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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_07_18_Presse_OCR
- S.3
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Tiroler Tageszeitung
TirolerseTageszeitung
„Poller kommen, Kritik bleibt‘“, Seite 17
18.7.2024
Poller kommen, Kritik bleibt
Innsbrucker Stadtsenat hat Vergabe für Anti-Terror-Poller beschlossen. Bürgermeister
sieht bei Sicherheit „keinen Spielraum“. Doch Teil der Altstadtbetriebe lehnt Poller ab.
Von Michael Domanig
Innsbruck - Jahrelang wurden
sie gefordert und — kontrovers
— diskutiert, nun steht die Umsetzung von Sicherheitspollern
an den Hauptzugängen der
Herzog-Friedrich-Straße (Altstadt) und Maria-Theresien-
Straße in Innsbruck bevor.
Gestern hat der Stadtsenat den
Rahmenvertrag mit dem Bestbieter beschlossen.
„Es geht um Schutz und Sicherheit für Bevölkerung und
Gäste, es geht um Menschenleben“, betont BM Johannes
Anzengruber („JA — Jetzt Innsbruck“). Da könne es „keinen
Spielraum“ geben.
‚ Wir tun das Ganze
ja nicht einfach,
weil wir lustig sind,
sondern weil es hier um
Menschenleben geht.“
Johannes Anzengruber
(Bürgermeister)
Etliche Altstadtbetriebe lehnen die Poller allerdings weiter ab. Zur Aufregung trug nun
auch noch die schriftliche Beantwortung einer Anfrage der
Liste Tursky durch Anzengruber bei, wonach von ansässigen Wirtschaftstreibenden
„kein Widerstand bekannt“
sei. Daraufhin erging - erneut
— ein gemeinsames E-Mail
von bekannten Altstadtbetrieben an die Stadtführung: „Einige wenige Vertreter in der
Altstadt“ seien für die Poller,
erklären die Absender, eine
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Zum Schutz von Gästen und Einheimischen werden am Eingang zur Herzog-Friedrich-$(raße Sicherheitspoller
installiert - eine Maßnahme, die gerade in der Wirtschaft aber sehr umstritten ist.
Mehrheit allerdings dagegen.
Für Anna Konrad vom Souvenirladen „Zum Tatzlwurm“
sind „ganz viele Fragen offen“,
etwa rund um die Zufahrt von
Taxis, Pflegediensten oder Lieferanten. Schließlich sollen
die Poller nur von 6 bis 10.30
Uhr versenkt sein. „Wenn ein
Paketdienst zu spät kommt,
müsste er dann bei der Polizei
betteln“, meint Konrad.
Hinzu komme die Außenwirkung für Touristen - und
die Frage der Sinnhaftigkeit:
„Die Verbrechensstatistik im
Bezug auf Angriffe mit Autos
und Lkw gibt nicht her, dass
man Poller aufstellt“, meint
Konrad. Sie sieht einen Nutzen
„höchstens für die Märkte“,
für die so das Sicherheitskonzept günstiger werde.
Andreas Winkler von der
Stadtapotheke ist ebenfalls
klar gegen die Poller: Die
„stattliche Summe“ von ca. 1
Mio. Euro könnte man besser
einsetzen, ist er überzeugt.
Und: „Die meisten Attentate
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‚ Wenn man hier
Poller installiert,
müsste man das auch
beim Bahnhof, bei der
Uni oder beim Dez tun.“
Anna Konrad
(Unternehmerin, Altstadt)
finden mit Messern statt, diese kann man auch mit Pollern
nicht verhindern.“
BM Anzengruber kontert
und verweist auf „klare Aussagen“ des Innenministeriums
sowie der Sicherheits- und
Verwaltungspolizeilichen Abteilung, wonach Anti-Terror-
Poller an den beiden Hauptachsen als „äußerst sinnvoll
und begrüßenswert“ erachtet werden. Der Gemeinderat
Foto: Böhm/TT
habe das Ganze in der Vorperiode auch schon beschlossen.
Konkret werden die Poller in der Maria-Theresien-
Straße auf Höhe Kaufhaus
Tyrol (Süden) bzw. des neuen
Cannabis-Shops (Norden) errichtet, in der Herzog-Friedrich-Straße auf Höhe des Modegeschäfts Einwaller bzw.
der Ottoburg — dies im Zuge
der Pflasterarbeiten.
Flexibilität versus Sicherheit
Für Ein- und Ausfahrten von
Straßen- und Einsatzfahrzeugen brauche es versenkbare
Poller, betont Anzengruber.
Diese sollen aber mit Stadtmobiliar und „ziehbaren Pollern“ kombiniert werden. Was
Zufahrten, etwa für Taxis, angeht, versuche man, „maximale Flexibilität“ zu gewährleisten, ohne aber die Sicherheit
zu gefährden. Den kritischen
Altstadtbetrieben bietet Anzengruber ein Treffen an.
Der Zentrumsverein wiederum distanziert sich von der
Gruppe der Altstadt-Unternehmer, wie Obmann Michael Perger betont. Der Vorstand
des Vereins sei mehrheitlich
für die Poller: „Das Thema Sicherheit geht vor —- und Bürgermeister Anzengruber hat
uns höchste Flexbilität in der
Anwendung, also bei den Zufahrten, zugesichert.“
Opposition: Lob und Kritik
Anzengrubers Koalitionspartner, Grüne und SPÖ, in der
Vorperiode noch sehr kritisch,
tragen die Poller-Lösung nun
mit. Erfreut ist naturgemäß
die FPÖ, von der die Initiative ausging: „Endlich wird
unser Antrag umgesetzt“, so
StR Markus Lassenberger,
mit den Pollern trage man
der „aktuellen terroristischen
Lage Rechnung“.
StR Markus Stoll (Tursky)
enthielt sich im Stadtsenat:
Er habe eingefordert, „dass
zumindest versucht werden
sollte, mit den Betroffenen ein
Einvernehmen herzustellen“.