstlichkeiten trägt, weil
die armseligen Küchen-
Utensilien des Buffets keine
außerordentlichen Kochkünste zulassen. Und ein
Drittel des Jahres ist ohnehin geschlossen.

Und was hat das alles mit
unseren Stadtteilen Hötting-West und Kranebitten
zu tun? Zumindest so viel,
als dass es hier noch nicht
einmal die Idee zu einem
Schwimmbad oder einer öffentlichen Saunaanlage
gibt.

Immer mehr Schwimmbäder in der Umgebung reduzieren ihre OÖffnungszeiten
oder sperren zu, weil die
Gemeinden das Geld dafür
nicht mehr aufbringen können. In einer der ersten
WESTWIND-Ausgaben
war ein Baggersee zwischen
Hötting-West und Kranebitten angedacht. Aber das
war damals ein Gag. Da jedoch die geplanten Wohnhäuser ohnehin noch nicht
gebaut wurden, wäre eine
Anlage in unserer direkten
Umgebung immer noch
möglich. Ins Völser Badl
zum Schwimmen, nach
Hötting-West in die Sauna!
Oder sogar jeweils beides?
Die vielen Kinder würden
sich über ein Schwimmbad
freuen.

Natürlich muss da öffentliches Geld als Wohlfühl-Investition flüssig gemacht
werden. Und das klingt
nach Politik.

Otto Licha

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